Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gößling, Andreas

Titel: Gößling, Andreas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenpforte Die
Vom Netzwerk:
da drüben durch die Finsternis schwebten – wie die Moordämpfe, die in Croplin ständig den Himmel verschleierten. Aber sie bewegten sich viel schneller und offenbar zielstrebig, so als ob es lebendige Wesen wären.
    Marian kniff die Augen zusammen, vor Anstrengung begann er wieder zu schielen. Und mit einem Schlag wurde ihm klar, was es mit den teils gold-, teils silberfarbenen Lichtschwaden da drüben auf sich hatte: Es mussten Geister sein – Dämonen und Planetengeister wie jene Arestios und Zenturius, die der Großmächtige Meister in der Schlossruine herbeigezwungen hatte.
    Je länger Marian hinsah, desto mehr von diesen Geistwesen entdeckte er nun. Sie flogen in die Tunnel hinein oder schossen aus Wandlöchern hervor. Er war so fasziniert, dass er alles andere vergaß – die Logenbrüder, die Gefahr, in der er schwebte, sogar den Golem-Fluch. Er erblickte Dämonen in allen Farben und Formen, die sich durch das Dunkel da drüben schlängelten – wie exo tische Tiefseefische in einem gigantischen Aquarium. Nur dass sie nicht durch Wasser und auch nicht durch Luft schwebten, wie man sie hier auf der Erde atmete. Denn es war ein Fenster in eine ganz andere Welt – die Sphäre der Dämonen und Geister.
    Marthelm hatte das alles hier also erschaffen? Anders konnte es gar nicht sein. Es war weit mehr als eine Zeitpforte, dachte Marian, unendlich viel mehr als ein Riesen-Talmibro, durch das man bloß in die Vergangenheit gelangte.
    Er nahm seine Hände herunter und trat ein kleines Stück von der Scheibe zurück. Wie hatte Hanno Bußnitz das gestern genannt? Ein »Sphärenfenster«, durch das man Dämonen herbeizwingen konnte. Wenn man aber ein solches Fenster lediglich durch das Abbrennen magischer Pulver entstehen ließ, dann verflüchtigte es sich wieder, sowie die Dämpfe erloschen waren. Marthelm jedoch hatte offenbar ein Sphärenfenster erschaffen, das dauerhaft bestand. Marian empfand tiefen Respekt vor seinem Verwandten. Er musste wohl wirklich ein großmächtiger Magier gewesen sein.
    Gedankenverloren hob er seine Hand, um die Scheibe zu betasten. »Tu das besser nicht«, rief hinter ihm eine kräftige Stimme. Er fuhr herum, zu Tode erschrocken. »Seit Tagen«, sagte Meister Godobert, »schlagen meine Brüder und ich mit Eisenhämmern auf dieses Teufelsfenster ein, aber bisher konnten wir ihm nicht einmal einen Kratzer zufügen. Wir müssen uns offenbar damit abfinden, dass wir allein diese Pforte weder durchdringen noch zerstören können. Denn wie der verewigte Meister Marthelm sagte: Zum Wanderer zwischen den Sphären muss man berufen sein.«
    »Berufen?«, wiederholte Marian. Mit einiger Anstrengung gelang es ihm, seinen Blick von dem Sphärenfenster abzuwenden. »Was meinen Sie damit?«
    Godobert kam mit schleppenden Schritten näher und sah Marian aus müden Augen an. Sein Gesicht war grau vor Erschöpfung. Von der jugendlichen Beschwingtheit, die er und seine Brüder noch bei Marthelms Beerdigung an den Tag gelegt hatten, war wenig übrig geblieben. »Berufen wie dein Onkel«, sagte er, »und wie allem Anschein nach auch du.«
    Der Logenmeister ging zu einem Winkel im Schatten und bückte sich leise ächzend. Als er zu Marian zurückkehrte, balancierte er zwei schwarze Kästen auf seinen Armen. »Es ist eine Frage des Blicks«, sagte er, »wie es in den alten magischen Schriften heißt. Der inneren Einstellung, die sich dann auch auf die äußere Augenstellung auswirkt. Ich habe es dir sofort angesehen, Marian Hegendahl, schon als ich dir Marthelms Brief übergeben habe: Du trägst diese innere Macht in dir, genauso wie er. Und ich hoffe und bete seither zum Großen Baumeister aller Welten, dass du einen überlegteren Gebrauch als dein Onkel davon machen wirst.«
    Er setzte die Kästen neben Marian auf den Boden. »Aber jetzt sei so nett«, sagte er mit matter Stimme, »und hilf uns, die Überreste dieses Dämonenfriedhofs zu beseitigen.«

29

    Was denn für ein Dämonenfriedhof? Entgeistert sah Marian zu, wie sich der Logenmeister neben einem der seltsamen Kugelobjekte hinkniete.
    »Sieh sie dir an«, sagte Godobert. Er klang nun tief erschüttert. »Schau sie dir doch an. Hast du jemals so etwas gesehen?« Er zog ein Paar ehemals weißer Handschuhe aus seiner Anzugjacke und streifte sie sich über.
    Zögernd kauerte sich Marian neben ihn. Godobert hatte recht – diese Dinger ähnelten nichts, was er in seinem Leben bisher zu sehen bekommen hatte. Die meisten hatten eine mehr oder weniger

Weitere Kostenlose Bücher