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Götterdämmerung: Das Todes-Labyrinth (German Edition)

Götterdämmerung: Das Todes-Labyrinth (German Edition)

Titel: Götterdämmerung: Das Todes-Labyrinth (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank W. Haubold
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erzählen.«
    »Elena, wer ist das?«
    »Elena war das Mädchen, mit dem ich einmal zusammen war, natürlich vor meinem Eintritt in den Orden. Wir sind in einer ziemlich finsteren Ecke unserer geschätzten Föderation aufgewachsen, einem Bergbauplaneten namens Eisenstadt, aber solange sie da war, hat mich der Schmutz ringsum kaum gestört.«
    »Sie ging also weg?«
    »Ja, und zwar für immer«, erwiderte der Pater mit einem bitteren Lächeln. »Eines Tages kam sie abends nicht nach Hause. Ein Spaziergänger hat Elena dann im Park gefunden – das, was noch von ihr übrig war. Für mich war es, als wäre der Himmel eingestürzt …«
    »Das tut mir leid«, murmelte der Kommandant betroffen. »Hat man die Täter gefasst?«
    »O ja, das hat man.« Ein Schatten huschte über das Gesicht des Ordensmannes. »Ein Freund von mir hat sich darum gekümmert, auf seine Weise. Er wusste, dass ich zu schwach dafür war. Als man ihre verstümmelten Leichen in einer niedergebrannten Lagerhalle fand, stand ich mit sauberen Händen da – zumindest für die Polizei, nicht für mich …«
    »Deswegen sind Sie fortgegangen«, sagte Farr nach einer Weile und räusperte sich, »nach Agion Oros.«
    Der Pater nickte.
    »Aber es war nicht vorbei?«
    »Nein, man kann die Vergangenheit nicht einfach zurücklassen wie ein Stück Abfall. Ich habe zwanzig Stunden am Tag gearbeitet, studiert und gebetet, und tatsächlich verging der Schmerz irgendwann. Doch wirklich vorbei war es nie. Verstehen Sie mich nicht falsch, Commander: Ich glaube an den Orden und seine Ziele so wie ich an Gott den Allmächtigen glaube. Ohne diese Überzeugung hätte ich mich niemals der Prüfung gestellt, von der ich Ihnen erzählt habe.«
    »Dem Himmel der Maschinen?«
    »Eine Blasphemie, selbstverständlich.« Pater Markus zuckte mit den Schultern. »Ich hatte zwar kein gutes Gefühl dabei, doch im Grunde war ich überzeugt, dass es sich nur um einen faulen Zauber handeln konnte.«
    »Aber so war es nicht?«
    »Nein, auch wenn es unmöglich ist, das einem Außenstehenden zu vermitteln. Wenn Sie dort gewesen wären, wüssten Sie, wovon ich spreche. Es war – um es kurz zu machen – ein Ort, der jedem anderen vorzuziehen ist, und die Rückkehr war wie ein Sturz ins Bodenlose. Sie haben mich ja gesehen …«
    »Allerdings.« Der Kommandant nickte. »Sie waren in ziemlich übler Verfassung.«
    »Das stimmt. Deshalb habe ich Ihnen auch nichts erzählt. Oder hätten Sie mir etwa geglaubt, dass ich Elena dort wiedergefunden habe und meinen verstorbenen Bruder Sebastian? In einem virtuellen Experimentierfeld größenwahnsinniger KIs?«
    »Wahrscheinlich nicht«, gab Farr zu. »Ich wäre vermutlich von einem VR-Phänomen ausgegangen. Die KIs der Sphere wissen über viele Dinge Bescheid, bis hin zu Details, an die wir uns selbst kaum noch erinnern können. Sie hätten eine virtuelle Kopie Ihrer Freundin erstellen können und für Ihren Bruder natürlich auch.«
    »Damit hatte ich im Vorfeld gerechnet, aber was ich dort drüben gefunden habe, war etwas völlig anderes. Ich wäre niemals zurückgekehrt, wenn ich eine Wahl gehabt hätte. Seit damals weiß ich, was es bedeutet, ausgestoßen zu sein, und es vergeht nach wie vor kein Tag, an dem ich mich nicht dorthin zurückwünschen würde …«
    »Das klingt nicht unbedingt so, als hätten Sie sich mit den Gegebenheiten abgefunden«, wandte der Kommandant ein.
    »Warum sollte ich? Die meisten Menschen sehnen sich nach Dingen, die sie niemals erreichen werden. Und im Unterschied zu den meisten sind meine Vorstellungen ziemlich konkret.« Der Ordensmann lächelte melancholisch. »Was sich geändert hat, ist, dass ich mich deswegen nicht mehr schuldig fühle.«
    »Sie halten den Maschinenhimmel also nicht mehr für eine Blasphemie?«, erkundigte sich Farr überrascht.
    »Nein, Commander, auch wenn sich das für ein Mitglied unseres Ordens vielleicht seltsam anhört. Aber Sie können mir glauben, dass ich diese Einschätzung nicht leichtfertig treffe. Der Weg dorthin war mehr als schmerzhaft.«
    Farr nickte und blickte betreten zu Boden. Er wusste jetzt, dass er sich damals nicht getäuscht hatte. Der Schmerz des Paters war durchaus auch körperlicher Natur gewesen …
    »Ich war verzweifelt«, fuhr der Ordensmann fort, »denn der Wunsch nach jenem Ort war stärker als alle Gebete und Kasteiungen. Am liebsten hätte ich mir die Erinnerung aus dem Hirn gerissen und den Flammen übergeben, nur stand das natürlich nicht in meiner Macht.

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