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Götterdämmerung

Götterdämmerung

Titel: Götterdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Schäden, die ein paar Monate Verzögerung während des Wartens bei der FDA einbringen, sehr ein. Leider gibt es aber Genehmigungen, die bei aller gebührenden Ehrfurcht vor dem Profit nicht so leicht erteilt werden können, ohne zum Beispiel die Wähler nervös zu machen.«
    Die ganze Unterhaltung erinnerte Neil daran, wie man im trüben Gewässer fischte. Nun kam es nur darauf an, dass Eddington anbiss. Der Analyst musterte ihn und trank etwas von seinem Sherry.
    »Ihre Frau arbeitet doch für Cunningham«, sagte er, nachdem er sich wieder die Kehle befeuchtet hatte. »Sagen Sie, ist etwas dran an dem Gerücht, dass die Stammzellendirektiven durch einen neuen Gesetzentwurf verändert werden sollen?«
    »Exfrau«, stellte Neil fest, »und selbst wenn da etwas dran wäre, würde sie dann mit mir darüber sprechen?«
    Er ließ die Frage ausklingen und sah etwas in Eddingtons Augen aufleuchten. Natürlich glaubte Eddington das Gegenteil. Der Zynismus der Menschen ließ sich auch hervorragend gegen sie einsetzen.
    »Ich dachte nur, weil Sie mich über die Prognosen in Sachen Livion gefragt haben«, sagte Eddington.
    »Weil Livion, falls die Stammzellenforschung nicht mehr rein therapeutisch sein muss, sehr bald diesbezügliche Mittel vorlegen könnte noch vor den übrigen Firmen«, erwiderte Neil und ließ es wie eine Feststellung klingen, obwohl sie beide wussten, dass es eine Frage war.
    »Hmmm«, entgegnete Eddington. »Mag sein, dass ich so etwas läuten hörte.«
    »Damit können sie natürlich nicht an der Börse werben. Mit der Aussicht auf eine Proteinentschlüsselung dagegen schon. Ein besserer Werbeslogan als vollständige Erklärung des Wachstums und des Lebens lässt sich kaum vorstellen. Wäre es da nicht tragisch, wenn sich herausstellen würde, dass diese Proteinentschlüsselung noch in weiter Zukunft liegt, weil in Alaska in Wirklichkeit alle Kräfte am therapeutischen Klonen von embryonalen Stammzellen arbeiten?«
    Mit einem kleinen, aber unüberhörbaren Knall stellte Eddington sein Glas zurück auf den Tisch, wo es ein Kellner sofort wieder beflissen nachfüllte, während ein zweiter den Hauptgang heranrollte. Das Kalbssteak in Trüffelsauce duftete verführerisch, und auch Eddingtons mandelbedeckter Barsch sah aus, als würde er dem Ruf der hiesigen Küche Ehre machen.
    »Guten Appetit«, sagte Neil milde.
    »Sie haben Einiges auf diese Gib-uns-diese-Chance-Kampagne gesetzt«, entgegnete Eddington und begann grimmig, seinen Barsch auseinander zu nehmen. »Wenn sie die richtigen Fürsprecher in der Politik hinter sich bringen können und alles für sie glatt geht, dann haben sie einen Vorsprung, den Pfizer und die anderen nicht mehr so schnell einholen können.
    Aber es ist ein verdammtes Risiko. Und wenn sie den Anlegern falsche Tatsachen vorgespiegelt haben, weil jeder lieber Proteinentschlüsselung unterstützt, als sich auf das Glückspiel mit den Embryos einzulassen… hmmmm…«
    »Das haben Sie gesagt«, stellte Neil fest, »und nicht ich.«
    »Ich sehe, wir verstehen uns.«
    Eddington goss noch ein wenig flüssige Butter auf seinen Barsch.
    »Wie es der Zufall will«, meinte er nachdenklich, »gibt uns Mr. President zurzeit die Ehre.« Er schenkte Neil sein mokantes Lächeln. »Nicht der Präsident, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    »Armstrong ist hier in New York?«
    »Mitsamt seiner 8000-Tonnen-Yacht und dem Verteidigungsminister als Gast. Dem echten diesmal. Sie sind beide zu einer UN-Benefiz-Gala zugunsten der AIDS-Opfer eingeladen. War das nicht ein Interview für Sie, Mr. LaHaye?«
    Der erdige Geschmack der Trüffel ergänzte das zarte Kalbfleisch perfekt.
    »Auf die Yacht komme ich nie«, sagte Neil und fügte hinzu, absichtlich einen der Spitznamen für den Verteidigungsminister gebrauchend, »nicht, wenn der See Def dort auch ein Gastspiel gibt. Wenn überhaupt Journalisten zugelassen werden, dann solche mit mindestens zwanzig Jahren Zahnlosigkeits-Resümee.«
    Er gab den Worten See Def eine andere Aussprache, »seek death« - suche den Tod - , und Eddington zog eine Grimasse.
    »Wenn ihr Schreiberlinge einen Fehler habt, dann den, dass ihr euch im Grunde alle für verhinderte Poeten haltet.«
    »Wann soll die UN-Gala denn stattfinden?«
    Eddington brummte nur und schob das nächste Stück Fisch in sich hinein. Seine kleine rosa Zunge glitt hastig über seine Lippen, um einen Mandelsplitter aufzulecken.
    »Kommen Sie schon, Rafe. Sie haben mir da sehr deutlich einen Tipp gegeben,

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