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Götterdämmerung

Götterdämmerung

Titel: Götterdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Botschaft. Seinen Bluff. Die Lage änderte sich.
    Schluss mit dem vagen Verdacht; jetzt waren sie sich sicher, dass Beatrice mir Material übergeben hat, und sie wollen es wiederhaben. Aber Material worüber? Ich habe alle meine Theorien veröffentlicht.
    »… ich meine, groß, dunkles Haar, um die vierzig, was für eine Beschreibung ist das? Man möchte meinen, mit all dem Hightech, die die haben, können die uns mehr liefern. Aber wenn du mich fragst, die wollen gar nicht, dass wir den Kerl in die Finger kriegen, die machen das nur, damit sie später sagen können, die örtlichen Kräfte sind ordnungsgemäß in den Einsatz mit einbezogen worden. Und dann steht so ein Typ hinter einem, als wär’s ein Roboter, und schaut einem bei jedem angehaltenen Wagen über die Schulter.«
    »Besser, als einem auf den Busen zu schielen«, konterte Charlene, wandte sich ab und steckte den Kopf in die Zwischentür zur Küche. »Ist der Karton für Les und Wallie bald fertig, Ernie? Die lassen sich hier sonst noch häuslich nieder!«
    »Gleich«, schallte es zurück, und Charlene seufzte.
    »Du bist hartherzig, Charlene«, sagte der Ältere. »So ein hübsches Gesicht und so barsche Worte. Sei doch etwas netter zu deinem Freund und Helfer…«
    Neil winkte ihr, und sie kam zu ihm.
    »Zahlen?«
    Er nickte und gab ihr das Geld für den Kaffee und das Stück Kirschkuchen. Als die Blicke der Polizisten, die Charlene gefolgt waren, ihn streiften, rülpste er laut. Es wirkte. Den Mienen der beiden nach zu schließen, waren sie nur daran interessiert, ihren Flirt mit der jungen Frau fortzusetzen, und nicht an dem Rüpel, den sie bediente.
    Als er draußen den CB-Funk wieder einschaltete, hörte er, dass die Trucker immer noch über die Staus und die Kontrollen fluchten, was das Zeug hielt. Nach einer Weile aufmerksamen Lauschens war er sicher, dass die Kontrollen sich im Wesentlichen auf die südliche Richtung konzentrierten.
    Er hatte sein Ziel niemandem verraten. Es gab zwei Möglichkeiten: entweder wussten sie, woher auch immer, dass Beatrice ihn in Miami wiedersehen wollte, oder man hatte sich die Mühe gemacht, ein psychologisches Profil von ihm zu erarbeiten, und die Schlussfolgerung gezogen, dass er nach Süden fliehen würde, nicht nach Kanada oder in den Westen. Der gesunde Menschenverstand verlangte eigentlich, die Vorstellung von Louisiana jetzt fallen zu lassen und ein anderes Ziel zu suchen. Aber war es nicht genau das, was sie von ihm vermuten würden, wenn ihnen erst einmal klar war, was er sich zusammengereimt hatte?
    »Jungs, ich habe gute Neuigkeiten. Die Staatsstraße 220 nach Süden ist noch frei«, sagte einer der Trucker und riss ihn aus seinen Grübeleien.
    Mach den übernächsten Schritt später, befahl er sich. Jetzt erst den ersten und zweiten Schritt. Die 220 war noch frei? Das passte nicht ins Bild. Er kauerte neben seiner Harley, hielt den Helm in den Händen und versenkte sich erneut in den Funkverkehr.
    »Häh? Frei? Seit wann?«
    »Bist du sicher?«
    »Mensch, das ist ja ein Glück!«
    »Leute, vergesst es. Das muss eben ein Schneemann gewesen sein. Ich war auf der 220, hab alles probiert, und es gibt kein Loch. Mensch, ich stehe hier immer noch und warte darauf, dass die mich endlich weiterfahren lassen.«
    Nach Westen, beschloss Neil. Bis zum Mississippi. Aber erst wieder nach Norden. Wenn ich erst aus diesem elenden Staat heraus bin, vielleicht ein paar Stunden Schlaf. Danach wird mir hoffentlich klar, warum Armstrongs Freunde gewillt sind, sich derart zu exponieren für jemanden, dessen Glaubwürdigkeit sie gerade mit großem Aufwand ruiniert haben.
    Ben, dachte er, Ben, wenn sie sich derart viel Mühe machen, dann kann ich sie auch noch treffen. Irgendwie kann ich es den Dreckskerlen, die dich auf dem Gewissen haben, heimzahlen. Ich muss nur noch herausfinden, wie.
     
    * * *
     
    Die Einladung auf die Yacht von James T. Armstrong war für Nick Ewing, den Mann, der Neil in Alaska verhört hatte, so etwas wie ein lang gehegter Traum. Die Begegnung mit einem seiner Helden, dem Verteidigungsminister, den der Colonel und Nick unter sich Das Ass getauft hatten, in Anspielung auf dessen an ein Kartenspiel erinnernden Namen, hatte er sich noch mehr gewünscht. Nun jedoch, da beide Wünsche sich an einem Tag erfüllten, fand Nick, dass selbst ein Einsatz in einem afghanischen Bergnest vorzuziehen gewesen wäre.
    Die Stimmung in dem kleinen Konferenzzimmer auf der Yacht war gereizt. Armstrong war nicht

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