Götterdämmerung (German Edition)
und Förderung der Robotertechnologie“ schleusen.
Dann ließ sich Eisenberg über die neuesten Nachrichten unterrichten.
„Wir sollten unsere Sicherheitsvorkehrungen verstärken!“, meinte Martin und reichte ihm einen braunen Umschlag.
Eisenberg öffnete den Umschlag, zog ein Blatt Papier heraus und las. Dann zerknüllte er das Blatt, warf es Martin zu und lachte lauthals. Sein massiger Bauch hob und senkte sich im Rhythmus seines Lachens.
„Diese Spinner!“, rief er. Wenn er jede Drohung beachtete, die ihn oder seine Firma erreichte, wäre er längst verrückt geworden.
„Wir sollten das ernst nehmen!“, sagte Martin.
Eisenberg hörte auf zu lachen. „Die Aufforderung, meine Firma zu schließen, kann ich wohl kaum ernst nehmen!“ Er verschränkte die Hände vor seinem massigen Bauch. „Diese Spinner“, wiederholte er, etwas wütender jetzt. Es kam ihm so vor, als würden sich alle Verrückten und Unzufriedenen dieser Welt auf seine Firma stürzen. Einer musste ja der Sündenbock sein! Dabei vergaßen sie, dass es ohne die Roboter gar nicht mehr ging. Und dass die Schließung eines der größten Unternehmen des Landes nur weitere Arbeitslose hervorbringen würde. Aber Martin hatte wohl Recht: Eine Morddrohung war kein Kavaliersdelikt.
„Kümmere dich darum!“, wies er ihn an. Martin nickte.
Sobald sein Vertrauter den Raum verlassen hatte, riss Eisenberg eine Tüte Pfefferminzbonbons aus seinem Schubfach und steckte sich zwei in den Mund. Dann drückte er die Sprechtaste.
„Herrgott noch mal, ist der Kaffeeautomat kaputt oder was ist los?“, brüllte er mit vollem Mund. Die Sekretärin kam sofort und entschuldigte sich. Kurz darauf klopfte es an der Tür.
„Ja!“, rief Eisenberg grimmig und schaute auf. Es war Nadja.
„Ach du bist es“, murmelte er. „Was gibt es denn? Seid ihr mit der Programmierung der K-Serie fertig?“
„Nein“, erwiderte Nadja mit fester Stimme. „Deswegen bin ich nicht hier. Es ist –“ Sie zögerte.
„Was?“
„Das ist der Polizeibericht von heute Morgen.“ Sie schob ihm ihr E-Panel hin. Eisenberg schaute auf das Foto, ohne den darunter stehenden Text zu lesen.
„Das ist die RT-Baureihe. Was ist damit?“
„Xinyio lässt alle Modelle zurückrufen“ erklärte Nadja. „Es gibt Probleme. Und nach diesem hier wird sogar gefahndet.“
„Die fahnden nach einem RT?“
„Ja. Er lässt sich nicht mehr steuern und hat schon mehrere Menschen getötet“, sagte Nadja leise. „Es gibt schon seit längerer Zeit Probleme mit dieser Baureihe.“
Eisenberg verzog das Gesicht zu einem genüsslichen Lächeln. „Ach ja? Ich glaube, da kommen ein paar Schwierigkeiten auf Xinyio zu“, sagte er. Diese Sache würde seinem größten Konkurrenten ein paar hübsche Gewinneinbußen bescheren.
„Das ist es ja gerade“, meinte Nadja. „Von Xinyio stammt nur die Hardware. Die Programme sind von uns.“
Sie sah, wie das Lächeln aus Eisenbergs Gesicht wich und trat unwillkürlich ein Stück zur Seite. Eisenberg schnappte nach Luft. „Das darf auf keinen Fall an die Presse!“, zischte er und zermalmte die Bonbons mit seinen Zähnen.
„Wer weiß alles davon?“, fragte er in bemüht ruhigem Ton.
Nadja zuckte die Achseln. „Kommt drauf an. Von dem Versagen des Roboters wissen inzwischen ziemlich viele: Die Polizei, Xinyio, ein paar Reporter. Davon, dass wir für das Programm verantwortlich sind? Xinyio auf jeden Fall. Aber sonst?“
„Okay“, Eisenberg beugte sich blitzschnell nach vorn und sah sie mit glänzenden Augen an. „Das ist für Martin: Wir geben sofort einen fünfminütigen Werbespot in Auftrag, in dem die Xinyio AG für das Versagen verantwortlich gemacht wird. Wir widersprechen jeglichen Schuldzuweisungen und verlangen eine offizielle Untersuchungskommission.“ Nadja nickte.
„Und sag Martin, dass er zusehen soll, dass die richtigen Leute den Fall untersuchen!“, fügte Eisenberg hinzu.
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Der Gestank war penetrant, selbst für eine öffentliche Toilette. Ben stützte sich auf eines der gesprungenen Waschbecken und starrte im Spiegel in ein Gesicht, das ihm fremd vorkam, so schmutzig und blass war es. Doch er hatte neue Hoffnung geschöpft. Seine Mutter lebte! Leider wusste Ben nichts über ihren Zustand, er wusste nicht, ob sie in Lebensgefahr schwebte, ob sie ansprechbar war, ob er überhaupt zu ihr ins Zimmer durfte. Die Schwester in der Klinik hatte ihm lediglich mitgeteilt, dass es eine Patientin mit dem Namen Vera Maiwald
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