besser fand.
Kokosnüsse waren keine dort in der Kokosnussgasse, aber dafür wuchtige, ausufernde Bäume mit Luftwurzeln, die den Boden erreichen, und zahlreiche Stützen, wie Tropfsteine sie in Tropfsteinhöhlen bilden. Bäume mit so dichtem Laubwerk, das nur grünliches Licht auf den Boden fällt. Ich habe so etwas seit meinen Flitterwochen auf Hawaii nicht mehr gesehen.
Lázaro Horta hat eine ähnlich hohe Meinung von Sanchez wie du. Seine Erklärung für den Rückzug aus der Öffentlichkeit klang mir allerdings nicht gerade sehr einleuchtend: Wenn er sich nicht in ominösen Andeutungen erging, sprach er von einer Ehekrise. Anscheinend hat Sanchez durchblicken lassen, dass ihm irgendeine Katastrophe bevorsteht, und L.H. interpretierte das als mögliche Scheidung. Was meinst du? Damit wir uns nicht missverstehen: Falls das Privatleben von Dr. Sanchez den Ausschlag gegeben haben sollte, dann ist das seine Sache, und ich werde mich dann vermutlich nach einer anderen Richtung für meine Story umschauen müssen. Auf den Regenbogenpressehund bin ich noch nicht gekommen. Aber ich habe meine Gründe für die Annahme, dass einen Ehekrisen nicht dazu bringen, für den Rest seiner Tage den Beruf hinzuwerfen oder etwas von »Wettläufen mit der Zeit« zu murmeln. Gib mir einen Hinweis, Sphinx.
Neil
PS An den alten Harding kann ich mich noch ganz dunkel aus dem Geschichtsunterricht erinnern, aber wer um alles in der Welt war Kate Rockwell?›
‹Betreff: AW: Sehenswertes
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[email protected] Empfänger:
[email protected] Neil,
ich wünschte nur, ich wäre in Miami und könnte mir all das selber anschauen.
Sphinxe dürfen keine klaren Auskünfte geben, sonst wären sie keine Sphinxe, nicht wahr? Aber ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass Mr. Horta mit seiner Ehekrisentheorie richtig lag. Soweit ich weiß, verlief die Ehe zwischen den Sanchez sehr glücklich. Vielleicht solltest du dich fragen, ob er seinen Beruf je hingeworfen hat.
Morgan
PS Kate Rockwell: Ehrlich gesagt, ich habe keine Ahnung.
PPS In Sachen Sanchez: Kennst du die Geschichte von Rumpelstilzchen?›
»Ist ja schön«, dröhnte Norton Hammings, der Dekan, als er Neil auf dem Weg von seinem Seminar zu einer schnellen Mahlzeit bei Bertucco abfing, »dass man Sie auch mal wieder hier sieht, wie Sie hier Ihren Beruf ausüben, LaHaye.«
Früher oder später war es unvermeidlich gewesen. Neil hatte sich bemüht, seine Interviews an den Wochenenden durchzuführen, aber nachdem ihm Morgan den Tipp in Sachen Bob Sarduy gegeben hatte, war es unvermeidlich gewesen, eine weitere seiner Vorlesungen abzusagen und den Aufenthalt in Miami zu verlängern. Im Grunde hatte er damit gerechnet, Hammings bald vor sich zu sehen, mit seinen üppigen Massen, die wirkten, als könnten sie jeden Morgen nur mühsam in einen Anzug gezwängt werden, und den misstrauischen kleinen Schweinsaugen. Er entschloss sich, es auf die aufrichtige Tour zu versuchen.
»Ich arbeite zurzeit an einem Buch«, entgegnete Neil, »in dem unsere Fakultät als großzügige Förderin von Autoren und Krönung aller Geisteswissenschaften deutlich und mehrfach erwähnt werden wird. Sämtliche reichen Väter, die jetzt noch schwanken, werden ihr Studiengeld willig locker machen, damit ihre Sprösslinge bei Ihnen Englisch und Politikwissenschaften studieren können. Seien wir ehrlich, Ted, deswegen haben Sie mich doch engagiert, oder?«
»Mmm. Das nutzt mir alles nichts, wenn genauso viele Väter von ihrem Nachwuchs darüber informiert werden, dass sie nichts lernen, weil der Herr Dozent nicht auftaucht. Noch dazu, wenn man von ihnen erwartet, ihrer Recherche nachzugehen und gleichzeitig ihre Vorlesungen nicht zu versäumen. So etwas nennt man Vorbildfunktion, mein Freund.«
Er gelobte Besserung und verbrachte wirklich den Rest des Tages damit, Paper über die Gattung Tatsachenroman zu korrigieren und über die offenbar im Schwinden begriffenen Kenntnisse der englischen Grammatik zu fluchen, ehe er sich einen Blick auf seine Pinwand gestattete. Dort hingen, in schöner Dreieinigkeit, eine 24.000 fach vergrößerte Aufnahme des HI-Virus, ein Jugendporträt von Dr. Victor Sanchez, das er aus dem TIME-Artikel von 1979 hatte, und eines der neuesten Fotos von James T. Armstrong, aufgenommen bei einer Gala in Washington. Er konnte sich gut vorstellen, was Matt zur Objektivität dieser Zusammenstellung sagen würde.
Aber ganz gleich, wie fair oder unfair sie sein