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Götter der Nacht

Titel: Götter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Grimbert
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bewegte, die angespannt und reglos dalag.
    Seit Sombre zum Leben erwacht war, hatte sich seine Persönlichkeit etwas anders entwickelt, als Saat es vorgesehen hatte. Er war wie ein Junge, der gegen seine Eltern aufbegehrte. Aber in letzter Zeit war er auch stärker und klüger
geworden, und er blieb ihren gemeinsamen Plänen und ihrer Freundschaft treu. Alles andere war unwichtig.
    Während er das verkrampfte Gesicht der wallattischen Königin in der Dunkelheit betrachtete, dachte Saat, wie ahnungslos die Menschen um ihn herum doch waren, selbst jene, die ihm am nächsten standen. Sie wussten nichts von seinen wahren Absichten. Nichts von ihrer eigenen Macht. Von ihrem Erbe.
    Chebree würde vermutlich nie erfahren, warum er ausgerechnet mit ihr einen Sohn zeugen wollte.
     
     
     
    Selbstverständlich wollte keiner schlafen gehen, während Lana das Tagebuch entschlüsselte. Ihre ungewisse Zukunft, der Ritt durch Feindesland und Maz Achems Enthüllungen beschäftigten sie viel zu sehr.
    Um sich die Zeit zu vertreiben, machten sich Grigán und Bowbaq daran, die Pferde zu striegeln. Da Yan Corenn wieder einmal in ein Gespräch über Magie verwickelt hatte, beschloss Léti, Grigán und Bowbaq zur Hand zu gehen, und Rey sah ihnen zu, ohne seine Hilfe anzubieten. Wie so oft sprachen sie über die Kampfeskunst.
    »Dein Gegner zielt meistens auf die Stelle deines Körpers, die sein eigener Schwachpunkt ist«, erklärte Grigán seiner Schülerin. »Wenn er deine Beine angreift, greife seine an. Wenn er es auf deinen linken Arm abgesehen hat, konzentriere dich auf seinen linken Arm.«
    »Jetzt verstehe ich, warum Ihr immer auf den Kopf Eures Gegners zielt«, scherzte Rey. »Das ist wohl eindeutig Euer Schwachpunkt!«
    »Soll ich Euch zeigen, wo mein Schwachpunkt liegt?«, fauchte der Krieger.

    »Jetzt bedroht er mich auch noch!«, rief Rey mit gespielter Furcht. »Auf der Heiligen Insel der Guori gefielt Ihr mir besser. Dort waren wir per du, erinnerst du dich, Grigán?«
    »Ein kurzer Moment geistiger Umnachtung, werter Herr von Kercyan. Wird nicht wieder vorkommen.«
    Bowbaq war zu unruhig, um sich von dem Wortgefecht seiner Freunde ablenken zu lassen, und so legte er den Striegel bald zur Seite und gesellte sich zu Yan und Corenn. Bei ihrem Gespräch konnte er wenigstens mitreden. So könnte er hoffentlich für einen kurzen Augenblick vergessen, dass er seit Monden keine Nachricht von seiner Frau und seinen Kindern hatte, die er Tausende Meilen entfernt in Arkarien zurückgelassen hatte.
    »Wenn du die Kraft aus etwas anderem als dir selbst schöpfst, kannst du der Reglosigkeit entgehen«, erklärte Corenn Yan. »Aber halte dir immer die Gefahr vor Augen: Das Ausmaß an Kraft, das dir zur Verfügung steht, hat schon so manchen zum Größenwahn verleitet. Und sie ist nicht unendlich. Irgendwann zerbricht das, woraus du die Kraft schöpfst, und es entsteht ein Sog, der dir alle Kraft raubt. In diesem Fall verfällst du in die Starre.«
    »Ich verstehe«, sagte Yan und ging die Lektion in Gedanken noch einmal durch.
    Im Prinzip war es nicht schwer, die nötige Kraft aus der Umgebung zu schöpfen. Man musste sich nur auf einen Gegenstand seiner Wahl konzentrieren, dem man die Kraft entziehen wollte. Dann ließ man diese anschwellen und schleuderte seinen Willen auf das Ziel. Die entfesselte Kraft wirkte auf einen der vier Bestandteile ein: Erde, Wasser, Wind oder Feuer. Die Schwierigkeit lag nicht in dem Akt selbst, sondern in der Abfolge der einzelnen Schritte.
Wenn auch nur die geringste Kleinigkeit schieflief, konnte das den Magier das Leben kosten.
    »Eins möchte ich dir noch mit auf den Weg geben«, fuhr Corenn fort. »Manche berühmten Magier hatten die Angewohnheit, die Kraft immer aus demselben Gegenstand zu schöpfen, den sie stets bei sich trugen. Mit Vorliebe wählten sie Kristalle: Saphire, Smaragde, Rubine und natürlich Diamanten. Selbst ein Korn Steinsalz hat verblüffende Eigenschaften.«
    Yan nickte. Edelsteine bargen in der Tat außergewöhnliche Kräfte. Das hatte er festgestellt, als er das Stück Pergament in Létis Opal eingeschlossen hatte. Außerdem war man mit einem Gegenstand, mit dem man regelmäßig übte, bestens vertraut, was die Konzentration erleichterte. Die Idee, sich einen Edelstein als Kraftquelle zuzulegen, war gar nicht schlecht. Yan nahm sich vor, bei Gelegenheit nach einem Feuerstein zu suchen.
    »Ich habe eine Frage. Was ist, wenn ich die Kraft aus dem Gegenstand schöpfe, sie dann

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