Goethe - Kunstwerk des Lebens: Biografie (German Edition)
endlich erschien.
Die Elegien erzählen eine kleine Liebesgeschichte mit einer schönen Witwe. Es beginnt mit dem Spott über eine Bildungsbeflissenheit, die Gothe mit Selbstironie vorträgt:
Saget Steine mir an, o! sprecht, ihr hohen Paläste. / Straßen redet ein Wort! Genius regst du dich nicht? /
〈...〉 /
Eine Welt zwar bist du, o Rom, doch ohne die Liebe / Wäre die Welt nicht die Welt, wäre denn Rom auch nicht Rom.
Erst jene Römerin, die sich zu ihm ins Bett legt, wird Rom beleben; zuvor allerdings muß die wachsame Mutter günstig gestimmt werden mit reichlichen Gaben.
Mutter und Tochter erfreun sich ihres nordischen Gastes / Und der Barbare beherrscht römischen Busen und Leib.
Die dritte Elegie ist dem Thema der Plötzlichkeit gewidmet. Schön ist es, wenn es schnell geht, nicht das Liebesspiel selbst, aber die Anbahnung.
Laß dich, Geliebte, nicht reun, daß du so schnell dich ergeben, / Glaub’ es, ich denke nicht frech, denke nicht niedrig von dir
. Im Porträt der Geliebten scheint Christiane auf, besonders was Haare und Frisur betrifft:
Einst erschien sie auch mir, ein bräunliches Mädchen, die Haare / Fielen ihr dunkel und reich über die Stirne herab: / Kurze Locken ringelten sich ums zierliche Hälschen, / Ungeflochtenes Haar krauste vom Scheitel sich auf.
Und dann die berühmte fünfte Elegie; spätestens hier wollen nicht erst die heutigen Goetheleser, sondern wollten schon die Zeitgenossen gerne wissen, ob nun von einer womöglich nur fiktiven römischen Geliebten oder doch von der höchst wirklichen Christiane die Rede sei:
Aber die Nächte hindurch hält Amor mich anders beschäftigt, / Werd ich auch halb nur gelehrt, bin ich doch doppelt vergnügt. / Und belehr ich mich nicht? wenn ich des lieblichen Busens / Formen spähe, die Hand leite die Hüfte hinab. / Dann versteh ich erst recht den Marmor, ich denk’ und vergleiche, / Sehe mit fühlendem Aug’, fühle mit sehender Hand. / Raubt die Liebste denn gleich mir einige Stunden des Tages; / Gibt sie Stunden der Nacht mir zur Entschädigung hin. / Wird doch nicht immer geküßt, es wird vernünftig gesprochen, / Überfällt sie der Schlaf, lieg ich und denke mir viel. / Oftmals hab’ ich auch schon in ihren Armen gedichtet / Und des Hexameters Maß, leise, mit fingernder Hand, / Ihr auf den Rücken gezählt.
Zwei Elegien, die ursprünglich zweite und die sechzehnte, schied Goethe aus, weil sie, wie der Herzog sagte, »einige zu rüstige gedanken« enthielten. Die eine schildert eine Entkleidungsszene bis zum Finale:
Uns ergötzen die Freuden des echten nacketen Amors / Und des geschaukelten Betts lieblicher knarrender Ton.
Die andere beschäftigt sich wortreich mit den Ängsten vor der Geschlechtskrankheit.
Die »Elegien« waren von Anfang an fürs Publikum gedacht, auch wenn sich die Veröffentlichung verzögerte. Wohl eher nicht für die Veröffentlichung gedacht waren jene
erotica
, die der Herzog und ein paar andere Freunde zu sehen bekamen. Reine Männersache offenbar. Es handelte sich um Goethes lateinisch abgefaßte Kommentare zu priapeischen spätantiken Gedichten. Es geht dabei stets um Priap, den Gott der Gärten, der in der Regel als gedrungener, kleinwüchsiger, bärtiger Mann dargestellt wird mit einem unverhüllt zur Schau getragenen riesigen erigierten Glied, fast so groß wie er selbst. Goethes Kommentare nun nutzen die Gelegenheit aus, spöttisch über die Fragen aller Fragen zu räsonieren, wie denn
immer die gewünschte Versteifung gelinge
und ob es dabei etwa hilfreich sein könne,
die Schamhaare mit dem Brenneisen zu behandeln und der Brennschere zu kräuseln
. Zu diesem auch für den Herzog bestimmten Textkorpus gehört eine Augustinus-Travestie. Augustinus hatte im »Gottesstaat« die römische Vielgötterei kritisiert und als besonders anstößig gebrandmarkt, daß man sogar »das Schlafgemach mit einem Schwarm von Gottheiten 〈anfüllt〉, wo doch selbst die Brautführer sich zurückziehen«. Daran knüpft Goethe an mit einem Augustinus untergeschobenen fiktiven Text, worin die Zuständigkeiten der einzelnen Götter bei Vorspiel und Beischlaf im Einzelnen geregelt werden; eine gute Gelegenheit, ins schlüpfrige Detail zu gehen. Die Göttin Virginensis zum Beispiel wird helfen,
den Gürtel des Mädchens zu lösen
〈...〉,
wird unbequeme Kleidung entfernen, wird dich in Begierde versetzen und ihre Schenkel spreizen, wenn du dich auf sie legst. Bei dieser Vereinigung darf der Gott Subigus nicht
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