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Göring: Eine Karriere (German Edition)

Göring: Eine Karriere (German Edition)

Titel: Göring: Eine Karriere (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
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München zurückkehrte. Unermüdlich arbeitete unterdessen Göring an Hitlers Seite daran, die Revolution in Gang zu bringen, die ihn ganz nach oben hieven sollte. Bei der Verfolgung dieses Ziels offenbarte er schon früh sein rücksichtsloses Wesen. Am 23. Oktober 1923 beorderte er die SA-Führer zu einer Geheimsitzung in die Münchner Schellingstraße und gab ihnen als Devise für die »Offensive nach Berlin« mit auf den Weg: »Es muss mit schärfstem Terror vorgegangen werden; wer die geringsten Schwierigkeiten macht, ist zu erschießen. Es ist notwendig, dass die Führer sich schon jetzt die Persönlichkeiten heraussuchen, deren Beseitigung notwendig ist. Mindestens einer muss zur Abschreckung nach Erlass des Aufrufs sofort erschossen werden.«
    Unterdessen mehrten sich die Anzeichen, dass Kahr, Lossow und Seisser kalte Füße bekommen hatten. Nach Niederschlagung der linken Aufstände hatte sich die Regierung in Berlin stabilisiert. Zwar plädierte das Triumvirat nach außen hin immer noch für eine nationale Revolution, die Deutschland von Bayern aus »sanieren« sollte, doch wollte man wieder günstigere Bedingungen abwarten. »Ich will ja marschieren«, erklärte Lossow den Führern der vaterländischen Verbände, »bevor ich aber nicht diese 51 Prozent Wahrscheinlichkeit des Erfolges in meinem Notizbuch ausrechnen kann, kann ich es nicht machen.« Diese und Hitler hingegen drängten auf sofortiges Losschlagen. Am Morgen des 7. November trafen sich die Aufrührer zur entscheidenden Sitzung, an der auch Göring teilnahm. Gemeinsam beschloss man, keine Zeit mehr zu verlieren und den Putsch bereits am nächsten Tag zum Rollen zu bringen. Doch wie Kahr, Lossow und Seisser auf ihre Seite bringen? Die Verschwörer verfielen auf eine Finte. Am Abend desselben Tages schickten sie eine Einladung an Kahr: Die vaterländischen Verbände würden sich am nächsten Tag, dem 8. November, abends im Bürgerbräukeller treffen, und man hoffe auf die Ehre, dass Herr von Kahr eine Rede an sie halten werde. Geschmeichelt sagte Kahr zu und wies seinen Pressesprecher an, Freibier für die erwarteten 3000 Zuhörer zu stiften, um die Atmosphäre freundlicher zu gestalten. Von den wahren Motiven seiner Gastgeber ahnte er nichts. Ohne zu zögern tappte er in die Falle.
    Am 8. November gegen 20.34 Uhr trafen Hitler und Göring im völlig überfüllten Bürgerbräukeller ein, wo Kahr in Gegenwart von Lossow, Seisser und fast der gesamten bayerischen Regierung seine Rede bereits begonnen hatte. Während Göring zur Sicherung in der Vorhalle zurückblieb, bahnte sich Hitler in einem Keil bewaffneter SA-Männer den Weg durch die Menge bis zum Rednerpult. Als Kahr, konsterniert über diesen ungewöhnlichen Auftritt, seine Rede unterbrach, stieg Hitler auf einen Stuhl. Er begann zu sprechen, doch im aufschwellenden Lärm gingen seine Worte unter. Schließlich zog er eine Pistole aus seiner Hosentasche und feuerte einen Schuss in die Decke des Saales. In die nun eintretende Stille schrie er mit überkippender Stimme: »Die nationale Revolution ist soeben ausgebrochen. Der Saal ist von 600 Bewaffneten mit Maschinengewehren umstellt. Niemand kann hinaus!« Erstaunte und empörte Rufe wurden laut. Unbeeindruckt davon drehte sich Hitler um und erklärte, an Kahr, Lossow und Seisser gewandt: »Exzellenzen, ich muss Sie ersuchen, mit mir zu gehen. Ich garantiere für Ihre Sicherheit.« Zähneknirschend folgten ihm die drei aus dem Bürgerbräukeller hinaus.
    Während Hitler draußen auf das überrumpelte Triumvirat einredete, um es zum Mitmachen zu bewegen, breitete sich innerhalb der eingeschlossenen Menge im Keller Unruhe aus. Göring erhielt den Befehl, dort wieder Ruhe und Ordnung zu schaffen. Mit offenem schwarzem Ledermantel, sodass jeder an seinem Hals den Pour le Mérite sehen konnte, den Stahlhelm auf dem Kopf, bahnte sich Göring einen Weg vor das Podium. Wie Hitler gab auch er einen Schuss in die Decke ab, um sich Gehör zu verschaffen. Niemand habe die Absicht, Kahr etwas anzutun, rief er in die Runde, es handle sich »bloß um die elende Judenschaft in Berlin, die soll beseitigt werden«. Als daraufhin schwacher Beifall aufkam, setzte er noch einen drauf: »Es rücken Reichswehr und Landespolizei bereits mit fliegenden Fahnen aus den Kasernen an, um zu uns zu stoßen!«, schrie er mit erregter Stimme. Das war gelogen, machte aber den gewünschten Eindruck. Im Keller wurde es still. Leider, so fügte Göring abschließend hinzu, dürfe

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