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Goethe

Goethe

Titel: Goethe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert von Trentini
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verdanke dir allein, was ich bin und habe. Und ich glaube, du allein weißt, was ich bin und habe!«
    Ganz leise ergriff Karl August seine Hand. Ließ sie aber gleich wieder los. »Ich kann dir darauf nur antworten, daß ich dich an allen Ecken und Enden vermißt habe!« Energisch richtete er sich auf. »Warst du schon bei Louisen?«
    »Nein. Ich hörte, Sie seien bei der Herzogin Mutter, und ließ mich darum im Palais melden. Ich will von hier aus zu Ihrer Durchlaucht.«
    »Und Herdern? Schon gesehen?«
    »Er ging ins Palais, als ich herauskam.«
    »Frau von Stein?«
    »Noch nicht.«
    Wie zurechtgewiesen senkte Karl August den Blick. »Und sonst – wen?«
    »Bertuchen, Boden, Ludekum, Wedeln, Schardten, Kalben. Jetzt noch Klinckowström und Knebeln.«
    »Armer Teufel!« Zärtlich, mit einem ganz nur liebevollen Lächeln trat ihm Karl August dicht heran. »Es muß dir ja, auf deutsch gesagt, zum Speien zumute sein! Widersprich nicht! Wie wenn man nach einer Liebesnacht« – ungestüm: »natürlich war's keine Liebesnacht, ich weiß schon! – an den Familienfrühstückstisch zurück kommt! Oder?«
    »Fort! Fort! Fort!« schrie in Goethes verzweifelter Brust drin die Sehnsucht. »Fort!«
    »Sag! Ist's nicht wahr?«
    »Gottseidank,« – heiser: »daß wenigstens Sie da sind!«
    Jäh nahm ihn Karl August unter dem Arm. Zog ihn zur Tür hin. »Es weiß jedenfalls keiner besser als ich, was es einen Goethe gekostet hat, seine Fasanen gerade nach Weimar zu frachten!« Seufzer. »Ich muß jetzt den Gothaer nehmen. August kommt in den nächsten Tagen. Und Knebel will auch raunzen. Alle raunzen sie!« Mit tapfer zurückerobertem Lachen: »Ich bin nach neun bei dir, abends! Geh jetzt zu Louisen! Und – sei lieb mit ihr!«
    »Er ist wahnsinnig!« fluchte Knebel, – Goethe hatte im Garten auf ihn gewartet – als sie nebeneinander heimtrabten. »Seitdem er Militär gerochen hat und jeden Morgen einen Preußen zum Frühstück essen muß, damit er sich großdeutsch genug fühle für den Weimarer Kartoffelton, ist mit ihm nicht mehr zu reden.« Alt war Knebel geworden. Das Mißmutige in seinem Stoppelgesicht stand wie nie mehr auflösbare Wolkenbank gegen ein hilfloses Sonnenschimmerchen im Auge. Es sei kein Mensch mehr mit dem Herzog zufrieden. Und er mit keinem Menschen. Preußen bescheiße ihn, wo es könne. Stuttgart lache ihn auf offener Straße aus. Die kleinen Höfchen machen sich nur wichtig damit, ihm zu folgen. Auch sei nie Geld da. Der neue Kammerpräsident habe die verdientesten Eigenschaften. »Aber was kann er machen, wenn das Land Experimenten dient? Und da stolziert Er in seiner Kürassieruniform herum und läßt Noten konzipieren und elfmal mundieren und sendet Herolde und sich selber, und glaubt, der Drahtzieher zu sein. Und wird gezogen! Du wirst eine schöne Mühe haben, mit ihm fertig zu werden!«
    »Ich habe keine Funktionen mehr. Wenigstens so gut wie keine mehr.«
    »Umso lästiger wird er dir persönlich fallen. Redest du mit ihm vom Wetter, so antwortet er: geeintes Deutschland! Von der Jagd: größeres Deutschland! Von den Weibern: nationalempfindendes Deutschland! Hat er dich über Italien ausgefragt?«
    »Dazu langte die Zeit nicht.«
    »Sie wird niemals langen!« Die Absätze gab Knebel dem Roß, obwohl sie schon in der Gasse drin trabten. »Er sieht eben nicht ein, daß in Deutschland für einen vornehmen Geist nichts zu machen ist! Warum bist du eigentlich zurückgekommen?«
    Steif zuckte Goethe die Achseln; sie hielten vor dem Hause am Frauenplan. Der Diener Sutor kam aus dem Tor gesprungen; grinste unerträglich selig. Die Häuser platzauf und platzab schmunzelten unaushaltbar vertraulich. Ein Storch saß schnatternd auf dem höchsten Giebel des Hofbäckerhauses. Vor dem Martinschen Weinkeller rollten vier derbe Burschen Fässer über die geneigte Schwelle. Der Briefträger Ackermann trat gerade aus dem Schlundgäßchen herein. Über dem grünen Laden des Greißlers Haarholz schaute die Großmutter aus dem winzigen Fenster. Und fiel es einem gar zu bedenken ein, daß östlich, südlich, westlich und nördlich von diesem Platze auch nur solche Häuschen und Bursche, Briefträger, Greißler, Großmütter und Störche ihre tödliche Langeweile totschlugen, und dann weiter hinter diesen Häuschen und Toren . . .
    »Also, besonders gut aufgelegt finde ich dich gerade nicht?« schimpfte Knebel gereizt; er war eben abgestiegen. »Wenn wir hier gallig und verdorrt herumlaufen, das versteh ich. Aber

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