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Goethe - Kunstwerk des Lebens: Biografie (German Edition)

Goethe - Kunstwerk des Lebens: Biografie (German Edition)

Titel: Goethe - Kunstwerk des Lebens: Biografie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rüdiger Safranski
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Nachbarschaft gelitten hat
. Der Herzog hatte ihm wohl die schönen Mädchen geschildert, denen er die Ansteckung zu verdanken hatte, und Goethe antwortet, auch er könne
von einigen anmutigen Spaziergängen erzählen. So viel ist gewiß
〈...〉
, daß eine dergleichen mäßige Bewegung, das Gemüt erfrischt und den Körper in ein köstliches Gleichgewicht bringt. Wie ich solches in meinem Leben mehr als einmal erfahren, dagegen auch die Unbequemlichkeit gespürt habe, wenn ich mich von dem breiten Wege, auf dem engen Pfad der Enthaltsamkeit und Sicherheit einleiten wollte.
Diese Bemerkungen passen ganz gut zu dem Auftritt des »Cupido« im Bericht der »Italienischen Reise« über den Monat Januar 1788.
    Es gibt weitere von Zapperi gesammelte Anhaltspunkte, wie etwa eine Bemerkung in einem Brief an Herder. Der hatte um das Manuskript des Reise-Journals gebeten, und Goethe enthält es ihm vor mit dem Hinweise auf
Pudenda
, die er nicht öffentlich gemacht sehen wollte. Auch die von den Collinas, Goethes Wirtsleuten, ausgestellten Speiserechnungen könnten als Indizien gewertet werden. Es taucht dort nämlich einige Male ein ungenannter Gast auf, der mit Goethe zu Abend gespeist hatte: Dabei könnte es sich um die Geliebte gehandelt haben. Als Hinweis eindrucksvoller allerdings ist ein in schlechter Orthographie und Grammatik geschriebener Liebesbrief, der sich unter den Italien-Papieren Goethes gefunden hat. Darin heißt es: »Ich fürchte, Ihr seid zornig mit mir, aber ich hoffe nicht. Ich bin ganz für Sie. Liebt mich, wenn ihr könnt, so, wie ich Sie liebe.« Das könnte auf eine Eifersuchtsszene, wie sie ja auch in den »Römischen Elegien« eine Rolle spielt, hinweisen. Das Problem ist nur: Dieser Brief ist an Tischbein adressiert. Aber da er sich unter Goethes Papieren befand und Goethe aus Gründen des Inkognito die für ihn bestimmten Briefe an Tischbein adressieren ließ, könnte dieser Liebesbrief eben doch ihm gegolten haben. Wie auch immer. Wenn Karoline Herder ihrem Mann berichtet, Goethe habe erzählt, wie er vierzehn Tage vor der Abreise aus Rom täglich »wie ein Kind« geweint habe, so könnte das auch mit einem Abschied von einer Geliebten zu tun haben, die dann in den »Elegien« Faustina genannt wird.
    Es war im Herbst 1787 zwischen Goethe und dem Herzog zu einer Verstimmung gekommen, weil der Herzog den Wunsch geäußert hatte, Goethe möge sich doch als eine Art Reisemarschall für die Herzoginmutter Anna Amalia bereithalten, die demnächst auch Italien besuchen wollte. Diese Bitte hatte der Herzog geäußert, nachdem man sich zuvor auf Ostern 1788 als Datum der Rückkehr Goethes geeinigt hatte. Goethe war von der Aussicht, noch in Italien vom Künstlerleben wieder in die höfische Sphäre gezogen zu werden, nicht sehr erbaut und schrieb in diesem Sinne dem Herzog, wobei er trotzdem Bereitschaft signalisierte, die Reise Anna Amalias vorzubereiten und sie nötigenfalls auch zu begleiten. Er war aber erleichtert, als der Herzog das ganze Vorhaben abblies. Am 17. März 1788 schrieb ihm Goethe:
Ihren freundlichen, herzlichen Brief beantworte ich sogleich mit einem fröhlichen: ich komme!
    Am 24. April bricht Goethe in Rom auf. Wenige Tage zuvor hatte er in einer klaren Mondnacht, um Abschied zu nehmen, noch einmal den oft begangenen Weg genommen den Corso hinab, dann hinauf zum Kapitol, das
wie ein Feenpalast in der Wüste stand
, von dort zu den Ruinen des Forum Romanum und hinüber zu den
erhabenen Resten
des Kolosseum.
Ich darf nicht leugnen
, heißt es in der »Italienischen Reise«,
daß mich ein Schauer überfiel und meine Rückkehr beschleunigte.
    Ganz am Ende fällt ihm noch die Elegie Ovids ein, die dieser dichtete, als er aus Rom ans ferne Schwarze Meer verbannt worden war.
Wand’let von jener Nacht mir das traurige Bild vor die Seele, / Welche die letzte für mich ward in der römischen Stadt
.
    So kommt er sich in diesem Augenblick vor, als jemand, der an seinen Verbannungsort zurückkehrt.
    Anmerkungen

Neunzehntes Kapitel
    Zurück nach Weimar. Charlotte von Stein und Christiane Vulpius.
    Eroticon. »Römische Elegien«. Erste Begegnung mit Schiller.
    Zusammen mit Moritz die Autonomie der Kunst neu begriffen.
    Die Kunst und die anderen Lebensmächte. Noch einmal Tasso
    und Antonio. Familienglück im Jägerhaus.
    Am 24. April 1788 verließ Goethe Rom, in seiner Begleitung der Komponist Philipp Christoph Kayser, ein Bekannter noch aus der Frankfurter Zeit, den Goethe förderte, mit dem

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