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Goethe

Goethe

Titel: Goethe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert von Trentini
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Schweiß auf die Stirn. Ja, nur rasch, in Gottesnamen, hinein in die Antichambre!
    Kaum aber drin in der Antichambre, wie in einem Traum, prallte er zurück: »Knebel!«
    Gemütlich, nicht Traum, sondern eindeutigste Wirklichkeit, schritt ihm Knebel entgegen. Genau so unhastig, als kehrte Goethe von einem Ausflug nach Ilmenau zurück. »Also wirklich?« Im selben Augenblick aber, sie wollten sich gerade umarmen, fuhr der Kammerhusar im Fenster mit einem unterdrückten Schrei auf. »Herr Geheimderat von Goethe!« rief er strahlend, klirrte von Rüstung und Respekt, und war schon drin im Audienzsaal. Rot vor Wut stürzte Klinckowström aus der Tür. »Der Herr Geheimderat von Goethe!« meldete der wiedererschienene Kammerhusar herausfordernd. »Nein!« schob Goethe Knebeln vor sich hin; er hörte weder Klinckowströms »O??«, noch sah er sein Goldstrotzen. »Herr Major von Knebel war vor mir da.«
    »Herr Geheimderat von Goethe!« wiederholte noch strahlender der Kammerhusar; schlug die Hacken zusammen, – Karl August stand da.
    »Na nu?«
    Als hätte er ihn niemals gekannt, flog Goethe Knebeln davon, Karl August an die Brust, und ließ sich wie ein Ding hinter die Tür hineinziehen.
    »Also – endlich wieder da!«
    Goethe fühlte, wie Karl Augusts Hände ihm das Haar streichelten. Wie Karl Augusts Herz stürmisch an seinem Herzen schlug. Krallte sich immer tiefer in die Husarenuniform ein, umschlang den schlanken Mann immer fester, grub das atemlos lechzende Gesicht immer durstiger in die Brust mit dem großen silbernen Stern. Als Karl August sich endlich von ihm löste, zärtlich mit beiden Armen ihn vor sich hinstellte, ihm mit seinem hellen Aug ins Auge schaute, ging ein Riß durch Goethes Gestalt. Heiß langte die Hand nach der geliebten, riß sie empor an die Lippen: »Mein Fürst! Mein fürstlicher, gütiger Fürst!«
    »Um Gotteswillen!« entriß ihm Karl August die Hand. »Du wirst doch nicht . . . !«
    »Doch!« Und unwiderstehlich fing Goethe die Hand wieder ein. Dicke Tränen stürzten aus den weitoffenen Augen. »Und Sie müssen mich's tun lassen! Es ist in dieser ersten Sekunde kein anderes Gefühl und kein anderes Wort da drin,« – mit der Faust schlug er an die Brust – »als: Dank! Dank! Dank! Und wieder nur Dank! Nein! Lassen Sie mich reden!«
    »Ja! Aber sag »du«!«
    »Sie wissen ja nicht,« fuhr Goethe unheimlich eilig fort, »was Sie mir getan haben! Wie Sie mich beschämt, überschüttet haben! Kein einziger Fürst in ganz Deutschland hätte so wie Sie . . .«
    »Aber zum Donnerwetter!« Gerührt, über sein Maß verlegen war Karl August und wußte sich nicht mehr zu helfen. Mit rauher Hand schüttelte er den Berauschten. »Da kommst du nach zwei Jahren aus der Sonne der Freiheit, kommst als Künstler zurück, das Schiff vollgeladen mit Fasanen, nach denen mir das Wasser im Munde zusammenläuft, und weißt nichts Besseres zu tun, als zu winseln wie Herder, wenn ich ihm fünfzig Dukaten schenke! Anschauen laß dich!« Und noch einmal, mit soldatischen Armen, stellte er ihn vor sich her. »Herrlich! Wie ein Senner!«
    »Nein!« Entzückend lachte er auf. »Wie Bacchus! Das hast du fein gemacht! Übrigens . . . ..«
    Brüsk ließ er Goethen los. Wandte sich um eine Linie nach der Seite. Und schwieg.
    »Übrigens?«
    Karl August durchmaß dreimal den düsteren Raum. Zu den niedrigen Fenstern, die in den Hof gingen, kam nur soviel Licht herein, daß der schmutziggelbe Grund der zwei Gobelins gerade noch auffiel. Eine Büste Amalias stand zwischen den zwei Gobelins, ein Paravent mit Watteaubildern vor dem weißen Rokokoofen, und eine erzene Schale auf schwarzem Sockel unter dem neuen Porträt Friedrichs des Großen gegenüber der Eingangstür. Alle diese Dinge und seinen schmalen Ebenholzschreibtisch, der nicht hereinpaßte, betrachtete Karl August. »Armer Teufel!« dachte er wehmütig. »Wie muß dir das jetzt vorkommen!«
    »Du bist also,« sagte er endlich, »nicht ganz ungerne zurückgekommen?«
    »Es wurde mir,« antwortete Goethe ohne Pause, der unverhohlene Schauder vor diesen Dingen saß in seinen Augen, »von Monat zu Monat klarer, daß ich unten wohl werden mußte, sein aber nur hier könne.«
    Scheu wie eine Frau trat ihm Karl August näher. Sein gescheites Gesicht hatte keine Farbe. »Rede ganz offen!« Stahlscharf fragte das Auge. »Bist du zu mir gerne wiedergekommen?«
    Voll hielt Goethe den Blick aus. Ein festes Bewußtsein erschien glänzend auf seiner Stirn. »Ich

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