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Gößling, Andreas

Titel: Gößling, Andreas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenpforte Die
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weiteren Kisten mehr zu geben, oder die alten Männer legten eine Pause ein, um wieder zu Kräften zu kommen. Jedenfalls kam von ganz unten niemand mehr emporgeschnauft, und auch von links kehrten keine Logenbrüder mehr zurück, um sich weitere Kästen aufzuladen. Stattdessen hörte Marian jetzt von dort her, wie die Fensterluken zum Hinterhof eine nach der anderen aufgestoßen wurden.
    Kurz entschlossen sprang er die letzten Stufen hinunter und lief nach rechts auf die aufgebrochene Mauer zu. Vor der Bresche wurde ihm doch wieder ziemlich mulmig. Die Treppe dahinter führte steil und glitschig in unabsehbar dunkle Tiefe. Die Luft, die zu ihm heraufdrang, roch modrig. Marian überlegte schon, ob er nicht doch besser umkehren sollte – da hörte er einen Ruf irgendwo in seinem Rücken, wahrscheinlich vom anderen Ende des Gangs. Es klang wie »Heda!« oder »Wer da!«, und er konnte nur hoffen, dass der Ruf nicht etwa ihm gegolten hatte. Aber falls sie ihn entdeckt hatten, war sowieso schon alles egal – während er das dachte, zwängte er sich bereits durch die Mauerbresche und lief auf speckigen Stufen in den zweiten Keller hinab. Unten gab es wieder so einen Gang wie im Keller darüber. Zu sehen war allerdings fast gar nichts. Aber als Marian die Arme seitwärts ausstreckte, streiften seine Finger links und rechts über feuchten Stein.
    Auch der Boden fühlte sich glitschig an. Vorsichtig, um nicht auszurutschen, folgte Marian dem Gang. Irgendwo links in der Wand musste die Tür zum Verlies sein, in dem Meister Justus versucht hatte, die Golems zu beschwören. Mit jedem Schritt schien es etwas heller zu werden, dann plötzlich ging es scharf nach links.
    Verblüfft blieb er stehen. Der Gang weitete sich hier zu einem kleinen Platz. Ein trübes Deckenlicht erhellte die Szenerie. Rohe Wände, wie aus dem Fels gehauen, schimmernd vor Feuchtigkeit. Es sah aus wie eine Höhle – d ie Behausung von Steinzeitleuten. Auf dem Boden lagen eigenartige Kugeln und Figuren verstreut. Aber für diese seltsamen Objekte hatte Marian nur einen flüchtigen Blick. Merkwürdiger als alles andere war das dunkle Fenster da drüben, wo die Höhlenwände sich wieder verengten.
    Zögernd ging er auf die dunkle Scheibe zu. Sie wirkte so … so fremdartig, wie von einem anderen Stern. Sie verschloss den Gang in seiner ganzen Höhe und Breite. Es war kein Spiegelglas, denn man konnte sich nur undeutlich darin sehen, und es war auch kein gewöhnliches Fenster, denn richtig hindurchschauen konnte man auch nicht.
    Marian trat näher heran. Die Scheibe zu berühren schien ihm wenig ratsam. Unmöglich zu sagen, ob sie einfach aus Glas bestand oder vielleicht mit irgendeiner lebendigen Substanz überzogen war. Ihre Oberfläche schimmerte trüb, als wäre sie mit einer Art grauem Schleim bedeckt. Desto härter, ja undurchdringlicher wirkte die glasartige Wand dahinter.
    Er schirmte seine Augen mit den flachen Händen ab und ging so nah wie möglich heran, ohne das dunkle Ding zu berühren. Sein Herz hämmerte wie irre. Ein Wort aus Marthelms Brief kam ihm in den Sinn : Zeitpforte.
    Auf der anderen Seite der Scheibe gab es anscheinend eine Höhle ähnlich dieser hier. Nur war der Platz da drüben viel größer. Die Wände waren mit einer Unzahl Tunnels und Gängen durchlöchert, die in alle Richtungen führten. Aber durch das Dunkelgrau der Scheibe wirkte alles undeutlich, verschwommen – als würde man durch das Unterwasser-Bullauge einer Schiffskabine schauen.
    Oder durch das Talmibro, wenn es erst halb auseinandergezogen war.
    Eine Zeitpforte, dachte Marian wieder. Wie hatte Marthelm geschrieben? Große Mühe habe es ihn gekos tet, den »Wächtern der Zeitpforte dieses mächtige magische Instrument abzulisten«. Also konnte man durch diese Scheibe wie durch ein Riesen-Talmibro hindurchgehen – und sich drüben dann aussuchen, in welche Epoche, wel ches Jahrhundert man katapultiert werden wollte? Dage gen hatte Marthelm das Talmibro, das für Marian bestimmt war, offenbar so programmiert – oder von den Zeitpfortenhütern einstellen lassen –, dass er damit immer bei Julian landete.
    Das alles ging Marian durch den Kopf, während er ganz nah vor dem dunklen Fenster stand und hindurchzuspähen versuchte. Vielleicht hatten sich seine Augen an die verschwommene Sicht angepasst, oder es war da drüben ein wenig heller geworden – nun kam es ihm jedenfalls so vor, als ob sich auf der anderen Seite etwas bewegte. Eine Art goldener Schlieren, die

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