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Götterdämmerung: Das Todes-Labyrinth (German Edition)

Götterdämmerung: Das Todes-Labyrinth (German Edition)

Titel: Götterdämmerung: Das Todes-Labyrinth (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank W. Haubold
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Gründe. Es war offensichtlich, dass Ailin mehr wusste, als sie ihm gegenüber zugegeben hatte, und er wollte nicht wieder vorgeführt werden wie damals auf Patonga.
    »Ich will wissen, wie es passiert ist, auch wenn es natürlich nichts mehr ändert. Vielleicht wurde das Gelände ja überwacht und es gibt entsprechende Aufzeichnungen.«
    John hätte argumentieren können, dass diese Aufzeichnungen, sofern sie überhaupt existierten, auch in ein paar Stunden noch da sein würden, aber er wollte keinen Streit. Vielmehr interessierte ihn, was Ailins Andeutung zu bedeuten hatte.
    »Was meintest du vorhin mit ›stürzender Himmel‹?«, erkundigte er sich wie beiläufig, nachdem er das Schiff angewiesen hatte, die Hermetisierung aufzuheben.
    »Ach, das ist eine alte Geschichte, an die sich heutzutage kaum noch jemand erinnert«, erwiderte Ailin ausweichend. »Aber es gab eine Zeit …«
    Sie brach ab, und ihre Stimme klang plötzlich abweisend: »Das spielt im Moment keine Rolle. Was ist nun? Kommst du mit oder nicht?«
    »Sicher komme ich mit – wenn du mir erzählst, was du darüber weißt.«
    »Einverstanden, obwohl dir die Geschichte kaum gefallen wird.«
    »Also gut, wir treffen uns in fünf Minuten an der Schleusenkammer. Ich muss mir nur noch etwas überziehen.«
    »Dann beeil dich bitte.«
    Auf dem Weg zur Kabine dachte John über Ailins seltsames Verhalten nach. Was machte sie so sicher, dass es keine herkömmliche Waffe gewesen war, die die Vögel getötet hatte? Und woher hatte sie bereits in der Umlaufbahn gewusst, dass sie zu spät kommen würden? In jedem Fall hielt sie Informationen zurück …
    Die gefütterte Rotanjacke, die John sich überzog, bot nicht nur Schutz vor Kälte und Feuchtigkeit, sondern in ihren zahlreichen Taschen auch ausreichend Platz für seine Ausrüstung: Videokamera, Einbruchwerkzeug sowie einen Lähmstrahler samt Energiepack. Auf größere Distanz war die Waffe wirkungslos, innerhalb von Gebäuden bot sie jedoch zuverlässigen Schutz gegen mögliche Angreifer. Johnny rechnete zwar nicht damit, sie einsetzen zu müssen, fühlte sich aber dennoch sicherer, wenn er sie dabeihatte. Er wechselte seine Schuhe gegen versiegelte Allwetterstiefel und steckte zum Schluss noch seine Spezialbrille mit integriertem Restlichtverstärker ein.
    Als John in diesem Aufzug an der Schleusenkammer eintraf, zuckten Ailins Mundwinkel zwar verräterisch nach oben, aber der erwartete Kommentar blieb aus. Sie selbst sah aus wie immer in ihrem knapp sitzenden dunklen Kostüm, das allerdings eher für ein Geschäftsessen geeignet schien als für eine Exkursion auf einem fremden Planeten. Die einzige Konzession an ihr Vorhaben waren Schuhe mit etwas robusteren Absätzen als die der Stilettos, die sie normalerweise trug.
    Als die Tür aufglitt, folgte ihr John in die von grünem Dämmerlicht erfüllte Schleusenkammer. Sein Blick glitt unwillkürlich zum unteren Saum ihres Rockes und die Vorstellung, sie wäre unter dem dünnen Stoff nackt, wurde fast übermächtig. Wenn sie sich jetzt nach vorn beugte und die Hände an der Wand abstützte …
    Als Ailin sich zu ihm umwandte, verflog die Vision und er senkte verlegen den Blick. »Vielleicht ein anderes Mal«, bemerkte sie mit einer Spur Bedauern in der Stimme. »Aber nicht hier, zwischen all den Toten. Außerdem stimmt es nicht.«
    »Was stimmt nicht?«, fragte Johnny, während ihm die Hitze ins Gesicht schoss.
    »Dass ich nichts darunter anhabe«, erwiderte die Frau trocken. »Du würdest es merken, wenn es anders wäre.«
    Das Zischen des Druckausgleichs enthob John einer Antwort, und nur Sekunden später glitt das Außenschott zur Seite und machte den Weg nach draußen frei.
    Die Luft war kühl, und die schwache Brise trug den Geruch des Meeres mit sich. Daran änderte sich auch nichts, als sie sich den ersten Vogelkadavern näherten. Offenbar hatte der Verwesungsprozess noch nicht eingesetzt.
    John machte ein paar Aufnahmen der zerschmetterten Körper, vermied es aber, ihnen selbst allzu nahe zu kommen. Dennoch fiel ihm etwas auf, das er zunächst nur unbewusst registriert hatte: Den Gesichtern der toten Chimären fehlte jeglicher Ausdruck. Trotz oder gerade wegen ihrer irritierenden Menschenähnlichkeit wirkten sie auf John wie leere Masken. Sie zeigten weder Schmerz noch Überraschung und verrieten auch sonst nichts von dem, was ihre Besitzer in den letzten Augenblicken ihres Lebens empfunden hatten. Der Vergleich war gewiss pietätlos, doch im Grunde

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