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Goetheruh

Goetheruh

Titel: Goetheruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Koestering
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Gewalt-Phase gekommen?«
    »Ja!«
    Erwartungsvoll blickten wir beide zu Desiree.
    »Möglich«, meinte sie, »bestimmte Ereignisse können als Trigger wirken und eine psychotische Impulshandlung auslösen.«
    »Der Zeitungsbericht?«
    »Ja, zum Beispiel.«
    Ich setzte mich erschöpft zu den beiden auf die Steinbank. Wir dachten nach. Der unbekannte Fußgänger ging kopfschüttelnd weiter. Desirees Hund legte sich zu unseren Füßen.
    »Wie heißt er?«, fragte ich.
    »Wer?«
    »Na, Ihr Hund?«
    Desiree strich dem Tier über den großen Kopf: »Er heißt Pudel!«
    Ich schüttelte ungläubig den Kopf. »Pudel?«
    Sie hob die Schultern. »Mein Vater hat ihn so genannt, weil er einen Pudel wollte, ich aber mit einem Berner Sennenhund nach Hause kam.«
    Interessante Denkweise. Demnach hätten viele Väter ihre Tochter Sohn nennen müssen.
    Ich beobachtete Hanna. Ihre Augen spiegelten große Sorge. Ihr war nun wohl klar geworden, dass sie genau so tief in den Fall verstrickt war wie ich. Und sie hatte Angst. Angst um Cindy – und um uns. Wir mussten aufpassen, dass die neu gewonnene, traute Zweisamkeit nicht nach kurzer Zeit wieder in Gefahr geriet.
    In diesem Moment fasste ich einen Entschluss. Ich nahm mein Telefon und wählte die Nummer des Redakteurs der ›Frankfurter Neuen Presse‹. Er nahm sofort ab.
    »Wilmut hier!«, meldete ich mich frostig. Man muss sich ja nicht auf das gleiche Niveau des namenlosen Losplapperns begeben.
    »Ach, der Herr Schriftsteller, guten Morgen, Sie haben noch genau eine Stunde Zeit!«
    Nur nicht provozieren lassen. »Sie haben doch noch einen anderen Spezialisten, der über Herder und Goethe schreiben kann, nicht wahr?«
    Für einen kurzen Moment schien er verunsichert. Doch dann fing er sich wieder. »Natürlich. Und?«
    »Dann geben Sie ihm den Auftrag. Ich arbeite nicht mehr für Sie.«
    »Was soll das heißen?«, empörte er sich.
    »Das heißt, dass Sie ein unverschämter Mensch sind, rücksichtslos und ohne Einfühlungsvermögen. Unsere Geschäftsbeziehung ist hiermit beendet. Guten Tag!«
    Ich hörte noch ein verzweifeltes »Wilmuuut!« aus dem Telefon, dann legte ich auf.
    Hanna strich mir sanft über die Hand. Sie wusste, dass es ein schwerer Entschluss für mich gewesen war. Aber sie wusste auch, dass ich eine gute Entscheidung getroffen hatte.
    Desiree unterbrach den kurzen Moment der Nähe. »Jens war heute in der Klinik«, sagte sie leise, fast entschuldigend.
    Ich war sofort wieder bei der Sache.
    »Er war bei Ihnen in der Klinik?«
    »Ja!«
    »Und die Polizistin in der Küche?«
    »War zu dieser Zeit bereits abgezogen worden, Anordnung des Kriminalrats.«
    »Ach ja …«
    »Ich selbst bin ihm nicht begegnet, aber einer unserer Pfleger sah ihn kurz vorbeihuschen und auch sein Zimmernachbar behauptet, er sei da gewesen.«
    »Das heißt, er ist wieder verschwunden?«
    »Ja. Sein Zimmernachbar war ziemlich aufgebracht, weil Jens wie zuvor des Öfteren seine Schuhe benutzt hat, ohne ihn zu fragen.«
    »Ist nicht wahr!«
    »Doch, warum?«
    »Hat der Zimmernachbar größere Schuhe als Jens?«
    »Keine Ahnung, jedenfalls ist er vom Körperbau her kräftiger. Warum?«
    »Das passt!«
    »Was passt?«
    In diesem Moment klingelte mein Telefon. Es war Susi.
    »Ich bin die Freundin von Ella, im Archiv der ›Thüringer Nachrichten‹, verstehen Sie?«
    »Ja, ja, Hauptkommissar Dorst hat mir von Ihnen erzählt.«
    »Ella hat mich nach diesem … Jens Gensing gefragt, und ob er bei uns eine Anzeige wegen Klavierstunden aufgegeben hat. Sie sagte, wenn ich doch noch was rausfinden würde, solle ich Sie anrufen!«
    »Ja, das ist gut so, und …?«
    »Ich habe zunächst nichts in den Aufträgen gefunden, doch dann kam mir die Idee, bei den Zahlungsbelegen zu suchen, und da hatte ich mehr Erfolg.«
    Meine Hand zitterte.
    »Jens Gensing hat im Oktober letzten Jahres unter falschem Namen eine Anzeige aufgegeben, in der er eine Klavierlehrerin suchte.«
    »Das heißt, er hat ausdrücklich eine Frau gesucht?«
    »Richtig!«
    »Und, hat jemand geantwortet?«
    »Ja, drei Interessenten haben sich gemeldet, ich konnte sie über die Auftragsnummer zuordnen …«
    Ich sprang auf und wartete gespannt.
    Hanna und Desiree starrten mich an.
    »Die Namen, Susi, die Namen, bitte!«
    »Moment, äh … hier: Herta Wander, Birgit Hennemann und … äh, Augenblick bitte …«, sie blätterte hörbar in den Akten, »… eine gewisse Cindy Valentine!«
    Der Park, nein, die ganze Welt schien sich zu drehen –

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