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Gößling, Andreas

Titel: Gößling, Andreas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenpforte Die
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wurde sie mit Macht weiter emporgerissen. Schon musste er den Na cken zurückbiegen, um überhaupt noch zu sehen, wie sie zu den Wipfeln hochgezogen wurde, wie sie stumm zu ihm herunterschaute, mit brennenden Augen und gleichzeitig mit verzweifeltem Flehen.
    »Billa!«, schrie er wieder. Bückte sich nach ihren Amuletten, hielt gleich wieder inne – dieses ganze Zeug war viel zu schwach, um Sylvenia unter Kontrolle zu bringen. Ohne Billa aus den Augen zu lassen, riss er sich die Goldkette mit dem Pentagramm vom Hals. »Fang sie auf!«, rief er und drückte Kette und Anhänger mit beiden Händen zu einer Kugel zusammen. »Häng sie dir um!« Mit aller Kraft warf er den funkelnden Ball zu ihr empor.
    Als Billa die Kette auffing, war sie schon in Höhe der Baumwipfel. Mit einer krampfhaften Bewegung zog sie sich das Ding über den Kopf. Im nächsten Augenblick stieß sie einen rostigen Schrei aus und ihr Gesicht verzog sich zu einer boshaften Fratze. Blitze schossen aus ihren Augen – und dann löste sich ein blässlich gelber Schemen von ihr ab und wirbelte zu den Wolken empor.
    »Krötenbaby, das büßt du!«, schrie Sylvenia. Ihre Stimme erstarb so schnell, als ob ein Lautstärkeregler auf Null runtergezogen würde. Billa aber schwebte zum Bo den zurück und landete sanft in Marians Armen.
    Lange Zeit lagen sie einfach so da, eng umschlungen auf dem blank geschlürften Felsboden neben den Golems. Am Ende ihrer Kräfte. Zu erschöpft sogar, um sich zu freuen, dass sie zumindest noch am Leben waren. Wenigstens das.
    »Es ist vorbei, Billa«, murmelte Marian irgendwann und kapierte selbst erst mit Verspätung, wie doppeldeutig diese Bemerkung war.
    Der Abend dämmerte schon. Nur ein paar Stunden noch, dann würden die Golems zu sich kommen und diese Erde in einen Ort der ungeheuerlichsten Schrecken verwandeln, wie es seit ältesten Zeiten prophezeit worden war.

75

    Billa schlief, ruhig und tief. Marian hätte sie ewig so an schauen können – einfach zusehen, wie sie in seinen Armen lag und schlummerte. Vom Mond beschienen, der alles um sie herum mit silbrigem Glanz überzog. Die Bäume, das Drachenmaul, selbst die Golems. Noch schliefen auch sie, aber in nicht mal mehr einer Stunde würde es vom Cropliner Kirchturm her Mitternacht schlagen.
    Sie hatten sich unter einen vorhängenden Felsen am Rand des Hexenhügels zurückgezogen. Vorher hatte Marian noch sämtliche Amulette von Billa zusammengesucht und ihr sorgfältig alles angelegt. Die Goldkette mit dem Pentagramm hatte er sich selbst wieder umgehängt – nicht, weil er geglaubt hätte, dass sie mit alledem gegen die Golems irgendwas ausrichten könnten. Aber er war sich nicht sicher, ob sie das Hexenbiest wirklich vollkommen vertrieben hatten – oder ob Sylvenia nicht vielleicht doch durch einen winzig kleinen Harpunenpfeil noch mit Billa verknüpft war.
    Immerhin hatte er vorhin keinerlei Flämmchen mehr in Billas Augen tanzen gesehen. Selbst der kupferne Schimmer war aus ihrer blonden Haarmähne wie ausgewaschen. Nur leider spielte das jetzt eigentlich keine Rolle mehr.
    In der Nacht, in der die Golems auferstehen würden. In der Nacht, mit der das Ende der Welt begann.
    Weil Billa auf seinem rechten Arm lag, schrieb er linkshändig eine SMS. hi linda, pack sofort alles zusammen und fahr weg. so weit du kannst, so schnell du kannst, lg marian
    Aber er schickte die Nachricht nicht ab. Linda würde nur glauben, dass er jetzt völlig durchgeknallt wäre. Den Wahnideen einer Weltuntergangssekte verfallen oder so etwas. Er selbst hätte ja vor ein paar Wochen noch ge nauso reagiert. Und wenn die Golems erst auferstanden waren, gab es auf der ganzen Erde sowieso keinen Ort mehr, wo Linda oder irgendwer sonst vor ihnen sicher wäre.
    Vorhin hatte sich Billa regelrecht in den Schlaf geweint. Marian hatte sie getröstet, in seinen Armen gewiegt, da bei selbst ein paar Schluchzer rausgelassen. Genauso erschöpft und verzweifelt wie sie. Aber seltsamerweise spürte er irgendwo tief in sich drin immer noch so was wie trotzige Hoffnung. Aufgeben? Kommt gar nicht in Frage. Eher würde er sich ganz allein den sechs Ungeheuern in den Weg stellen, mit seinen bloßen Händen gegen sie kämpfen.
    Zu verlieren haben wir sowieso nichts mehr, dachte Marian. Und musste auf einmal grinsen. »Wir«, sagte er leise und schaute immer weiter Billa an. »Wenn’s sein muss, stellen wir uns den Golems zusammen in den Weg.«
    Echsenhäutige Blutspeier schlichen um ihren Fels herum.

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