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Goetheglut: Der zweite Fall für Hendrik Wilmut

Goetheglut: Der zweite Fall für Hendrik Wilmut

Titel: Goetheglut: Der zweite Fall für Hendrik Wilmut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Köstering
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getrunken hatte,
tatsächlich aus einer Kneipe oder einem Restaurant gestohlen und mit nach Hause
genommen. Aber warum hätte er das tun sollen?
    Plötzlich fühlte ich etwas Ungewohntes
in der Brusttasche meines Hemds. Ich konnte mich nicht daran erinnern, etwas hineingetan
zu haben. Dennoch spürte ich einen Gegenstand, er war nicht groß und er war biegsam.
Ich tastete danach. Ein zusammengefaltetes Stück Papier. Wie kam das in meine Hemdtasche?
Die Rempelei auf dem Gefängnishof kam mir sofort in den Sinn. Ich faltete das Papier
auseinander.
    Im oberen Teil des Zettels war ein
Rest des offiziellen Briefkopfs der thüringischen Justizverwaltung zu sehen. Darunter
stand in krakeliger Handschrift:
     
    Nun stehst auch Du da wie ein
Tor!
    Seine Lieben gehen vor,
    Frauenstein und Jändertanz,
    Sind nun Deine letzte Chance!
    BB618c
     
    Ich war völlig konsterniert. Galt das mir? Oder war das eine Verwechslung?
Nein, seit gestern gab es keine Verwechslungen mehr in meinem Leben. Ich wurde persönlich
angesprochen: ›Deine letzte Chance!‹ Irgendjemand hatte es auf mich abgesehen, und
dieser Jemand schien Macht zu haben, denn er hatte mich ins Gefängnis gebracht.
Als mir klar wurde, dass mich zum ersten Mal ein anderer Mensch abgrundtief hasste,
begann mein Puls zu rasen. Ich wusste nicht, warum er mich hasste. Und ich hatte
nicht die geringste Ahnung, wer sich hinter der codierten Unterschrift ›BB618c‹
verbarg.
    Es gibt Worte in der deutschen Sprache,
die ich für mich persönlich nur sehr selten benutze. Eines davon ist das Wort Angst .
Doch beim Lesen des Kassibers ergriff mich eine echte, tiefe, kindliche Angst.

3. Kapitel
     
    Mittwoch, 25. August 2004. Der Tag, an dem ich grün sah.
     
    Die zweite Nacht im Gefängnis war nicht besser als die erste. Meine
rechte Seite schmerzte nach wie vor und ich hob alle paar Minuten den Kopf, um zu
sehen, ob jemand zur Tür hereinkam. Ziemlich unwahrscheinlich bei dieser Tür mit
den mächtigen Riegeln, andererseits hatte ich das Mittagessen gestern auch verschlafen.
Und im Gegensatz zu Dr. Frankes Aussage war ich hier drinnen nicht sicher,
das hatte die Schlägerei im Gefängnishof gezeigt.
    Ich war froh, um 6 Uhr geweckt zu
werden. Der Frühstückskaffee schmeckte wie bei der Bundeswehr. Eine Kaffeebohne
auf zehn Liter Wasser. Ich fragte mich, ob der Kaffee bei der NVA vielleicht noch
schlechter geschmeckt hatte. Aber das war kaum möglich.
    Wie am Vortag wartete ich in Monte-Christo-Manier
in meiner Zelle. Obwohl ich nicht sollte, blickte ich alle fünf Minuten nach oben,
in den Schlauch. Und der wurde immer enger. Um mich abzulenken, zog ich den Kassiber
heraus, den ich sicherheitshalber in meiner Unterhose versteckt hatte, und begann,
ihn auswendig zu lernen. Zwischendurch wieder der Blick in den Schlauch. Zurück
auf den Zettel – konzentrieren! Vor allem auf die Codenummer meines Peinigers: BB618c.
Ich wusste nicht, was ich mit dem Kassiber machen sollte. Die Gefängnisleitung informieren?
Die Polizei einweihen? Würde mir Meininger glauben, dass mir jemand einen Mord in
die Schuhe schieben wollte? Ich beschloss, nur meine engsten Vertrauten zu informieren,
Hanna, Benno und Dr. Franke. Der erfahrene Jurist wusste bestimmt, was in einem
solchen Fall zu tun war.
    Endlich kam Grasmann und führte
mich wieder in das Besuchsraum. Heute sei es ein Mann, teilte er mir mit leicht
süffisantem Unterton mit. Offensichtlich war die Zahl der Besucher, die ich empfangen
durfte, ungewöhnlich hoch.
    Es war Benno. Ich freute mich so,
meinen Cousin zu sehen, dass ich versucht war, ihn zu umarmen, doch ich dachte gerade
noch rechtzeitig daran, dass genau dies verboten war. Heute saß eine andere Justizbeamtin
neben uns. Ihr war das Ganze ziemlich egal, sie hörte uns kaum zu und las nebenbei
die Thüringer Landeszeitung.
    Benno ist einige Jahre älter als
ich und strahlt mit seinem kräftigen, großen Körper und seinem akkurat geschnittenen
dunklen Vollbart üblicherweise Ruhe und Souveränität aus. Allerdings zeigte er an
diesem Tag deutliche Zeichen von Nervosität. Mehrmals nahm er seine Goldrandbrille
ab, putzte sie umständlich und setzte sie wieder auf, um das Ganze dann von vorn
zu beginnen. Nachdem er sich versichert hatte, dass es mir gesundheitlich gut ging,
sagte er: »Denk daran, Dr. Franke und ich helfen dir, bitte halte durch!«
    Seine Aufmunterung tat gut. »Danke,
Benno. Ja, ich halte durch, ganz bestimmt. Das Schlimmste ist die Untätigkeit, ich
sitze hier

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