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Goetheruh

Goetheruh

Titel: Goetheruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Koestering
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es!«
    »Junge, du bist genial!«
    Er hob die Schultern. Die beiden Frauen sahen ihn respektvoll an.
    »Er hatte zwar angeblich nur eine platonische Beziehung zu ihr«, überlegte ich laut, »insofern ist Frau Singer wohl nicht wirklich in Gefahr, aber erstens ist das nie hundertprozentig geklärt worden …«
    Siggi hob die Augenbrauen.
    »… und zweitens ist sie die Tochter des Ministerpräsidenten!«
    »Richtig.« Damit griff Siggi zum Handy und veranlasste, die Personenschützer bei Clarissa Singer zu verdoppeln.
    Ich musste meine Gedanken ordnen. Während die anderen sich unterhielten, legte ich mich auf die Wiese und blickte in den dunkelblauen Abendhimmel. Ich musste Jens Gensing sehen, wie ich Goethe sah, das war die Herausforderung. Und Goethe kannte ich gut. So langsam kam ich ihm immer näher, oder er mir – wie man es sehen wollte.
    »Das heißt also, dieser komische Blume hat das alles nur erfunden, um sich wichtig zu machen?«, hörte ich Hanna fragen.
    »Sieht so aus«, antwortete Siggi, »er ist ein krankhafter Selbstdarsteller, hat ein übersteigertes Ego und ist eigentlich nur ein …«
    »Was?«, fragte Desiree.
    »Ein Arschloch!«
    »Das war ja deutlich!«
    »Entschuldigung, ist aber wahr.«
    »Vielleicht begegne ich ihm ja noch mal in der Klinik«, sagte Desiree.
    »Das kann gut sein.«
    Irgendwo klingelte ein Handy, jemand telefonierte.
    »Hallo, Hendrik!« Wie aus der Ferne hörte ich Siggis Stimme.
    »Ja?«
    »Nun schlaf mal nicht ein, wir müssen Cindy finden!«
    Ich setzte mich auf.
    »Herbert Brauer hat Schuhgröße 46!«
    Die Puzzleteile fügten sich zusammen.
    »Passt auf«, erklärte der Hauptkommissar, »ich muss jetzt Göschke davon überzeugen, dass wir Jens Gensing erneut zur Fahndung ausschreiben, nur so bekommen wir den gesamten Polizeiapparat wieder hinter uns.«
    »Wie stehen die Chancen?«
    »Ich denke, gut, da eine Entführung natürlich anders behandelt wird als die Suche nach einem entlaufenen Psychiatrie-Insassen. Möglicherweise wird die morgige Expertensitzung dafür entscheidend sein. Wir müssen uns gut vorbereiten.«
    Ich machte eine zustimmende Geste.
    Er wandte sich an Desiree. »Sie kennen Jens am besten. Wir müssen als Erstes ihn finden, dann haben wir auch Cindy und die entwendeten Kunstgegenstände.«
    »Ich verstehe.«
    »Sie machen sich bitte auf den Weg in die Klinik und gehen die Patientenakte von Jens Gensing Stück für Stück nochmals durch. Führen Sie sich seine Persönlichkeit vor Augen. Wo könnte er sich verstecken? Was könnte er jetzt tun? Bitte – Sie kennen ihn am besten von uns allen!«
    »Gut, mache ich«, antwortete Desiree.
    »Und Sie, Hanna …«
    » Du , bitte!«
    Siggi lächelte.
    »Danke. Und dich, Hanna, möchte ich bitten, morgen früh mit zu unserer Expertensitzung zu kommen!«
    Siggi wirkte sehr entschlossen, ging konzentriert zu Werke. »Hendrik, du musst versuchen, dich in Jens hineinzuversetzen, oder besser, dich in Goethe hineinzuversetzen, denn er denkt und handelt wie Goethe. Du musst also herausfinden, was Goethe in dieser Situation getan hätte!«
    »Ja, du hast recht. Er will sein wie Goethe, und fühlen wie Goethe. Ich glaube, er will sich quasi … mit ihm geistig vereinigen. Nur Goethe hat nie die Prinzipien der Menschlichkeit verlassen.«
    »Was meinst du damit?«
    »Goethe hat nie jemanden entführt!«

12. Mephistopheles spricht
     
    Hanna hatte mich überzeugt, nach Hause zu fahren, um in Ruhe nachdenken zu können. Sie wollte sich um John kümmern. Es war gegen 21 Uhr, als ich zurück in die Hegelstraße kam. In der Küche sah es immer noch verheerend aus. Zuerst holte ich meine kleine Digitalkamera, um das Chaos abzulichten und als warnendes Beispiel an die Küchenwand zu hängen. Dann ging ich hinunter zu Frau Semarak und bat sie um Rat bezüglich der Küchenreinigung. Als sie hörte, was mir passiert war, schlug sie die Hände über dem Kopf zusammen und kramte drei verschiedene Putzmittel heraus: eins für die Herdplatten, eins für die verchromten Oberflächen und eins für die Tischplatte. Sie war nicht nur gut mit Sekt bestückt, sondern auch mit Reinigungsmitteln. Ich bedankte mich mit einem Kuss auf ihre Wange. Sie stand gerührt in der Tür, als ich sie verließ.
    Nach einer Stunde mit Tina Turner auf voller Lautstärke und zwei Flaschen Ehringsdorfer Urbräu hatte ich die eingebrannten Nudeln endlich besiegt und die gesamte Küche auf Hochglanz gebracht. Ich öffnete alle Fenster und ließ die kühle

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