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Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
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kommt es, daß Sie alle nunmehr lediglich Bilder auf dem Schirm vor mir sind? Als ich fortging, waren Sie alle Wesen aus Fleisch und Blut.
    Achilles: Es ist genauso wie bei einem Blatt meines Lieblingskünstlers M. C. Escher, Zeichnen. Von zwei Händen zeichnet jede die andere, genauso als programmierten zwei Menschen (oder Automaten) einander. Und jede Hand ist etwas wirklicher als die andere. Haben Sie etwas über jenes Blatt in Ihrem Buch Gödel, Escher, Bach geschrieben?
    Autor: Gewiß. Es ist in meinem Buch von größter Wichtigkeit, denn es illustriert den Begriff der „Seltsamen Schleife“ so schön.
    Krebs: Was ist das denn für ein Buch, das Sie geschrieben haben?
    Autor: Ich habe ein Exemplar hier bei mir — würden Sie es gerne anschauen?
    Krebs: Gerne.
    (Die beiden setzen sich zusammen; Achilles sitzt dabei.)
    Autor: Seine äußere Form ist etwas ungewöhnlich. Es besteht aus Dialogen und Kapiteln, die sich abwechseln. Jeder Dialog imitiert auf die eine oder andere Weise ein Stück von Bach. Hier zum Beispiel — schauen Sie sich vielleicht Präludium und ... emsige Fuge an.
    Krebs: Wie kann man einen Dialog als Fuge aufbauen?
    Autor: Am wichtigsten ist der Gedanke, daß ein einziges Thema vorhanden sein soll, das von jeder der verschiedenen „Stimmen“ beim Eintritt vorgetragen werden soll, ganz wie bei einer musikalischen Fuge. Dann können sie sich in einem freien Gespräch entfalten.
    Achilles: Harmonieren alle Stimmen zusammen wie in einem selektiven Kontrapunkt?
    Autor: Das ist genau der Geist meiner Dialoge.
    Krebs: Das Einfallen der Stimmen in die Fuge zu betonen ist ein plausibler Einfall, da in der Musik ja tatsächlich die Einsätze das einzige sind, was eine Fuge zurFuge macht. Es gibt bei einer Fuge Mittel wie Rückwärtsbewegung, Inversion, Augmentation, Stretto usw. Aber man kann eine Fuge ohne sie schreiben. Gebrauchen Sie derartige Dinge?
    Autor: Gewiß. Mein Krebs-Kanon verwendet sprachliche Retrogression und mein Ai-Kanon benutzt sprachliche Versionen sowohl von Inversion wie von Erweiterung.
    Krebs: In der Tat — recht interessant. Ich habe über kanonische Dialoge noch nicht nachgedacht, wohl aber über Kanons in der Musik. Nicht alle Kanons sind dem Ohr gleichermaßen verständlich. Das rührt natürlich daher, daß gewisse Kanons schlecht konstruiert sind. Auf jeden Fall macht die Wahl der Mittel einen Unterschied. Bei kunstvollen Kanons gilt: Retrogressionen Alleweil Cryptisch — Relativ Evident Conträrerweise Inversionen, Richtig?
    Achilles: Ich finde offen gestanden diesen Kommentar ein bißchen kryptisch.
    Autor: Keine Angst, Achilles, eines Tages werden Sie es verstehen.
    Krebs: Verwenden Sie Buchstaben- und Wortspiele, wie es auch Bach gelegentlich getan hat?
    Autor: Gewiß, wie Bach liebe ich Akronyme. Rekursive Akronyme — Chiastisches „RACRECIR“ Etwa — Creieren Infinite Rekursion.
    Krebs: Oh, tatsächlich? Rasante Initialen-Compositionen Enthüllen „RACRECIR“'s Camouflierte Auto-Referenz. Ja, ich denke schon ... (Blickt in das Manuskript und blättert unentschlossen darin herum.) Ich sehe, daß Sie hier ein Stretto haben und daß Herr Schildkröte einen Kommentar dazu abgibt.
    Autor: Nicht ganz. Er spricht nicht von dem Stretto im Dialog, er spricht vielmehr von einem Stretto in der Bach-Fuge, der die vier zuhören, während sie miteinander reden. Sehen Sie, die Selbstbezüglichkeit des Dialogs ist indirekt, und der Leser muß Form und Inhalt dessen, was er liest, miteinander in Verbindung bringen.
    Krebs: Warum haben Sie das auf diese Weise getan? Warum lassen Sie die Charaktere nicht direkt über die Dialoge sprechen, an denen sie teilnehmen?
    Autor: O nein! Das würde die ganze Schönheit des Aufbaus zunichte machen. Der zugrundeliegende Gedanke ist der, Gödels selbstbezügliche Konstruktion zu imitieren, die, wie wir wissen, INDIREKT ist und von der Isomorphie abhängt, die die Gödelnumerierung mit sich bringt.
    Krebs: Oh. Nun, in der Programmiersprache Lisp kann man über seine eigenen Programme direkt anstatt indirekt sprechen, weil Programme und Daten genau die gleiche Form haben. Gödel hätte nur Lisp erfinden müssen, und dann -
    Autor: Aber -
    Krebs: Ich meine, er hätte das Zitieren formalisieren sollen. Mit einer Sprache, die über sich selbst sprechen kann, wäre der Beweis seines Satzes soviel einfacher gewesen.
    Autor: Ich verstehe Sie gut, aber mit dem Geist, der aus Ihrer Bemerkung spricht, bin ich nicht einverstanden. Der ganze Witz

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