Götter der Lust
auch kein Wunder», meinte Lucy verständnisvoll. «Verzeih mir bitte, aber dein Mann gilt ja auch als ziemlicher Schwerenöter. Wusstest du, dass er hinter meiner Stieftochter her war?»
Abby nickte. «Das hat mich auch nicht gerade begeistert, aber so sind sie nun mal, die Männer … Natürlich versuchen sie, eine möglichst gute Partie zu machen. Aber Myles hat eben nicht damit gerechnet, dass er sich verlieben könnte.» Sie musste unwillkürlich grinsen. Wenn dem nur so wäre!
«Du wahrscheinlich auch nicht, oder?»
Abby hob nur die Schultern.
«Du scheinst mir eine sehr vernünftige Frau zu sein, eine, von der man nicht erwarten würde, dass sie sich von einem Abenteurer wie Hardy angezogen fühlt. Vor allem in Anbetracht deiner recht entschiedenen Ansichten bezüglich männlicher Schwächen.»
«Danke für das Kompliment», erwiderte Abby grinsend und streckte ihr die Hand hin. «Dann wollen wir also echte Freundinnen sein?»
Lucys dünnes, aber aufrechtes Lächeln gab ihr Hoffnung. «Freundinnen.» Sie nahm Abbys Hand nicht, sondern betrachtete den Tempel um sie herum. «Auch wenn ich wünschte, es wäre anders. Das hier war womöglich einmal der perfekte Ort für Schäferstündchen.»
Abby konnte dem nicht widersprechen. «Ein paar Decken, um den Boden bequemer zu machen, und dann noch ein paar Kissen … der Ort hat zweifellos eine gewisse Ausstrahlung.»
«Jetzt muss ich nur noch jemanden finden, mit dem gemeinsam ich ihn genießen kann.»
«Und was ist mit Eurem Mann?» Die männliche Stimme ließ sie beide erschrocken auffahren. Myles lehnte freundlich lächelnd an einer mit Efeu berankten Säule. «Ihr Damen wart ganz schön schwer zu finden.»
«Und Ihr könnt Euch wohl gar nicht vorstellen, dass das beabsichtigt war?», fragte Lucy mit eisigem Tonfall.
Schon ein kurzer Blick genügte Abby, um zu erkennen, dass Lucy keinen Mann in ihrem Heiligtum haben wollte. «Das hier ist nur für Mädels, Myles. Der Tempel ist Diana gewidmet, Artemis. Jungs haben hier nichts zu suchen.»
Er lächelte. «Ich bitte um Vergebung, Euer Gnaden.» Er verbeugte sich vor Lucy. «Manchmal habe ich das Gefühl, meine Gemahlin ist immer noch mehr ein Mädchen als eine erwachsene Frau.»
Abby wollte ihm schon eine passende Antwort an den Kopf werfen, aber ihr fiel nichts ein. Sie würde ihn schon noch kriegen. Mit einem mitfühlenden Blick auf Lucy schlug sie stattdessen vor: «Wollen wir nicht lieber zurück zum Haus? Ich habe ein großes Loch in den Mantel gerissen. Vielleicht könntest du mir helfen, ihn zu flicken?»
Lucy wurde wieder munter. «Das überlassen wir einer Dienstmagd. Ich hätte daran denken sollen, dir eine von meinen Angestellten zu überlassen. Ich habe da ein Mädchen, das als Zofe bestens geeignet wäre.»
Abby ging lächelnd zu Myles hinüber. «Dann sollte man der Kleinen doch die Chance geben, nicht wahr?»
«Braves Mädchen.» Myles hakte sich bei ihr ein und streckte Lucy die Hand hin. «Es wäre mir eine Ehre, Euch begleiten zu dürfen, Euer Gnaden.»
Lucy akzeptierte seine Hand, aber Abby entzog sich ihm und legte Lucy einen Arm um die Schulter. «Mr. Hardy, ich denke, wir gehen besser voraus.»
Sie spürte, wie Lucy sich an sie lehnte, als sie den Tempel verließen und den Efeu beiseiteschoben. Dann machten sie sich auf den Rückweg zum Haus.
Nachdem sie wieder beim Haus angelangt waren, nahm Myles sie beiseite. «Wir müssen zurück», flüsterte er ihr zu.
Abby warf ihm einen neugierigen Blick zu. «Wohin zurück?»
Er zog sie aus dem Korridor in einen der Salons, vergewisserte sich, dass niemand in der Nähe war und flüsterte: «Zurück zum Tempel.»
Abby riss die Augen auf. «Die Diana-Statue? Aber die ist riesig! Wie willst du die da wegschaffen?»
Myles schüttelte den Kopf. «Nein, die Statue ist eine Fälschung. Das ist kein Diana-, sondern ein Dionysos-Tempel. Und dort werden wir die Statue finden.»
«Und was ist mit dem Keller?»
«Unter dem Tempel. Er muss da sein.» Sein Grinsen wurde noch breiter. «Wir gehen heute Nacht dorthin zurück.»
Kapitel 11
Als es so weit war, beäugte Abby skeptisch die flackernden Fackeln. «Werden sie die vom Haus aus nicht sehen?»
Myles schüttelte den Kopf. «Falls überhaupt noch jemand wach ist, können sie uns aus diesem Blickwinkel nicht sehen, weil diese schöne Baumreihe ihnen die Sicht versperrt. Du müsstest dich doch eigentlich freuen; jetzt fällst du nicht mehr so oft hin.»
«Tut mir leid.» Abby
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