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Gößling, Andreas

Titel: Gößling, Andreas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenpforte Die
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Aber auch diese beinahe kreisrunde Fläche fühlte sich rau an, wie mit Echsenhaut bedeckt.
    Er ließ sich wieder auf den Bettrand sinken, fast ohne es zu bemerken. Der Brief fiel zu Boden – Marian folgte ihm mit den Augen und las erneut, was Marthelm ihm aufgetragen hatte: »Nimm das Talmibro an Dich und hüte. es sorgsamer als Deine Augäpfel.« Er schaltete die Nachttischlampe ein und hielt seine Hand mit dem umgedrehten Etwas darunter. Da verlief ein ganz feiner Riss diagonal durch die flache Unterseite. Von rechts oben nach links unten – so haardünn, dass er selbst im Lampenschein mehr zu erahnen als zu sehen war.
    Mit der Fingerspitze tastete Marian über den winzigen Riss. War das Ding vielleicht kaputt – oder handelte es sich um einen Mechanismus, den man öffnen und schließen konnte? Laut Marthelm war das Talmibro ein »mächtiges magisches Instrument«. Aber als Marian es nun in beide Hände nahm und die Hälften entlang dem diagona len Riss auseinanderzuklappen versuchte, da spürte er ei nen deutlichen Widerstand. Als ob es kein totes Ding wäre, sondern ein lebendiges kleines Tier, das seine Muskeln anspannte, damit er es nicht aufbekam – sein Maul oder was auch immer sich hinter dem Spalt verbarg.
    Als er dies dachte, zog sich Marians Bauchdecke – vor Ekel, vor Grauen – zusammen. Er ließ das Talmibro neben sich aufs Bett fallen, nahm es gleich wieder auf und warf es in den Sessel hinüber, der zwei Schritte entfernt neben dem Fenster stand.
    Was zum Teufel war dieses Talmibro? Eine Art Urzeittier, das Marthelm wieder zum Leben erweckt hatte? Eine Kreatur von einem anderen Planeten? Ein künstliches Lebewesen, durch Geisterbeschwörung erzeugt?
    Marian ließ das Talmibro nicht aus dem Auge, aber es blieb reglos mit der flachen Unterseite auf dem Sessel liegen. Weder schnappte es auf noch machte es Anstalten davonzulaufen. Eigentlich sah es ganz harmlos aus – wie eine sehr kleine Schildkröte, die Kopf und Beine eingezogen hatte.
    Das ist völlig irre, dachte er wieder – aber gegen so eine Art von Verrücktheit kann dir kein Psychiater helfen. Weder mit Pillen noch mit Stromstößen ins Gehirn. Denn was immer es mit dem Talmibro auf sich haben mochte – es war nicht die Halluzination eines Irren, sondern auf beängstigende Weise real.
    Was hatte Marthelm geschrieben? »Lerne das Talmibro zu gebrauchen und Du wirst alles begreifen.« Also schön. Marian stand auf, näherte sich zögernd dem Sessel und nahm den kleinen runden Panzer abermals in die Hand. Drehte ihn neuerlich hin und her und nahm dann wieder seine Linke zu Hilfe. Sehr viel kräftiger als beim ersten Versuch zog er die beiden Hälften auseinander.
    Wieder spürte er, wie sich das Talmibro gegen den Zug seiner Hände anspannte, doch diesmal ließ sich Marian nicht beirren. Aus dem Innern des kleinen Panzers meinte er ein leises Knirschen zu hören. Dann plötzlich schien das Ding regelrecht zu erschlaffen: Die beiden diagonalen Hälften klappten auseinander.
    Das Herz klopfte ihm nun zum Zerspringen. Seine Hände zitterten, auf der Stirn spürte er kalten Schweiß. Vor Ekel hätte er das Talmibro beinahe gegen die Wand geworfen. Aber er beherrschte sich und hielt es nur mit ausgestrecktem Arm so weit wie möglich von sich fort.
    Es sah wie nichts aus, was er jemals erblickt oder wovon er je gehört oder gelesen hätte. Am ehesten ähnelte die aufgeklappte Flachseite dem Innern eines kleinen Buchs, das ein exzentrischer Künstler entworfen hatte. Oder der verrückten Kreuzung zwischen einem Buch und einem urzeitlichen Panzertier.
    Die halbmondförmigen »Buchseiten« im aufgeklappten Innern des Talmibros waren von einem schleimig glitzernden Grau. Heller als vorher, in geschlossenem Zustand, und mit seltsamen Zeichen bedeckt, die in waagrechten Reihen angeordnet waren. Es konnte ein Muster wie auf Schlangenhaut sein – oder auch die Zeichen einer uralten Schrift.
    Vorsichtig führte Marian das Talmibro näher an sein Gesicht heran. Zumindest roch es nicht wie ein lebendiges Tier. Argwöhnisch schnüffelte er daran und atmete lediglich einen muffigen Geruch ein, wie von uraltem Staub. Er hielt das Ding noch näher vor sich, und da kam es ihm mit einem Mal so vor, als ob er selbst sich im schleimigen Grau zwischen den seltsamen Zeilen spiegelte. Sein verschwitztes Gesicht mit den weit aufgerissenen Augen, dem vor Erstaunen ein wenig geöffneten Mund.
    Das gibt es doch gar nicht, dachte er – eben noch war die Fläche einfach

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