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Götterdämmerung: Das Todes-Labyrinth (German Edition)

Götterdämmerung: Das Todes-Labyrinth (German Edition)

Titel: Götterdämmerung: Das Todes-Labyrinth (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank W. Haubold
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amüsierten Lächeln. »Höflicher kann man die eigene Skepsis kaum artikulieren. Allerdings hatte ich auch nicht damit gerechnet, Sie von meiner Sicht der Dinge überzeugen zu können.«
    »Wozu im Augenblick auch keine Notwendigkeit besteht.«
    »Das ist richtig, obwohl es nicht schaden kann, über den Tag hinauszusehen. Eigentlich wollte ich mich nur zurückmelden und für Ihre Geduld bedanken. Ich habe zwar nur wenige Pflichten an Bord, aber auch die habe ich wohl sträflich vernachlässigt. Das wird nicht mehr vorkommen.«
    »Danke, Pater. Ich hatte allerdings schon registriert, dass Sie sich wieder um die Dinge um Sie herum interessieren.«
    »Korrekt, ich fange sogar schon wieder damit an, mir um andere Sorgen zu machen. Um Annie Lefevre zum Beispiel.«
    »Annie?« Der Kommandant räusperte sich. »Sie hat Probleme, das ist bekannt, auch wenn ich in letzter Zeit den Eindruck hatte, dass sie sich besser im Griff hat. Aber die Ungewissheit macht ihr natürlich zu schaffen.«
    »Entschuldigung, Commander, wenn ich widerspreche, doch sie ist nicht einfach nur besorgt, was jeder andere an ihrer Stelle auch wäre. Was ich in ihrem Blick gesehen habe, ist etwas anderes: Verlorenheit. Sie hat sich aufgegeben.«
    »Sind Sie sicher?«, erkundigte sich Farr unangenehm berührt. »Oder interpretieren Sie nur etwas hinein?«
    »Durchaus möglich«, räumte Pater Markus ein. »Deshalb habe ich ja auch versucht, mit ihr ins Gespräch zu kommen – nicht eben erfolgreich, wie ich zugeben muss.« Er lächelte verlegen.
    »Annie hat Sie abblitzen lassen?«
    »Sie war sehr abweisend, das stimmt. Dennoch hat sie etwas gesagt, das mir sehr zu denken gegeben hat.«
    »Was genau?«, wollte der Kommandant wissen.
    »Geben Sie sich keine Mühe, Monsieur, ich weiß, dass Henry tot ist. Beten Sie lieber für die, die ihm das angetan haben.«
    »Seltsam«, murmelte Farr nachdenklich. »Und das war alles?«
    »Allerdings. Danach drehte sie sich um und ließ mich einfach stehen. Aber eigentlich waren es weniger ihre Worte, die mich erschreckt haben, als vielmehr die Art, wie sie sie aussprach und mich ansah dabei. So fern jeder Hoffnung …«
    »Glauben Sie, Annie könnte sich etwas antun, Pater?«
    »So etwas kann man nie mit Sicherheit ausschließen«, erwiderte der Ordensmann. »Aber nach meinem Eindruck fehlt ihr selbst dazu die Kraft. Sie sollten trotzdem ein Auge auf sie haben. – Danke, dass Sie mir zugehört haben, Commander. Ich hoffe, ich habe Ihnen nicht den Abend verdorben.«
    »Das haben Sie nicht, Pater, ganz im Gegenteil. Willkommen zurück!«
    »Danke, dann bis morgen, Mr. Farr.« Pater Markus deutete eine Verbeugung und ließ den Kommandanten allein.
      
    Zwei Standardtage später erreichte die Hemera das Graue Land.
        
     

Vor dem Sturm
     
    Am Abend kehrte der Dichter später als sonst und völlig entkräftet zum Kastell zurück. Seine Erschöpfung war allerdings weniger körperlicher als geistiger Natur. Der Fußmarsch zu seinem Baum und zurück war nicht anstrengender gewesen als sonst, nur hatte er sich diesmal wesentlich länger dort aufgehalten.
    Natürlich hatte der Dichter gute Gründe gehabt – Gründe, die es sogar gerechtfertigt hätten, Tag und Nacht dort zu wachen, doch länger als ein paar Stunden hatte er nicht durchgehalten.
    Die Euphorie angesichts seines glücklichen Eingreifens war rasch der Ernüchterung gewichen. Der schwarze Ritter hatte die Bestie zwar zur Strecke gebracht, aber es war dem Dichter nicht gelungen, seiner Schöpfung dauerhaft Substanz zu verleihen. Offenbar galten für belebte Objekte andere Gesetze als für tote Materie.
    Ursprünglich hatte er vorgehabt, den Ritter zum Schutz von Miriam und ihren Gefährten zurückzulassen, doch das hatte sich als undurchführbar erwiesen. Das Produkt seiner Imagination hatte im gleichen Augenblick aufgehört zu existieren, in dem er sich von der Szene abgewendet hatte, um nach weiteren Angreifern Ausschau zu halten. Zwar hatte er keine entdeckt, aber das bedeutete keineswegs, dass seine Schutzbefohlenen in Sicherheit waren.
    Bei dem Labyrinth handelte es sich nicht um ein Relikt aus der Vorzeit, sondern um eine raffinierte Falle, die ein ebenso brillanter wie grausamer Geist ersonnen hatte. Die mechanische Bestie war vermutlich gewiss nicht die letzte Überraschung, die der Besitzer des Labyrinths für seine Opfer bereithielt. Das war auch der Grund dafür gewesen, weshalb der Dichter seinen Posten nicht hatte räumen wollen, aber seine

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