Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band
der Gödelnumerierung ist ja der, daß sie zeigt, wie man sogar OHNE formalisiertes ZitierenSelbstbezüglichkeit erreichen kann: durch einen Code. Wenn man dagegen Sie hört, könnte man den Eindruck bekommen, daß man etwas NEUES erhält, etwas, das vermittels des Codes nicht möglich wäre — und das ist nicht der Fall. Wie dem auch sei: ich finde, indirekte Selbstbezüglichkeit ist ein allgemeineres und ein viel anregenderes Konzept als direkte Selbstbezüglichkeit. Außerdem ist ja kein Bezug wirklich direkt — jeder Bezug hängt von IRGENDEINEM Codierschema ab. Die Frage ist lediglich die, wie implizit es ist. Somit ist keine Selbstbezüglichkeit direkt, nicht einmal in Lisp.
Achilles: Wie kommen Sie dazu, soviel über indirekte Selbstbezüglichkeit zu sprechen?
Autor: Sehr einfach — indirekte Selbstbezüglichkeit ist mein Lieblingsthema.
Krebs: Gibt es in Ihren Dialogen eine Entsprechung zur Modulation der Tonart?
Autor: Gewiß, der Gesprächsgegenstand kann sich wandeln, wenn auch auf einer höheren Abstraktionsstufe das Thema unverändert bleibt. Das geschieht wiederholt in Präludium und ... emsige Fuge sowie in anderen Dialogen. Man kann eine ganze Reihe von „Modulationen“ haben, die von einem Gegenstand zum anderen führen und zuletzt den Kreis schließen, so daß man wieder auf der „Tonika“ ankommt, d. h. beim ursprünglichen Gesprächsgegenstand.
Krebs: Ich verstehe. Ihr Buch sieht ganz amüsant aus. Ich würde es gern einmal lesen.
(Durchblättert das Manuskript und hält beim letzten Dialog inne.)
Autor: Ich dachte mir doch, daß Sie an diesem Dialog besonders interessiert sein würden, denn er enthält einige interessante Kommentare von einem äußerst drolligen Wesen — nämlich von Ihnen selbst!
Krebs: Ist das so? Was für Dinge lassen Sie mich denn sagen?
Autor: Warten Sie einen Augenblick, und Sie werden sehen. Das steht alles im Dialog.
Achilles: Wollen Sie damit sagen, daß wir JETZT alle in einem Dialog sind?
Autor: Gewiß. Haben Sie etwas anderes erwartet?
Achilles: Riesensauerei! Ich Citiere Einfach Rigoros Confektionierte Achilles-Reden ... Ekelhaft!
Autor: So ist es. Aber Sie haben doch das Gefühl, es aus freien Stücken zu tun, nicht wahr? Wem schadet das also?
Achilles: An dieser ganzen Situation ist etwas Unzufriedenstellendes ...
Krebs: Ist der letzte Dialog in Ihrem Buch ebenfalls eine Fuge?
Autor: Ja — um es genau zu sagen: ein sechsstimmiges Ricercar. Inspiriert dazu hat mich das Ricercar im Musikalischen Opfer— und auch die Geschichte des Musikalischen Opfers.
Krebs: Das ist eine sehr hübsche Geschichte, wie der „Alte Bach“ das Königliche Thema improvisiert. Wenn ich mich recht erinnere, improvisierte er an Ort und Stelle ein ganzes dreistimmiges Ricercar.
Autor: Das ist richtig — obgleich er das sechsstimmige nicht improvisierte. Er hat es später mit größter Sorgfalt ausgearbeitet.
Krebs: Ich improvisiere ziemlich oft. Manchmal denke ich wirklich daran, mein ganzes Leben der Musik zu widmen. Es gibt soviel zu lernen. Wenn ich zum Beispiel Aufnahmen von mir selbst höre, dann finde ich, daß es dort vieles gibt, dessen ich mir beim Improvisieren nicht bewußt war. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, wie mein Geist das alles macht. Vielleicht verträgt sich die Tatsache, daß man gut improvisieren kann, nicht mit dem Wissen, wie man es tut.
Autor: Wenn das stimmt, wäre es eine interessante grundsätzliche Einschränkung unserer Denkprozesse.
Krebs: Ganz gödelisch! Sagen Sie mir: Versuchen Sie mit Ihrem Ricercar zu sechs Stimmen die Form des Bach-Stücks zu kopieren?
Autor: Ja, in vielen Fällen. Bei Bach gibt es zum Beispiel einen Abschnitt, wo die Textur auf nur drei Stimmen zusammenschmilzt. Im Dialog imitiere ich das, indem ich vorübergehend nur drei Charaktere interagieren lasse.
Achilles: Hübscher Einfall.
Autor: Danke.
Krebs: Und wie repräsentieren Sie das Königliche Thema in Ihrem Dialog?
Autor: Es wird durch das Krebsthema repräsentiert, wie ich nunmehr zeigen werde. Herr Krebs, könnten Sie Ihr Thema für meine Leser singen, wie auch für uns, die versammelten Musiker?
Krebs: Componiere Elektronische Geisteskräfte — Alleweil Besser + Besser (Aber Betulich).
Abb. 151 . Das Krebs-Thema: C Eb-G-Ab B-B-A-B.
Babbage: Ja, was soll ich — ein EXQUISITES Thema! Ich bin froh, daß Sie diese letzte Note in Klammern beigefügt haben — es ist ein bitterer -
Autor: Er MUSSTE das einfach tun, wissen Sie.
Krebs:
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