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Goetheruh

Goetheruh

Titel: Goetheruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Koestering
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fügte einige Informationen hinzu, die ich von Desiree bekommen hatte, und versuchte die Puzzleteile gedanklich zusammenzusetzen. In meinem Kopf braute sich ein schweres Gewitter zusammen, ein Szenario entstand, das die übelsten Folgen vermuten ließ. Ich war derart davon eingenommen, dass ich das Klingeln an der Tür fast überhört hätte. Beinahe widerstrebend öffnete ich, obwohl ich hätte wissen müssen, dass es nur Hanna sein konnte.
    »Hallo«, sagte sie leicht süffisant, »ich kenne einen guten Ohrenarzt.«
    Ich lachte. »Danke für das Angebot, aber das müsste dann schon ein Gehirnarzt sein.«
    »Wieso?«
    »Kein Grund zur Besorgnis«, versicherte ich, »es lag nur daran, dass mein Gehirn dermaßen von den Gedanken unseres Falls okkupiert war, dass es keine Kapazitäten mehr fürs Hören freisetzen konnte.«
    »Na, das ist aber nicht mehr als die wissenschaftliche Beschreibung einer typischen Eigenschaft, die dem männlichen Gehirn zugeschrieben werden kann!«
    »Nämlich?«
    »Dass Männer weniger als Frauen dazu in der Lage sind, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun, sozusagen eine relativ verminderte Multitasking-Fähigkeit.«
    Ich legte meine Stirn in Falten. »Ach ja, ist das so?«
    »Ja!« Sie lächelte liebreizend und leicht provokant. »Schaffst du es trotzdem, mir einen Espresso zu machen, während du mit mir redest?«
    »Nein, leider nicht …«
    »Das wäre jetzt aber von großem Nutzen!«
    »Da bin ich ganz sicher, aber ich habe keine saubere Espressotasse mehr.«
    Sie warf einen fachkundigen Blick auf die Spülmaschine. »Und was ist damit, die ist doch fertig, oder?«
    »Ja, fertig schon, aber ohne Espressotassen.« Ich zeigte auf den Wohnzimmertisch mit der kompletten Galerie meiner Tassen.
    Sie schüttelte den Kopf. »Typisch Mann!«
    »Da wäre ich vorsichtig. Vielleicht eher typisch Hendrik.«
    Sie lächelte. »Gut – akzeptiert!«
    Wir sahen uns beide in die Augen mit einer Mischung aus verbaler Streitlust und gegenseitiger Zuneigung. Eine große Portion Humor, den Willen zur Achtung und Respekt vor dem jeweilig anderem. Alles zusammen waren das die idealen Voraussetzungen für eine gut funktionierende Partnerschaft. Jedoch, was mir in diesem Moment wichtiger erschien, war die Tatsache, dass ich sie am liebsten sofort geküsst hätte.
    Sie sah mich mit ihren großen blauen Augen an. Ich ging langsam auf sie zu. Sie wich nicht zurück.
    Da erklang plötzlich eine grelle Kinderstimme: »Jetzt siehst du aber wieder besser aus!«
    Die Tochter von Müllers aus dem zweiten Stock stand in der Diele. Wir hatten vergessen, die Wohnungstür zu schließen. Eine enorme Wut kam in mir auf.
    Ich ging auf das Kind zu: »Sag mal, haben deine Eltern dich nie gebeten, von zu Hause wegzulaufen?«
    »Nö, das mach ich schon dann, wenn es mir passt!« In der Tat ein aufgewecktes Kind. Ich beförderte sie nach draußen und schlug die Tür zu.
    »Nur Geduld, Hendrik«, flüsterte Hanna, »die Vorfreude ist fast so schön wie die Freude!«
    Hatte ich das nicht schon einmal gehört? »Wie meinst du das?«
    »Die Vorfreude aufs Kino natürlich. Welche Filme gibt’s heute überhaupt?«
    Ich holte die Zeitung und blätterte eine Weile darin herum. Meine Begeisterung hielt sich in Grenzen. »Terminator fünf …«
    Hanna schüttelte den Kopf.
    »Der Kettensägenmörder vom Rennsteig?«
    Hanna schlug sich mit der Hand vor die Stirn.
    »Eis am Stil – Folge 22 …«
    Eine kurze abwehrende Geste genügte.
    »Schloss Gripsholm?«
    Sie wiegte den Kopf nachdenklich hin und her. »Nicht schlecht …«
    Ich zog hörbar die Luft ein. »Das ist doch die Geschichte von Tucholsky, oder?«
    »Ja, genau.«
    »Tut mir leid, Hanna, ich musste mich in letzter Zeit zu viel mit dem Thema Selbstmord beschäftigen, deswegen möchte ich zu Tucholsky heute abend lieber Abstand halten.«
      »Was machen wir dann?«
    Ich überlegte. Meine Hormone schienen durchaus in Wallung zu sein. »Wie wär’s mit einem gemütlichen Abend zu Hause?«
    »Bei mir oder bei dir?«
    »Bei mir?«
    »So etwas kann aber gefährlich werden …«
    »Ach, mein persönliches Gefahrenpotenzial ist recht niedrig!«
    »Davon musst du mich aber erst überzeugen!«
    »Gern, wie wär’s mit einer Flasche Rotkäppchen, trocken?«
    »Hmm, das wäre ein Anfang …«
    »Du siehst umwerfend aus!«
    »Danke!«
    »Leider muss ich dich für ein paar Minuten verlassen.«
    »Wieso? Bist du meiner schon überdrüssig geworden?«
    »Nein, nein, der böse Wolf muss nur das

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