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Götterdämmerung

Götterdämmerung

Titel: Götterdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Alterserscheinungen beziehen. Außerdem tauchen ein paar Verfahrensanmeldungen auf, die wichtig für die Stammzellenforschung sind.«
    »Hm. Solange da nichts dabei ist, was mir zeigt, dass die Jungs dort oben in Alaska das Alter gänzlich abgeschafft haben, interessiert mich das nur am Rande.«
    »Dachte ich mir. In dem zweitgrößten Haufen finden Sie nicht viel Inhalt, weil die betreffenden Dokumente nur aus Deckblättern bestehen, da sie von Seiten der Regierung aus Gründen der nationalen Sicherheit als top secret eingestuft wurden. Interessanterweise laufen hier die meisten auf Mears, während der erste Haufen von Sanchez dominiert wird. Aber es gibt beträchtliche Überschneidungen.«
    Giles nahm sich eine neue Esskastanie. »Haufen Nr. 3 können Sie unter ›Dr. Victor Sanchez und das therapeutische Klonen‹ verbuchen. Sind ein paar interessante Weichenstellungen darin. Aber das ist ja nicht Ihr Thema.«
    »Und die Überschrift für Haufen Nr. 4 lautet?«, hakte Neil nach, nachdem er ihn in Augenschein nahm und feststellte, dass dort nicht mehr als vier oder fünf Patente liegen konnten.
    »Tja, das hat mich überrascht. Das sind die einzigen Patente, die mit AIDS in Zusammenhang stehen, und selbst das ist nicht ganz klar, weil einige der Mittel genauso gut gegen Blutkrebs eingesetzt werden können oder gegen HIV-unabhängige Immunschwächen.«
    »Und das überrascht Sie, weil…«
    »Weil Livion ein führender Anbieter von Medikamenten und Tests für AIDS ist. Man möchte meinen, dass sie Kapazitäten wie Sanchez oder meinetwegen auch Mears darauf angesetzt hätten, aber offenbar nicht. Vielleicht wollten sich die beiden auch nicht verzetteln. Das Grundproblem bei HIV sind und bleiben die mutierenden Viren, und nach einer gewissen Weile bewegt man sich da im Kreis.«
    »Vielleicht«, entgegnete Neil neutral. »Und wo gehört dieses eine Patent hin, das neben dem vierten Haufen liegt?«
    »Das ist ein Fall für sich. Es bezeichnet nämlich überhaupt kein Medikament oder eine sonstige Art von Wirkstoff. Was mit diesem Patent beansprucht wurde, ist die Herstellung eines ziemlich raffinierten Biochips.«
    »Unter welchem Erfinder?«, fragte Neil, der das Gefühl hatte, als wäre gerade ein weiteres Puzzlestück, dessen Existenz ihm vorher noch nicht einmal bewusst gewesen war, an seinen Platz gerückt. »Beatrice Sanchez?«
    »Nein. Wer soll das sein? Sie haben doch nur Warren Mears und Victor Sanchez ausdrucken lassen.«
    »Natürlich, ich vergaß, entschuldigen Sie. Also läuft es unter Victor Sanchez?«
    »Nein. Warren Mears.«
     
    Über New York, dachte Neil, lag immer noch ein Schleier, der sich am besten mit »Und trotzdem« umschreiben ließ. Das galt auch und gerade für Restaurants mit einer spektakulären Aussicht auf Manhattan, die seit dem 11. September in ihrer Beliebtheit deutlich hinter die ebenerdigen Etablissements und die in sicheren Kellerlokalen zurückgefallen waren, aber immer noch einen Stamm aus treuen Kunden hatten, durchsetzt von den gelegentlichen tollkühnen fremden Besuchern. Die Preise waren unverändert hoch geblieben, doch da der Mann, mit dem er verabredet war, das Restaurant vorgeschlagen hatte, wäre ein Gegenvorschlag nur kontraproduktiv gewesen. Rafe Eddington war an der New Yorker Börse zu Hause; er legte Analysen für Aktien von Großunternehmen vor, spezialisiert auf Unternehmen der Pharmaindustrie, aber er tat es für gewöhnlich gegen gesalzene Honorare und für einige wenige ausgewählte Klienten seiner Firma. In seiner schwergewichtigen Art und mit dem wohlwollenden Lächeln, das er jedem schenkte, der ihn begrüßte, wirkte er täuschend harmlos.
    »LaHaye«, begrüßte er Neil. »Wie kommen wir hier in New York zu der Ehre, eins der schwärzesten Schafe der Nation begrüßen zu dürfen?«
    »Soweit ich das mitbekommen habe«, konterte Neil, während er sich niederließ, »gibt es hier so viele schwarze Hyänen, die anständige Amerikaner regelmäßig um ihre Sparschweine betrügen, dass ein Lamm wie ich, das nur ab und zu mal blökt, nicht weiter auffällt. Dafür bin ich frei und ohne Aufsicht, im Gegensatz zu den Hyänen.«
    »Mmmm. Der Dschungel schreibt eben seine eigenen Gesetze. Schwarze Schafe werden hier intern gefressen, dazu brauchen wir niemanden aus Washington. Die dort können es sich ohnehin nicht leisten, den Raubtieren wirklich auf die Pfoten zu hauen, schließlich müssen sie alle ihre Wahlkämpfe finanzieren. Und Papageien wie Sie sind im Grunde

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