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Gößling, Andreas

Titel: Gößling, Andreas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenpforte Die
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hielt Meister Godobert bestimmt wieder eine Rede, oder sie alle spielten eine Art Theaterstück mit verteilten Rollen, wie das in Marians Buch Mysterien und Geheimbünde beschrieben war.
    Diese dramatischen Aufführungen fanden immer ohne Publikum statt. Marian hatte sie schon beim Lesen ziemlich unheimlich gefunden – obwohl man gar nicht so richtig verstand, worum es eigentlich ging. An einige Zeilen erinnerte er sich, während er das Logenhaus hinter sich ließ und weiter der Straße Am Bannwald folgte.
    »Bruder Erster Aufseher«, fragte da einer der Freimaurer, »warum brennen die Lichter so schwach?« – »Zum Zeichen, dass der Tod über uns herrscht.« – »Aber was können wir tun, um ihn zu besiegen?« – »Lege an dein vergängliches Leben den Maßstab des Ewigen an und der Tod wird seine Macht über dich verlieren.«
    Tatsächlich endete der Wald zu seiner Rechten nach einigen hundert Metern. Häuser gab es hier überhaupt keine mehr. Es war fast unwirklich still. Auch vom Hexenholz her nicht die leisesten Geräusche – als ob dort drinnen alles den Atem anhielte.
    Mittlerweile war es fast stockdunkel. Marian ärgerte sich, dass er nicht zumindest die Stablampe aus ihrem Auto mitgenommen hatte. Allerdings hatte die Batterie in dem Ding praktisch keinen Saft mehr. Und sowieso war es dafür jetzt zu spät.
    Der Weg war schmaler als in seiner Erinnerung. Eigentlich nur ein Pfad aus getrocknetem Schlamm. Mit Furchen, Löchern, dann wieder wulstigen Wurzeln quer über den Weg. Es war mehr Stolpern als Spazieren, aber na schön, er würde sich schon daran gewöhnen. Außerdem rechnete er jede Minute damit, dass Billa vor ihm auftauchen, ihm den Weg zu ihrem seltsamen Gehöft zeigen würde.
    Und vielleicht würde er vorher sogar noch Hanno Bußnitz, dem »Wanderer«, begegnen? Auf der Suche nach weiteren Moorleichen, die er mitsamt ihren Baumsärgen in seinen Backofen schieben konnte.
    Mannomann, wo bin ich hier nur hingeraten?, dachte Marian. Damit meinte er zunächst mal ganz allgemein dieses Narrenhaus Croplin – eine Kleinstadt voller Durchgeknallter, wie es aussah. Verrückte Wissenschaftler, mysteriöse Logenbrüder und – vor allen anderen – ihr »verewigter Meister«, der dieses unglaubliche Sphärenfenster in seinem Keller erschaffen hatte.
    Riesenrespekt, Marthelm, dachte Marian wieder. Aber auf der anderen Seite wurde ihm sein Onkel – Urgroßonkel – allmählich auch ziemlich unheimlich. Diese Pforte zur Dämonenwelt hatte er ja bestimmt nur deshalb erschaffen, weil er verzweifelt nach einer Möglichkeit suchte, den grauenvollen Golem-Fluch zu brechen. Aber dass Godobert diese Experimente mit einigem Unbehagen beobachtet hatte, fand Marian auch nicht gerade schwer zu begreifen: Marthelm hatte mit dem Feuer – dem Höllenfeuer – gespielt. Allerdings wusste Godobert ja auch gar nicht, welchen Zweck sein Vorgänger damit verfolgt hatte: das Erwachen der Golems am 9.9. zu verhindern, indem er Unmengen an Dämonen und Geistern herbeizwang, um mit ihrer Hilfe diese Ungeheuer unschädlich zu machen. Aber das, sagte sich Marian, hat Marthelm ja leider nicht geschafft.
    Genau in diesem Augenblick versackte sein linker Fuß bis über den Knöchel im Schlamm. Marian erstarrte vor Schreck. War er etwa vom Weg abgekommen? Musste er jetzt im Sumpf versinken wie die unzähligen Mooropfer, von denen der Wirt des »Moorgraf« abends an seiner Theke stundenlang erzählen konnte? Ach was, solange er unter dem rechten Fuß noch festen Boden hatte, konnte ihm nichts passieren.
    Doch das Moor war ein zäher Brei. Marian musste ziehen und zerren, um seinen linken Fuß freizubekommen – mit einem widerwilligen Schmatzen gab ihn das Schlammloch schließlich wieder her.
    Erst jetzt wurde ihm so richtig klar, wie gefährlich seine Lage war. Ringsum totale Dunkelheit, durchzogen von gelben Nebelschwaden. Er sah tatsächlich seine Hand nicht mehr vor Augen. Geschweige denn, wie da um ihn herum der Boden beschaffen war. Moor oder Weg. Tod oder Pfad. Wieder kam ihm das makabre Theaterstück der Logenbrüder in den Sinn: »Was können wir tun, um den Tod zu besiegen, Bruder Erster Aufseher? « Ja, was denn, herrje?, dachte Marian. Er konnte doch nicht an dieser Stelle wie angepflockt stehen bleiben, bis es irgendwann wieder hell wurde?
    Aber weil ihm nichts Besseres einfiel, blieb er erst einmal stehen, wo er stand. In dieser totalen Dunkelheit konnte man sich überhaupt nicht orientieren. Er hätte nicht mal mehr

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