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Goethe

Goethe

Titel: Goethe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert von Trentini
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kannst!«
    »Gut!« Und ehe der Schwarze nur geräuspert hatte, schwollen auf der Platte des Sarkophags, der sich weiß in die Tulpen gestellt hatte, die Früchte von Afrika. In den seidigen Wucher des zittrigen Palmgrüns und des nadligen Libanonzedergrüns gebettet, mit den Häuchen und Schmelzen ferner Reife umwunden, schwollen sie, und während rasch durch die großflügeligen Lüfte herschießende Vögel heiße Lieder sangen aus verhextem Gefieder und der Gischt dionysischer Sonne durch das Glockenloch des Campanile herabbrach, stürzte, wie ein Rudel von Wölfen, ein Schwarm zottiger Fresser an den Marmor des Tisches. » Edite, bibite, collegiales! « schrie der Chor, schmatzend, sogleich fraßen die Mäuler Kapaunen aus den Ananas, Spanferkel aus den Bananen, » edite, bibite, collegiales! « gluckste das ungeheure Rülpsen, hoch aus dem Tiberschwemmsand, Fontäne aller Weine der Erde, spie sich der Rausch den lustdampfenden Nüstern entgegen, der Sarkophag, mit einem Krach, barst entzwei, Donner brach aus dem Himmel . . . . .
    »Das ist alt! Ist verbraucht! Gib Neueres, Besseres!«
    »Besseres?«
    Teppiche wurden gebreitet. Der gelbe Tiberschwemmsand erstickt unter roten, grünen, goldenen, pfaublauen Polstern. »Rabenvieh!« schalt der Schwarze gestört, stieß die Knochenhand in den Bauch des riesigen Katers, der ihm brünstig in den Weg gelaufen war. Röcheln; purzelnd plumpste der Kater hinab in den Tiber. »Suche dir aus!« schmunzelte eitel der Schwarze, wies mit protzigen Fingern auf die Flut nackter Weiber, die, mit blöden Larven in den üppigen Kissen geringelt, das leicht schauende Auge anblinzelten: olivenfarbhäutige mit breiten Lenden, ebenholzschwarze Haardreiecke auf den Hügeln der Scham, rosenrote, vollbusige aus den Niederlanden, lilienweiße mit sanft zu den runden Knieen abschwellenden Schenkeln, nußbraune, denen die Röte der Lippen, das Weiße der Augäpfel, die Helle der Brustknospen wie Male aus der öligen Straffheit herausbrannten. Und aus ihnen allen, geil, sehnten sich die Münder nach dem zündenden Kusse, die Arme nach der Entladung des Umarmtwerdens, verhießen, sich bäumend, sich senkend, in ewiger Regung, die Schoße den Kitzel. »Also, welche?«
    »Das ist noch älter, noch platter! Neues, du Anfänger!«
    »Ihr seid zu alt!« höhnte schamlos der Schwarze; im Tiber unten, schwimmend, miaute der riesige Kater. »Mürbes Fleisch! Ausgepicht! Was ergötzt da?«
    »Fremde Länder!«
    Die Kirche der Maria versank. Rom verschwand. Und der Ganges ergoß sich.
    »Fliegen! In die Lüfte! Welt!« kommandierte das Auge im gebärenden Dunkel.
    Die Erde entzog sich den Füßen. Umflattert von Kranichen, hoch über den abendlich goldlichten Mauern Mykenäs und dem blauen Ägäischen, rauschte der kräftige Flügel.
    »In die Erde hinab nun! Ins Zentrum!«
    Die Scholle schlug dunkel erstickend über dem Auge zusammen. »In den Hades!« konnte er noch rufen.
    Persephone, in milchweiße Schleier gehüllt, kam ihm trübe entgegen. Sie trug eine verblaßte Mohnblume in der wachsbleichen Hand. Der Gemahl, ferner Stirn, folgte schleppend. Aber hinten, ganz hinten kauerte des Odysseus Seele im Düster der Sümpfe, hielt eine Leier, zupfte trostlos an ihr. Trostlos klagte der Sang: »Und Eleision?«
    »Hinauf! Schnell! Empor! Zu Ihm!« entrang sich's der schaudernden Brust.
    »Zu wem?« hüstelte verlegen der Schwarze.
    »Himmel! Gott! All! Erster Wille!«
    Aber da stand er schon wieder im Tiberschwemmsande. Der riesige Kater war miauend auf das jenseitige Ufer gekommen, rannte, sich schüttelnd, tiberaufwärts. »Du bist eben zu alt!« fluchte noch kräftiger der Schwarze. »Ein Impotenter und ich, das gibt kein Gespann! Kehr um lieber! Oder reizt dich am Ende« – und wie ein Adlerschnabel wuchs die Nase zwischen den Stichaugen hervor – »am Ende die Tugend?« Und aus der lautlos geöffneten Pforte der Maria in Cosmedin stieg ein ländliches Mädchen in der Tracht des heitersten Elsaß. »Nein!« fuhr das Auge schnell auf, in ohnmächtiger Wehr gegen die Erscheinung spannten sich Arme. »Ja!« hauchte er in der nächsten Sekunde und stürzte dem Mädchen entgegen.
    Aber als er – da war es schon Nacht – den Küster von San Pietro in Montorio mit zwei Zechinen bestach, daß er ihn mit einer dicken Kerze in die Kirche hinein lasse, kniete auch das Mädchen in der Kirche. »Hans! Hans! Hans!« wimmerte es armselig, ein Bündel Lumpen, woraus ein Stimmchen weh winselte, in den

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