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Götterdämmerung

Götterdämmerung

Titel: Götterdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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glücklich, und da keine unerwünschten Zeugen anwesend waren, sah er keinen Grund dazu, dies zu verbergen. Verglichen mit dem glimmenden Zorn, der von dem Minister eingesetzt wurde wie eine Peitsche, verblich seine Unzufriedenheit jedoch zur bloßen Laune.
    »Was zum Teufel ist da schiefgelaufen?«, stieß das Ass hervor und wehrte erbittert ab, als ihm Mr. President nachschenken wollte. »Da sind wir nun endlich die Kontrolle durch die Weichlinge aus dem Kongress los und müssen diese Heinis nicht mehr wegen jedes Fliegenschisses um Erlaubnis fragen, und dann kommen zwei Zivilisten und spielen mit uns Steve McQueen. Der Schriftverkehr wurde überwacht, die Telefone abgehört, und trotzdem wissen wir bis heute nicht, was die haben - West, was zum Kuckuck brauchten Sie denn noch?«
    Nicks Vorgesetzter verzog keine Miene, sondern blickte starr geradeaus. Da es Nicks Operation gewesen war, wusste er nicht, ob er nicht anstelle des Colonels antworten sollte, doch die Frage war an West gerichtet gewesen, und das Ass war unerbittlich, was die Einhaltung der Befehlshierarchie anging. Über den zwanglosen Umgang innerhalb der früheren Administration und ihr Unvermögen, Sinn für das Militär und seine Formen zu entwickeln, konnte sich der Minister noch heute ereifern, genauso wie über die dringende Notwendigkeit, auch die CIA und das FBI vor lästigen Rechenschaftsberichten an die Adresse des Kongresses zu retten. Nervös befeuchtete Nick seine Lippen; als der Colonel endlich das Wort ergriff, gestattete er sich ein erleichtertes Ausatmen.
    »Sir, bis zu dem Moment, wo sich herausstellte, dass er unser Handy in einem anderen Boot platziert hatte, konnten wir davon ausgehen, dass er keinen Verdacht geschöpft hatte. Danach gab es keine Abstimmung zwischen den beiden über ein für uns verwertbares Medium mehr. Das Auftauchen der Frau bei der Beerdigung erfolgte ohne jede vorherige Vereinbarung, das kann ich beschwören.«
    Der Mann an Armstrongs linker Seite, den Nick mit seinem Bäuchlein, der zusammengesackten Körperhaltung und der teuren Armani-Weste als einen weiteren Großunternehmer in diesem Kreis einordnete, der nie eine Kaserne von innen gesehen haben konnte, mischte sich ein.
    »Was weiß man überhaupt, hat die Frau irgendwelche Beweise mitnehmen können? Mir wurde versichert«, nervös glitten seine Augen von dem Ass zu West und zurück zu Armstrong, »dass Unterlagen über unsere Verbindung mit äußerster Diskretion behandelt werden.«
    »West?«, hakte das Ass nach, immer noch ein Donnergrollen in der Stimme.
    »Nein, Sir. Die Frau ist eine Spitzenkraft im Computerbereich. Sie hat Programme installieren können, die unentdeckt blieben, bis Spezialisten der NSA sämtliche laborinternen Computer überprüften, aber eine Indiskretion konnte weder endgültig nachgewiesen noch für unmöglich befunden werden. Wenn Livion uns früher hinzugezogen hätte«, setzte er hinzu, ohne in Mr. Presidents Richtung zu schauen, »wäre die Sachlage klarer, aber man zog es ja vor, den Journalisten laufen zu lassen und seinen Sohn zu eliminieren, statt umgekehrt.«
    Nick hatte nie darüber nachgedacht, wie sehr der Colonel es hassen musste, sich einem Zivilisten wie Armstrong unterzuordnen; für West war dieser letzte Seitenhieb ein außergewöhnlicher Gefühlsausbruch. Mr. President holte empört Luft.
    »Derartige Anweisungen sind von unserer Seite nie erteilt worden«, erklärte er hart. »Im Übrigen haben sich meine Sicherheitsleute immer mit dem Personal abgestimmt, das uns Colonel West zur Verfügung stellte. Zweifel am System wurden dabei nie geäußert.« Seine Mundwinkel verzogen sich, doch dem Ausdruck der Augen fehlte jede Heiterkeit. »Da die Störsender hier an Bord, die uns selbst vor Indiskretionen schützen, die gleichen sind wie die in meinem Büro und in dem meiner führenden Wissenschaftler, können Sie sehen, welches Vertrauen ich in das Material habe, das mir Colonel West zur Verfügung stellt.«
    Er trank einen Schluck, und Nick wurde bewusst, dass ihm und dem Colonel im Gegensatz zu den übrigen Anwesenden keine Getränke angeboten worden waren.
    »Wenn hier jemand Grund zur Klage hat«, fuhr Mr. President fort, »dann doch wohl ich. Der Börsenwert von Livion ist um siebenundzwanzig Prozent gefallen, seit diese Affäre begann. Es geht um Milliarden, meine Herren, keine Peanuts. Und das verdanken wir nur diesem Drecksschmierer. Gut, der kann jetzt keinen Furz mehr lassen, ohne dass jeder ›Lügner‹

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