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Goethe

Goethe

Titel: Goethe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert von Trentini
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wenn man aus der Welt kommt? Apropos, kann ich bei dir essen?«
    »Sei nicht böse,« erwiderte Goethe gewappnet, »ich bin von der Reise noch müde. Und muß noch zur Herzogin.«.
    Mit der Reitpeitsche in die Luft, dann, grob, an die groben Stiefelröhren schlug Knebel; die Reitpeitsche war eine eschene, aus dem Hölzchen hinterm Gartenhaus. »Bon! Geh ich zu Steinen. Kann ich dich anmelden?«
    Goethe klopfte der Stute überlang den Hals. »Ich bin nicht sicher, daß ich noch heute dazu komme.«
    »Und wann kann man den welschen Hokuspokus sehen?«
    Goethe umarmte fast den Hals des Tieres. »Von nächster Woche an immer.«
    »Luftballon!« fluchte Knebel durch die Zähne, als er an die Ackerwand herankam. »Ein arroganter infamer Eisbär ist er!« wollte er sich die Entrüstung von der kochenden Brust donnerwettern, als er Frau von Stein erblickte. Aber Frau von Stein war Stein heute. »Wedel speist mit,« erklärte sie gleich beim Handkuß. »Josias kommt nicht.« Mit einer Grimasse schluckte Knebel hinab. »Er ist ungenießbarer denn je!« kitzelte es ihn, nach jedem Gang teuflischer loszubrechen, und er räusperte und hustete. Aber er kam nicht einmal dazu, den Namen des Ungenießbaren auszusprechen. Denn Frau von Stein sprach ununterbrochen. Und nur mit Wedeln. Sie sah, das war deutlich zu bemerken, ununterbrochen dabei beim Fenster hinaus. Aber umso angelegentlicher redete sie. Lachte. Wedel auch. Sie aber noch herzlicher. Wurde jetzt rot, jetzt wachsbleich, stieß einmal das Salzfaß um, rettete das anderemal mit bewundernswerter Ruhe das Glas Rotwein, das Knebel gerade umzustoßen im Begriffe war, und sagte, als nach dem Dessert die Göchhausen, Karoline Herder und Klinckowström zum Kaffee kamen und die Göchhausen listig meinte: »Sollen wir uns nicht zu den Oleandern hinaussetzen?« mit einem ganz kurzen, kindlich einfältigen Hochheben des Köpfchens: »Ist's nicht zu windig?« In einem Zug, kaum mehr Herr seines Dampfs, goß Knebel den Samos hinab. Das war doch die höhere Unverfrorenheit! Die da wie auf Eiern tanzten und lauerten, wollten ja alle nichts anderes, als von ihm reden! Und getrauten sich nicht! »Holla?« klopfte er umso bäurischer mit dem Mittelfinger ans Tischholz, »hat ihn noch niemand von den Damens gesehen?« Und – ward blaß bis in die Lippen. Als ob sie meuchlings einen Stich in den Rücken bekommen hätte, fuhr Frau von Stein zusammen. Jäh flammten Lichter auf in den gierigen Gesichtern der Besucher: das Stichwort ist gesprochen! Aber während sie noch einmal überlegten, sagte Frau von Stein – sie spielte mit den Fingern der rechten Hand auf der Lehne des Sessels, vor dem sie stand, und hielt sich doch fest daran –: »Goethen? Bei mir war er noch nicht. Hast du ihn schon zu Gesicht bekommen?«
    »N – nein,« stammelte die Göchhausen, obwohl sie ihn schon um neun Uhr morgens zu Gesicht bekommen hatte. Ihr ungeheurer Federhut nickte verzweifelt: »Nein.«
    »Sie auch nicht?«
    Karoline Herder trug ein schwarzes Foulardkleid mit großen, weißen Tupfen und Sammetschuhe von bronzebrauner Farbe zu resedagrünen Strümpfen. »Nein,« antwortete sie todesverachtend.
    »Aber Klinckowström und ich!« rief Knebel ungeheuer laut, indem er sich ungeheuer erhob.
    »Also nur Herr von Herder?« lächelte Frau von Stein, während Klinckowström sich ergeben in den Fauteuil fallen ließ und Knebel wie erschlagen den Mund aufriß. »Und wie fand ihn Herr von Herder?«
    »Ist Johann Gottfried nicht da gewesen?« Mit einem mitleidigen Blick maß Frau von Stein die Vorlaute. Aber ehe sie noch ein Wort sagen konnte, nahm ihr Wedel den Sessel aus der Hand. »Haben die Herrschaften den Schildpattfächer schon gesehen, den die Herzogin Mutter aus Paris geschickt bekommen hat?« fragte er parat wie ein Erzengel.
    Und als ob sie allesamt eine zu gefährliche Klettertour gemacht hätten, aber im letzten Augenblick noch von geistesgegenwärtigem Arm zurückgerissen worden wären, atmeten sie erlöst auf; bis auf Knebeln. Denn was ging nun die Plappertasche dieser Buckligen so gewandt los? Und ließ der unverschämte Lügenmund dieses Wedel Anekdotchen auf Anekdotchen fallen? Und noch dazu alle über diesen Fächer? Geräuschvoll wurde es. Eng aneinander rückten die plötzlich quecksilbernen Leiber. Klinckowström trank in einem fort, von allen berühmten Fächern der Welt schwindelnd. Karoline Herder machte mit dem rechten Fuß das rotsamtene Schemelchen wippen, rollte die runden Augen und lachte

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