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Götterdämmerung (German Edition)

Götterdämmerung (German Edition)

Titel: Götterdämmerung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Schwarzer
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Front war eingedrückt, die Scheinwerfer zersplittert. Der Laternenmast stand schief.
    Sie drehte sich zur Straße um. Wenige Meter entfernt lag reglos der Mann. Wahrscheinlich war er tot, ein Opfer dieser schrecklichen Krankheit. Vielleicht konnte ihm aber auch noch geholfen werden. Eva kehrte zu ihrem Wagen zurück und drückte den Notrufknopf. Dieses Mal kam sie nur zu einem Anrufbeantworter durch. Nachdem sie ihren Unfall und die reglose Person gemeldet hatte, holte sie ihren Rollkoffer aus dem Kofferraum und machte sich zu Fuß auf den Weg nach Hause.
     
    Sie war noch nicht weit gekommen, als drei Männer und eine Frau auf sie zukamen und ihr den Weg versperrten. Die Frau stemmte die breiten Hände in die Hüften und sah Eva provozierend an.
    „Die sieht aus, als gäb’s was zu holen“, meinte sie. Die Frau war kräftig, ihre Stimme heiser, die Haare stoppelig. Der Mann rechts von ihr nickte und öffnete sein Springmesser. „Rück raus, was du hast!“, herrschte er Eva an. Er roch nach billigem Parfüm und Motoröl.
    Eva sah sich hilfesuchend um. Außer einer alten Frau war niemand in der Nähe und auch die Frau verschwand eilig im nächsten Hauseingang .
    „Ich habe nicht viel“, sagte Eva. Die schrecklichen Typen waren so dicht an sie herangerückt, dass ein einziger Griff genügte, sie zu packen und dann … Daran wollte sie lieber nicht denken.
    „Wehe, du schreist!“, drohte der Mann mit dem Klappmesser. Eva schüttelte wortlos den Kopf, öffnete ihren Rollkoffer und holte ihr Portemonnaie aus einer Seitentasche. Zögernd reichte sie es der Frau. Die nahm das Portemonnaie und durchwühlte es.
    „Okay, nicht schlecht für den Anfang“, stellte sie fest „Aber nicht genug. Was ist da sonst noch drin?“, Sie wies auf den Rollkoffer.
    „Nur ein paar Sachen zum Anziehen.“
    „Gib her!“
    Eva gehorchte. Die Frau zerrte Kleidungsstücke, Taschentücher und Fotokarten heraus und warf sie achtlos auf die Straße.
    „Nichts weiter drin“, meinte sie enttäuscht. Sie richtete sich auf und versetzte dem Rollkoffer einen Fußtritt. „Deinen Ring, Schätzchen!“.
    Eva zögerte. Der Mann hielt ihr das Messer unter das Kinn. „Du solltest tun, was sie verlangt!“, sagte er. „Das tun wir nämlich alle.“ Er grinste. Die anderen Männer lachten. Eva zog mühsam ihren schmalen goldenen Ehering vom Finger und gab ihn der Frau, die das Schmuckstück zwischen den Fingern drehte. „Nicht besonders wertvoll, oder?“ Sie steckte den Ring in die Hosentasche.
    „Kann ich jetzt gehen?“, fragte Eva mit unterdrücktem Zorn.
     „Du wartest, bis wir weg sind!“, meinte der Mann mit dem Springmesser. Die Leute ließen sie stehen und liefen über die Straße. Den leeren Koffer nahmen sie mit. Dann waren sie außer Sichtweite.
    Eva bückte sich nach den Taschentüchern und hob sie auf. Sie nahm sich eines davon und schnäuzte hinein. Mit verschwommenem Blick starrte sie auf die Kleidungsstücke am Boden. Dann sammelte sie die Fotokarten auf und zwang sich weiterzugehen.
     
    •
     
    Der originale Tom saß im Wohnzimmer auf der Couch. Die Fenster hatte er verdunkelt, sodass kein Lichtstrahl in das düstere Zimmer gelangte. Er hörte das Sirren einer Überwachungsdrohne, die selbstständig ihre Runden am Himmel drehte und die Bilder an die Polizeistationen am Boden funkte. Dann war sie weg und Tom hörte nur noch das Rauschen des Blutes in seinen Ohren und seine eigenen Atemzüge. Nick lag zu seinen Füßen und schmiegte sich an ihn.
    Mehrmals hatte Tom versucht, in der Klinik anzurufen und nach Nina zu fragen, aber er war nicht durchgekommen.
    Er überlegte, wie seine Chancen standen, selbst noch nicht infiziert zu sein.
    Null Komma Null , dachte er. Er hatte Kontakt zu Nina gehabt, er musste sich angesteckt haben. Und jetzt? Was sollte er tun, außer auf den Ausbruch der Krankheit zu warten und seinem eigenen Verfall zuzusehen?
    Tom krümmte sich im Sitzen nach vorn, weil sein Magen schmerzte. Er konnte nicht sagen, ob Hunger die Schmerzen verursachte oder ob ihm der Stress der letzten Tage und Stunden zusetzte. Es war ihm auch egal. Sein Hunger interessierte ihn nicht, aber er hatte Durst.
    Geistesabwesend stand er auf, stieg über Nick hinweg und schlurfte zum Kühlschrank. Er holte sich eine angefangene Zwei-Liter-Flasche Tomatensaft, setzte sie an die Lippen und trank. Kleine rote Tropfen spritzten auf sein Hemd und klebten an Kinn und Mundwinkeln. Er wischte sich mit dem Handrücken über den Mund und

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