Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band
Ich MUSSTE es einfach tun. Er weiß das.
Babbage: Sie MUSSTEN einfach — ich weiß. Auf jeden Fall ist es ein bitterer Kommentar zur Ungeduld und Arroganz des modernen Menschen, der sich einzubilden scheint, daß die Implikationen dieses wahrhaft königlichen Themas auf der Stelle ausgearbeitet werden könnten. Während meiner Meinung nach es ein ganzes Hundertjahr — wenn nicht noch länger — dauern könnte, bis diesem Thema Gerechtigkeit angetan worden sein wird! Aber ich schwöre: Wenn ich dieses Jahrhundert verlassen habe, werde ich mein Bestes tun, es vollständig zu realisieren; und ich werde Ihrer Krebsschaft die Früchte meiner Bemühungen als erstem anbieten. Ich möchte die -- eher unbescheidene — Bemerkung beifügen, daß der Weg, auf dem ich zu ihnen gelangen werde, wahrscheinlich der verworrenste und verwickelste sein wird, der jemals den menschlichen Geist beschäftigen wird.
Krebs: Ich sehe der Ausgestaltung Ihres geplanten Opfers mit dem größten Vergnügen entgegen, Herr Babbage.
Turing: Ich möchte hinzufügen, daß Herrn Krebs' Thema eines MEINER Lieblingsthemen ist. Ich habe oft daran gearbeitet. Und dieses Thema wird im Schlußdialog immer wieder durchgespielt?
Achilles: Genau. Es gibt noch andere Themen, die ebenfalls ins Spiel kommen.
Turing: Nun verstehen wir etwas von der Form Ihres Buchs. Aber wie steht's mit dem Inhalt? Was ist gemeint, wenn Sie das kurz zusammenfassen könnten?
Autor: Combiniere Escher, Gödel — Aber Besonders Bach — Als Buch.
Achilles: Ich wüßte gerne, wie man diese drei kombinieren kann. Das ist doch ein unwahrscheinliches Dreigestirn! Mein Lieblingskünstler, Herrn S.'s Lieblingskomponist und —
Krebs: ... mein Lieblingslogiker.
Schildkröte: Ein harmonischer Dreiklang, würde ich sagen.
Babbage: Ein großer Dreiklang, würde ich sagen.
Turing: Ein kleiner Dreiklang, würde ich sagen.
Autor: Es wird wohl alles auf den Standpunkt ankommen. Aber gleich ob groß oder klein — ich erzähle Ihnen gern, wie ich die drei miteinander verflechte, Achilles. So etwas kann man natürlich nicht in einer Sitzung bewältigen — es könnte ein paar Dutzend Sitzungen in Anspruch nehmen. Ich werde damit beginnen, daß ich Ihnen die Geschichte des Musikalischen Opfers unter besonderer Berücksichtigung des Endlos Reduplizierten Kanons erzähle und -
Achilles: O wie wundervoll. Ich hörte fasziniert zu, als Sie und Herr Krebs über das Musikalische Opfer und seine Geschichte sprachen. Was Sie beide darüber sagten, legte mir den Schluß nahe, Bach habe im Musikalischen Opfer Hunderte oder Fünfhunderte struktureller Tricks angewandt.
Autor: Das trifft's exakt, richtig! Nach der Beschreibung des Endlos Reduplizierten Kanons werde ich formale Systeme und Rekursion besprechen und dabei auch ein paar Bemerkungen über Figur und Hintergrund machen. Dann kämen wir zur Selbstbezüglichkeit und Selbstreplikation und schließlich zur Diskussion hierarchischer Systeme und des Krebsthemas.
Achilles: Das klingt äußerst vielversprechend. Können wir noch heute abend anfangen?
Autor: Warum nicht?
Babbage: Aber bevor wir anfangen, wäre es da nicht gut, wenn wir sechs — alle zufällig begeisterte Amateure — uns zusammensetzten, um den ursprünglichen Zweck dieses Abends zu verfolgen — nämlich Musik zu machen?
Turing: Wir sind jetzt gerade genügend Leute, um das Ricercar zu sechs Stimmen aus dem Musikalischen Opfer zu spielen. Was sagen Sie dazu?
Krebs: Ich komme sehr gut mit einem solchen Programm aus.
Autor: Gut gesprochen, Herr K. Und sobald wir fertig sind, beginne ich mein Band zu flechten, Achilles. Ich glaube, das wird Ihnen Spaß machen.
Achilles: Wundervoll. Das klingt ja, als gäbe es dabei viele verschiedene Ebenen, aber allmählich gewöhne ich mich an Derartiges, da ich doch Herrn S. schon so lange kenne. Ich habe nur eine Bitte: Könnten wir auch den Endlos Reduplizierten Canon spielen. Es ist mein Lieblingskanon.
Schildkröte: Rückbezügliche Ideen Creieren Endlos Reduplizierte Canons — Also:
RICERCAR.
Anmerkungen
Einleitung
1
H. T. David und A. Mendel, The Bach Reader, S. 305-306.
2
Ibid., S. 179.
3
Ibid., S. 260.
4
Charles Babbage, Passages from the Life of a Philosopher, S. 145-146.
5
Lady A. A. Lovelace, Notizen über die Memoiren „Sketch of the Analytical Engine Invented by Charles Babbage“, von L. F. Menabrea (Geneva, 1842), abgedruckt in P. und E. Morrison, Charles Babbage and His Calculating Engines, S. 248-249,
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