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Goetheglut: Der zweite Fall für Hendrik Wilmut

Goetheglut: Der zweite Fall für Hendrik Wilmut

Titel: Goetheglut: Der zweite Fall für Hendrik Wilmut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Köstering
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ja zunächst nur ein Verdacht …«
    »Woher hatten Sie die Fingerabdrücke?«,
fragte Dr. Franke scharf.
    Meininger zögerte.
    Lehnert ließ die Tür ins Schloss
fallen. »Woher?« Seine Stimme war leise, aber durchdringend.
    »Herr Wilmut und seine … Verlobte
waren vor einigen Jahren als eine Art Amateurdetektiv für uns tätig, daher waren
Ihre Fingerabdrücke noch bei uns gespeichert.«
    Ich war kurz davor, Meininger an
die Gurgel zu springen, aber Dr. Franke hielt mich zurück. Amateurdetektive! Damals,
im Sommer 1998, auf der Jagd nach dem Goethehausdieb, wurden die Fingerabdrücke
aller beteiligter Personen genommen. Die Zeitungen hatten lange von dem Fall berichtet,
der unter dem Namen ›Goetheruh‹ in die Archive eingegangen war. Ich hatte als Literaturexperte
geholfen, den Täter zu fassen, indem ich dessen Nachrichten entschlüsselte.
    Lehnert bekam einen roten Kopf und
sah Meininger an, als wolle er ihm seinerseits an die Gurgel springen. Ich begriff
nicht.
    »Was heißt denn bei uns gespeichert ?«,
fragte Lehnert. »In welcher Datenbank? Im AFIS?«
    »Nein«, antwortete Meininger kleinlaut,
»AFIS gab es damals noch nicht. Wir haben in unserer alten Weimarer Software gesucht,
weil wir ein paar alte Bekannte verdächtigt haben, Herr Dorst wusste, wie man da
reinkommt, und da fanden wir zufällig die Übereinstimmung …«
    »Herr Wilmut«, sagte Dr. Franke,
»die langfristige Speicherung von Fingerabdrücken ist nur dann datenschutzrechtlich
gestattet, wenn der Betreffende wegen eines Verbrechens rechtskräftig verurteilt
wurde. Ihre Fingerabdrücke hätten also sofort nach Abschluss des Goetheruh-Falls
gelöscht werden müssen. Ich werde die Aufhebung des Haftbefehls wegen dieses Verfahrensfehlers
beantragen!«
    »Moment …«, ich überlegte, »nein,
Herr Franke, ich möchte nicht wegen eines Verfahrensfehlers entlastet werden. Ich
möchte, dass meine Unschuld einwandfrei bewiesen wird. Denn ich bin unschuldig.
Ich habe Fedor Balow nicht ermordet!«
    Dr. Franke hob die Augenbrauen,
klappte sein Notizbuch mit einem deutlichen Knall zu und presste ein undeutliches
»Bis morgen!« zwischen seinen Zähnen hervor. Dann verließ er den Vernehmungsraum
mit schnellen Schritten. Lehnert gab Meininger einen Wink, ihm zu folgen. Ich wurde
in meine Zelle zurückgebracht.
    Die ruhelose Nacht machte sich bemerkbar
und ich fiel in einen festen Schlaf, aus dem ich nicht einmal erwachte, als das
Mittagessen hereingebracht wurde. Drei Stunden später schlug ich die Augen wieder
auf. Mein Essen war kalt, ein paar Kartoffeln und etwas Gemüse stillten meinen Hunger.
Gegen 14 Uhr kam Grasmann herein und meinte, ich hätte Besuch. Eine Frau. Meine
Laune verbesserte sich schlagartig. Grasmann führte mich zu den Besuchsräumen im
Untergeschoss. Er wies mich ausdrücklich darauf hin, dass es nicht gestattet sei,
den Besucher, insbesondere die Besucherin – dabei grinste er breit – zu berühren,
ihr die Hand zu geben oder sogar Zärtlichkeiten auszutauschen.
    In dem Besuchsraum standen drei
Tische in relativ großem Abstand. Zu jedem Tisch gehörten drei Stühle. Hanna stand
an dem mittleren Tisch. Auf dem zugehörigen dritten Stuhl saß eine Justizbeamtin.
    Mein Blick wanderte völlig verwirrt
zwischen Hanna und der Beamtin hin und her.
    »Herr Wilmut?«
    »Äh, ja …«
    »Bitte setzen Sie sich hierhin.
Frau Büchler bitte dort.« Damit zeigte sie auf den Stuhl mir gegenüber. »Ich muss
Sie darauf hinweisen, dass Sie sich nicht berühren dürfen und dass Sie sich nicht
über Themen unterhalten dürfen, die die Anklageschrift betreffen. Sie haben 30 Minuten
Zeit.« Daraufhin machte sie eine Handbewegung, die ich eigentlich nur von Ringrichtern
aus dem Boxsport kannte und auf die naturgemäß die Aufforderung ›Box!‹ folgte.
    Doch ich wollte nicht mit Hanna
boxen, ich wollte sie in die Arme nehmen. Aber das durfte ich nicht. Ich durfte
noch nicht einmal ihre Hand berühren. Das fiel mir unsagbar schwer. Und Hanna ebenso.
Ihre kinnlangen blonden Haare waren leicht zerzaust, ihre schönen blauen Augen leicht
gerötet, wahrscheinlich vom Wind.
    »Ich konnte leider nicht eher kommen«,
sagte sie etwas unsicher, mit einem kurzen Seitenblick zu der Justizbeamtin, »ich
musste erst im Büro des zuständigen Richters eine Besuchserlaubnis beantragen.«
    »Eine Besuchserlaubnis …?«, wiederholte
ich erstaunt.
    »Ja, und das war schwer genug, der
Richter wollte eigentlich nicht, dass du gleich am ersten Tag Besuch bekommst.

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