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Götterdämmerung

Götterdämmerung

Titel: Götterdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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vorherigen Formen.›
    ‹Von den immer größeren Nebenwirkungen ganz zu schweigen›, fiel ein anderer ein. ‹Die sind zwischenzeitlich weltweit die vierthäufigste Todesursache. Im Fall AIDS liegt der Prozentsatz garantiert noch höher, aber du wirst mit Sicherheit keinen Arzt finden, der zugibt, sein Patient sei an der Behandlung gestorben.›
    ‹Warum kommen die Ärzte damit durch?›
    ‹Anwälte und Verbraucherschutzorganisationen sind weitaus erfolgreicher mit Sammelklagen gegen die Pharmaindustrie; bei einzelnen Ärzten lassen sich keine wirklich hohen Summen herausholen, die eine Spitzenanwaltskanzlei mobilisieren würden.›
    ‹Aber wenn diese neuen Medikamente keine positiven Auswirkungen hätten, dann wären sie doch nicht auf dem Markt.›
    ‹Kommt drauf an, von welchem Markt du sprichst›, gab Galen zurück. ‹Wenn ein Mensch in Afrika mit erhöhter Temperatur herumläuft, dann kann er Malaria, Tuberkulose, eine ganz normale Magen-Darm-Infektion oder eben AIDS haben. Behandelt man aber einen Malaria-Kranken mit AIDS-Mitteln, dann stirbt er. Andererseits ist aber Afrika ideal, um auf Risiko zu setzen und im Zweifelsfall auf AIDS zu behandeln, wenn man neue Medikamente ausprobieren will. Schließlich können sich die armen Hunde da unten nicht beklagen.›
    Etwas erwachte in Neil, das nichts mehr mit ungeformten Befürchtungen über eine mögliche eigene Infektion zu tun hatte: Sein journalistischer Instinkt regte sich.
    ‹Sprichst du aus eigener Erfahrung?›, tippte er. Doch Galen rührte sich nicht mehr. Dafür sprang ein anderer ein.
    ‹Irgendwo muss man seinen Frust ja loswerden. Ist dir schon mal eine Mutter von drei kleinen Kindern unter den Händen weggestorben?›
    Neil spürte ein anderes Echo in sich, das sich den Flügelschlägen des Vogels Angst beigesellte. Es war das erste ungewisse Anklopfen einer Idee, die sich in ihm festhakte, während er sich wieder an Ted erinnerte. Als es Morgen wurde, war er immer noch wach.
    Er hatte sich von Ted die Adresse seiner Schwester geben lassen und rief bei ihr an. Die Stimme der Frau klang verweint und misstrauisch.
    »Wer sind Sie? Warum fragen Sie nach Ted?«
    »Neil LaHaye«, wiederholte er geduldig. »Ein alter Bekannter vom College.«
    Sie schwieg.
    »Ted ist also nicht bei Ihnen angekommen?«, fragte Neil. Vermutlich hatte Ted irgendwo zwischen Boston und Iowa den Bus verlassen.
    »Nein, ist er nicht«, erwiderte Ted Sandimans Schwester, an die er sich beim besten Willen nicht erinnern konnte, obwohl sie bestimmt wie alle anderen Familienangehörigen des Teams zu den Spielen aufgetaucht war. »Man hat ihn tot in einem Bus gefunden, Mr. LaHaye.«
     
    ‹Betreff: Neue Idee
    Absender: [email protected]
    Empfänger: [email protected]
     
    Hi Neil,
    der Sturm um dein Buch über die Taliban-Gefangenen in Camp Delta scheint sich inzwischen gelegt zu haben. Ich bekam einen Anruf von einem Buchladen in Los Angeles, der dich tatsächlich für eine Veranstaltung haben will. Zugegebenermaßen für eine Doppelveranstaltung mit irgend so einem Pakistani, und es ist ein ethnischer Verein… was mich zum eigentlichen Thema meines Schreibens bringt.
    Neil, wir müssen unbedingt etwas tun, um dein Image aufzubessern. Nach den Briefen zu urteilen, die hier bei mir und bei deinem Verlag eintreffen (und glaub mir, die schlimmsten haben wir nie an dich weitergeleitet), hält dich die Mehrzahl deiner alten Leser inzwischen für einen verbitterten Besserwisser, dem die nächste Sensation wichtiger ist als die Not seines Landes und der in seiner abgeschirmten elitären Welt Harvard seine nächste Nörgelei vorbereitet. Wir befinden uns immer noch im Krieg, Neil, und das wahrscheinlich noch sehr lange. Falls du beabsichtigst, als Nächstes herauszufinden, dass der Verteidigungsminister in seiner Jugend ein Anhänger des Ku-Klux-Klans war und/oder höchstpersönlich die Mississippi-Morde begangen hat, vergiss es. Um es noch klarer auszudrücken: Ein weiteres Projekt, das auf irgendeine Weise als unpatriotisch interpretiert werden könnte, und wir sind geschiedene Leute!
    Zeit für einen neuen Anfang, alter Junge. Einen mit Bravour. Du kannst mir nicht erzählen, dass du dich mit deinen Studenten nicht zu Tode langweilst. Wir brauchen wieder ein Buch von dir, etwas, das die letzte Katastrophe vergessen macht. Mit einem ganz und gar unpolitischen Stoff, der alle Leute interessiert und betroffen macht…
    Chuck›
     
    ‹Betreff: AW: Neue

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