Goetheruh
Fall ja zum Glück gelöst!«
Ich war verwirrt. »Wie … was meinst du damit?«
Sie sah mich entgeistert an. »Ja, weißt du es etwa noch nicht?«
Damit holte sie die ›Thüringer Nachrichten‹ aus ihrer Handtasche und breitete sie auf dem Tisch aus. Eine riesige Schlagzeile leuchtete mir von der ersten Seite entgegen: ›Ehemaliger Referent des Oberbürgermeisters als Kunstdieb entlarvt! Hans Blume gesteht den Diebstahl von Kunstgegenständen aus dem Goethehaus in Weimar.‹
Mir blieb fast die Luft weg.
Hans Blume war der Täter?
›Geraubte Kunstgegenstände immer noch verschwunden!‹
Wo waren die Exponate?
›Oberbürgermeister vor Rücktritt?‹
War nun alles vorbei?
Ich konnte nicht weiterlesen. »Ich … das ist mir neu«, stammelte ich.
Hanna sah mich ungläubig an. »Wieso das denn? Haben sie dich nicht informiert?«
»Doch, doch, aber …« Ich war ratlos. Angesichts unserer gerade überstandenen Auseinandersetzung konnte ich meinem inneren Ruf nach einem Telefonat mit Siggi zunächst widerstehen.
»Eigentlich müsste ich jetzt Siggi anrufen …«, versuchte ich es zaghaft.
»Ich weiß, aber entspann dich doch bitte erst mal und lass uns die Pizza essen, so lange passiert sowieso nichts.«
Da hatte sie allerdings recht. Die Pizza kam, doch meine Lieblingskombination mit Salami, Sardellen und Peperoni schmeckte heute irgendwie fad, was wahrscheinlich an mir lag. Ich grübelte, und Hanna ließ mich in Ruhe meinen Gedanken nachgehen. Wollten die Kollegen mich aus dem Fall herausdrängen? Nein, das konnte nicht sein. War das wieder so eine illegale Aktion von Sandro Scherer?
»Nachdem, was du mir von diesem Blume erzählt hast, ist das ein ganz krummer Typ, ich wette, der hat da irgendwas gedreht«, mutmaßte Hanna.
»Irgendwas gedreht? Was meinst du damit?«
»Keine Ahnung. Vielleicht will er sich rächen, oder sich selbst in den Vordergrund spielen.«
»Weibliche Intuition?«
»Ja«, antwortete sie selbstbewusst.
Ich griff zum Handy.
Aber Hanna legte mir ihre Hand auf den Arm. »Weißt du was, solche Sachen klären sich doch besser persönlich, lass uns zu Siggi fahren. Ich komme mit.«
Es war eine dieser Situationen, in denen eine Frau einen Mann fast unmerklich steuert. Als wir in Siggis Büro eintraten, saßen Hermann und Benno bei ihm. Hanna begrüßte Benno herzlich.
»Das ist Hauptkommissar Siegfried Dorst«, stellte ich vor, »und das ist Kommissar Hermann!«
Beide erhoben sich höflich und begrüßten sie.
»Das ist Hanna Büchler, eine … gute Freundin, sie hat mir schon einige Denkanstöße gegeben, unseren Fall betreffend. Ich hoffe, ihr habt nichts dagegen, dass ich sie mitgebracht habe.«
»Hallo, Hanna, nett Sie kennenzulernen«, antwortete Siggi, »wir können jeden Hinweis brauchen. Allerdings ist der Fall inzwischen so gut wie gelöst!« Seine Stimme klang triumphierend.
»Ich hab’s gelesen«, sagte ich, »aber warum habt ihr mich nicht gleich angerufen?«
»Wieso gleich angerufen, wir wissen es selbst erst seit zehn Minuten, eben hat Blume alles gestanden!«
Ich zog die Zeitung aus Hannas Handtasche. »Und wieso steht es dann seit heute früh in der Zeitung?«
Siggi lief so rot an, als sei sein Blutdruck auf 200 angestiegen.
»Dieses Schwein! Der hatte das alles so geplant. Erst sagt er gar nichts, hält uns hin, dann gibt er die komplette Information an die Presse und erst danach gesteht er alles. Das ist ein ganz übler, arroganter Selbstdarsteller!«
»Er hat das Ganze also nur inszeniert, um sich ins Rampenlicht zu rücken?«, fragte Hanna.
»Aber Hallo!«, knurrte Siggi.
»Das würde dem Typ ähnlich sehen«, meinte Benno.
Ich schüttelte ungläubig den Kopf. »Und ihr seid wirklich sicher, dass er der Täter ist?«
»Er hat fast alle Details gestanden«, erzählte Kommissar Hermann, »er kennt jeden Raum des Goethemuseums und alle Kunstwerke. Er hat sie verkauft und hat angeblich keine Ahnung, wo sie jetzt sind!«
Ich sah Hanna an. »Mir ist schlecht.«
»Mir auch.«
»Wo ist der Psychologe?«, wollte ich wissen.
»Er spricht mit Blume in der Hoffnung, noch etwas herauszubekommen …«
»Und, gibt es irgendwelche Hinweise, an wen er die Exponate verkauft hat?«
»Ja, er hat drei Namen genannt, einer ist dieser Tscherbo in Dresden, die anderen überprüfen wir derzeit.«
»Aber dieser Tscherbo ist doch ein Fälscher und kein Händler, oder?«
»Ach, wissen Sie, das kann man in dieser Szene nicht so klar unterscheiden.« Hermann
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