Goetheruh
Problem.«
Seine Augen öffneten sich weit. »Ja, ja … ein Problem.«
»Möchtest du darüber reden?«
»Ach … ich weiß nicht. Ist wirklich nicht so wichtig …«
Ich ließ ihm einen Moment Zeit. »Wir können auch später darüber sprechen.«
»Ja, nein – es ist wegen … Jens.«
»Aha, was ist denn mit ihm?«
»Er ist … im Krankenhaus.«
»Oh, das tut mir leid, hoffentlich nichts Schlimmes?«
»Also ja, doch, irgendwie schon, er ist seit zwei Jahren … und darf nur manchmal nach Hause, es ist nicht …«
Ich wartete einen Moment, um zu sehen, ob er über die Erkrankung seines Sohnes sprechen wollte, aber offensichtlich wollte er nicht.
»Das tut mir leid. Sag ihm gute Besserung!«
Er bedankte sich und sah mich unsicher an. Ich hatte den Eindruck, als wollte er mir noch etwas sagen, doch es kam nicht über seine Lippen.
»Ich hoffe, Anna kommt damit zurecht«, sagte ich etwas unbeholfen, nur um eine Gesprächsbrücke zu bauen.
»Ach, weißt du, ich liebe Anna sehr, aber mit ihrem esoterischen Getue … Jens ist sowieso recht labil und lässt sich sehr stark von ihr …« Er zögerte.
»Beeinflussen?«
Er nickte.
»Ach ja, ich erinnere mich, die Reinkarnation.«
»Ja genau, das ist für sie sehr … na ja, ich kann das einfach nicht nachvollziehen.«
»Ich auch nicht, Felix, aber ich denke, das ist eine philosophische Frage. Wenn Sie damit gut durchs Leben kommt, solltest du es besser akzeptieren.«
»Ja, ja, da hast du recht. Nur … wenn man sich ihre abstrusen Theorien anhören muss, den ganzen Tag lang, dann … «
Er fuhr sich mit der Hand durch die wirren Haare.
»Ich verstehe.«
Wir standen noch immer auf dem Parkplatz neben meinem Auto.
»Ich will dich nicht drängen, Felix, aber falls du irgendwann mal Hilfe brauchst, dann ruf bitte an!«
Scheu lächelte er mich an. »Danke, Hendrik!«
»Sollen wir reingehen? Oder willst du lieber wieder nach Hause?«
»Nein, bloß nicht, ich hab mich sehr auf das Literaturtreffen gefreut.«
Ich gab ihm einen Klaps auf die Schulter. »Na, dann los!«
Wahrscheinlich war ich mit meinen Gedanken schon so sehr beim Literaturkreis, dass ich das Wichtigste aus diesem Gespräch nicht mitbekam. Denn das Wichtige stand – wie oft – zwischen den Zeilen.
Cindy konnte ihre Neugier gerade noch zügeln, bis alle ein Getränk vor sich stehen hatten, doch dann brach es aus ihr heraus. »Was denkt ihr eigentlich von diesem Diebstahl im Goethehaus?«
Benno und ich wurden völlig überrumpelt. Natürlich hatten wir damit gerechnet, dass dieses Thema heute Abend zur Sprache kommen würde, doch Benno wollte zunächst die übliche Diskussion abwarten und dann von sich aus etwas dazu sagen. Nun ja, schließlich waren wir nur ein bescheidener Literaturkreis, der sich montags in der ›Brasserie Central‹ traf und nicht freitags im ›Wittumspalais‹. Wahrscheinlich ahnte Cindy, dass ich etwas von der Raubserie wusste, denn nun stand fest, dass der Sterbeschemel gestohlen und nicht zur Reparatur gebracht worden war. Sie hatte darüber bisher nicht gesprochen, doch nun musste es einfach aus ihr heraus.
Nach einer kurzen Erklärung von Benno entstand erwartungsgemäß eine rege bis hitzige Debatte. Jeder wollte Einzelheiten wissen, Details der Ermittlungen erfahren, schließlich sei der Literaturkreis besonders betroffen, einige wollten sofort auf eigene Faust den Dieb suchen und die wertvollen Gegenstände retten. Benno hatte alle Hände voll zu tun, um klarzumachen, dass er keine Ermittlungsergebnisse preisgeben durfte. Auch nicht seinen Freunden vom Literaturkreis. Ich half ihm dabei, wir blieben diskret aber standhaft. Es war insgesamt rührend, wie sich jeder Sorgen machte und seine Hilfe anbot.
Benno brach die Diskussion nach einer knappen Stunde ab, er war müde, und ich konnte das verstehen. Nachdem sich endlich alle beruhigt hatten und auf dem Heimweg waren, standen Benno, Sophie und ich draußen auf dem Rollplatz um uns zu verabschieden.
»Meine Güte, war das ein verrückter Tag«, stöhnte Benno, »ich kann einfach nicht abschalten, lasst uns irgendwo etwas essen gehen, ich hab einen Riesenhunger.«
Sophie hob die Schultern nach dem Motto ›Ich mach alles mit‹.
»Im Prinzip gerne«, antwortete ich, »aber …«
»Was aber?«
»Nun ja …«
»Bist du verabredet?«, fragte Sophie.
Ich grinste. »Ja, du alles ahnende Frau!«
Sie lachte. »Hanna?«
»Ja …« Ich wurde leicht verlegen.
»Dann grüß sie schön!«
»Ich
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