Götterdämmerung (German Edition)
Roboter fähig ist“, fuhr er fort. „Jede verdammte Einzelheit. Alles, was die Polizei bisher für sich behalten hat, was nebenbei bemerkt, eine ganze Menge ist. Und dann erzähle ich den Journalisten, wo die Maschine steckt. Kann man eigentlich von selbst drauf kommen, wenn man weiß, wer das Ding wirklich programmiert hat.“
Eisenberg presste die Kiefer zusammen. Der Ausdruck von Arroganz schwand aus seinem Gesicht und wich einer unverhohlenen Wut. Seine hellen Augen flackerten.
„Wagen Sie ja nicht, uns zu drohen!“, sagte er mit bebender Stimme. „Versuchen Sie ja nicht, uns zu erpressen!“
Er winkte zwei Wachleute herbei und wies zur Tür. „Sie sind hier nicht mehr willkommen“, wandte er sich an Tom. Dann drehte er sich um und lief mit Hübner zu den Aufzügen.
Einer der Wachmänner hielt Tom den Lauf seiner Pistole unter die Nase.
„Sie haben’s gehört“, sagte er und stieß Tom in Richtung Ausgang. Tom unterdrückte den Impuls, ihm einen Kinnhaken zu versetzen und verließ wortlos die Firma.
„Was machen wir mit ihm?“, fragte Hübner, nachdem er mit Eisenberg die Kabine des Fahrstuhls betreten und seine Etage gewählt hatte.
„Behalten Sie ihn im Auge!“, erwiderte der ältere Mann. Der Fahrstuhl setzte sich in Bewegung.
„Nein“, korrigierte er sich. „Das reicht nicht. Machen Sie das Übliche!“
„Kein Problem“, erwiderte Hübner.
Die Fahrstuhltür öffnete sich und er stieg aus. Eisenberg sah ihm nach, bis sich die Fahrstuhltür erneut schloss. Dann drückte er das Feld mit der Nummer 10 auf dem Bedienfeld und legte seine Hand darauf. Auf dem Display leuchteten eine Reihe blauer Buchstaben auf: zehnte Etage. DNA akzeptiert.
Eisenberg ging in sein Büro, setzte sich an den Schreibtisch, stützte den Kopf in die Hände und überlegte. Dann rief er Nadja an.
„Kann der Wachdienst den Roboter noch ausmachen?“, fragte er. Nadja schwieg.
„Wir haben keinen Zugriff mehr auf diesen Bereich“, antwortete sie schließlich. „Der Türcode wurde gewechselt und die Kameras senden nicht mehr. Jedenfalls nicht zu uns.“
Eisenberg runzelte die Stirn. „Wir kommen nicht mehr in die Fabrik?“
„Nein.“
„Was hat er bloß vor?“, murmelte er.
„Wen meinst du?“
„Alle beide.“
„Die Frage ist doch, woher der Roboter den neuen Code kannte“, überlegte Nadja.
„Das ist überhaupt keine Frage. Da er ihn nicht von uns haben kann, muss er das veranlasst haben.“
„Aber wozu? Was soll das alles? Und wieso bekommen wir den Code nicht?“
„Ja. Das ist die Frage.“ Eisenberg unterbrach die Verbindung.
•
Ben hatte keine Ahnung, wie viel Zeit vergangen war. Er saß auf dem schmutzigen Fußboden, das Kabel auf den Knien und starrte in das trübe Licht der Glühlampe. Seine größte Furcht war, dass die Lampe plötzlich erlöschen könnte. Seltsamerweise hatte er keine Angst vor dem Fremden. Egal, was er vorhatte, es war zumindest real. Die Furcht, allein in einen engen dunklen Raum gesperrt zu sein, rührte dagegen an etwas, was tief in ihm schlummerte und was er nicht aufwecken wollte.
Er hörte ein metallisches Klacken. Jemand schloss von außen die Tür auf. Sofort war Ben hellwach. Er stand auf und stellte sich neben die Tür, sodass er von ihr verborgen wurde, sobald sie aufging. Er hoffte nur, dass der Mann sie nicht mit voller Wucht aufriss und er sie nicht abbekam.
Die Tür öffnete sich mit einem leisen Quietschen. Ben hörte Stimmen und schloss daraus, dass er es mit mindestens zwei Gegnern zu tun hatte. Er packte das Kabel fester und konzentrierte sich. Er musste den richtigen Moment abpassen.
Der erste Mann betrat den Raum. Es war der Pfleger, der ihn hierher gelockt hatte. Bevor er sich zu Ben umdrehen konnte, hatte der Junge schon das Kabel um seinen Hals geschlungen.
Der Mann schlug und trat nach allen Seiten. Eine zweite Person betrat den Raum dicht hinter dem Pfleger. Dieser Mann hielt eine ungewöhnliche Schusswaffe und richtete sie auf den Jungen, drückte jedoch nicht ab. Vielleicht war ihm der Raum zu klein. Stattdessen griff er nach Bens Arm. In diesem Augenblick verlor der Pfleger das Bewusstsein und sank zu Boden.
Ben ließ das Kabel los, biss dem anderen Mann in die Hand und riss sich von ihm los. Dann schlüpfte er an ihm vorbei auf den Flur. Er hörte, dass er verfolgt wurde und wartete auf den Schuss, der jedoch nicht kam. Stattdessen registrierte er, dass sein Verfolger wieder umkehrte. Ohne sich ein einziges Mal
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