Götterdämmerung: Das Todes-Labyrinth (German Edition)
straffte sich unwillkürlich. In Keos Anwesenheit durfte sie sich keine Schwäche erlauben, zumal die Hofmeisterin wahrscheinlich bereits Verdacht geschöpft hatte.
Dann sehe ich dich wohl nicht so schnell wieder? , erkundigte sie sich in gespieltem Bedauern.
Nachdem sie Narduk derart weit aus der Reserve gelockt hatte, konnte er ein wenig Zuwendung brauchen.
Sie verzichtete sogar auf die anzügliche Bemerkung, die ihr auf der Zunge lag.
»Es genügt dir also nicht, wenn ich hin und wieder nach dem Rechten sehe?«, fragte er geschmeichelt zurück. Es war leicht, ihm eine Freude zu machen.
Sehen ist vielleicht ein bisschen wenig , erwiderte die Regentin vielsagend. Normalerweise provozierte sie ihn bei solchen Gelegenheiten ein wenig, aber angesichts der Umstände wollte sie den Bogen auch nicht überspannen.
»Ich tue, was ich kann«, versicherte Narduk nachdrücklich. »Wir müssen uns ja schließlich auch noch um deine Gäste kümmern. Aber ich kann nichts versprechen.«
Schon gut. Ich werde es schon merken, wenn du kommst , versuchte sie es nun doch mit einer kleinen Spitze.
»Da bin ich ganz sicher«, versetzte er mit einem satyrhaften Grinsen, das sie zwar nicht sehen, sich aber leider nur zu deutlich vorstellen konnte. »Bis später, meine taufeuchte Orchidee.«
Der anschwellende Pfeifton, der das Wegdriften des Kanals begleitete, enthob die Regentin einer Antwort. Als das Geräusch schließlich verstummte, dauerte es einen Moment, bis sich ihr Bewusstsein wieder der Außenwelt zuwandte.
»Irgendein Problem?«, erkundigte sich Keo in der Zeichensprache, die sie gelegentlich in Anwesenheit Dritter gebrauchten. Die Frage war bewusst unverfänglich formuliert, dennoch begriff die Regentin sofort, worauf die Hofmeisterin anspielte. Trotz ihrer intellektuellen Brillanz war und blieb Keo eine Intrigantin.
»Nein, alles in Ordnung«, signalisierte die Regentin mit einem kühlen Lächeln zurück. »Du kannst dich jetzt zurückziehen. Ich übernehme das hier selbst.«
Die Hofmeisterin erhob sich wortlos und verabschiedete sich mit einer knappen Verbeugung. Zufrieden registrierte die Regentin den Anflug von Röte auf ihren Wangen. Der Schlag hatte gesessen, und Keo wusste jetzt, dass ihre Herrin keinerlei Vertraulichkeiten duldete. Zukünftig würde sie sich hüten, ungefragt das Wort zu ergreifen …
Was die anstehende Besprechung anbetraf, musste die Regentin nun allerdings improvisieren. Zwar hatte sie die beiden Männer seinerzeit selbst rekrutiert, sich aber danach nicht weiter um ihre Einordnung in die militärische Hierarchie gekümmert. Die Strukturierung der Invasionsstreitmacht oblag der Hofmeisterin, während sich Narduk – wenn auch nur sporadisch – um ihre Bewaffnung und Ausrüstung kümmerte. Er besaß eine ziemlich alberne Vorliebe für historische Waffensysteme, die er auf unkonventionelle Weise mit modernster Technologie kombinierte. Er mochte ein Gott sein – wie auch immer er das geschafft hatte –, aber seine Leidenschaften waren dennoch so banal wie die der meisten Männer: klugscheißen, Krieg spielen und ficken. Es lag wohl an der Erbmasse, dass sich dieses Verhalten über die Jahrtausende kaum verändert hatte. Wenn es jenseits der Grenzen des Universums tatsächlich eine Entität gab, die für all das verantwortlich zeichnete, dann musste sie über einen äußerst skurrilen Humor verfügen. Die Regentin war allerdings hellsichtig genug, um zu erkennen, dass ihre eigenen Passionen nicht weniger infantil und triebgesteuert waren, aber es machte Spaß – immer noch –, sich ihnen hinzugeben …
»Also gut, meine Herren«, wandte sie sich, immer noch lächelnd, den beiden Soldaten zu, deren Geduld sie bewusst noch ein wenig auf die Probe gestellt hatte. »Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht für Sie.«
Weder der schlanke, höflich lächelnde Chinese noch der gedrungene Samurai verzogen bei dieser Ankündigung eine Miene, auch nicht angesichts dessen, was ihnen die Regentin im Anschluss eröffnete. Offenbar hatte sie eine gute Wahl getroffen …
Im Niemandsland
Sie gleiten dahin wie Schatten, ohne Morgen, ohne Tag.
Ihr Schiff ist schnell, aber sie können die Geschwindigkeit nicht spüren. Die Nacht, die sie umgibt, ist sternenlos. Es gibt nichts, an dem sich das Auge festhalten könnte. Die Instrumente des Schiffes sind keine Hilfe. Seit dem Sprung in die Dunkelheit versagen sie ihren Dienst.
Was bleibt, sind Rituale. Sie nehmen ihre Mahlzeiten
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