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Götterdämmerung in El Paso (German Edition)

Götterdämmerung in El Paso (German Edition)

Titel: Götterdämmerung in El Paso (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick DeMarinis
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verwandelt von schöner Musik! Und du nennst mich verrückt!«
    Ich ging und ließ einen Luther zurück, der sich ausschüttete vor Lachen wie der arme Irre aus einem B-Movie, eine Dose Bier in der einen, einen fetten, nicht angezündeten Joint in der anderen Hand, dazu eine halbautomatische Flinte, Kaliber .12, die neben seinem Sessel an der Wand lehnte. Letzteres womöglich nicht das Klügste, was ich in meinem Leben getan hatte. Ich fuhr zurück in mein Apartment, bemüht, jeden Gedanken an welchen Super-GAU auch immer zu verdrängen.
    Zu Hause packte ich meine Sporttasche und machte mich auf ins Gold’s an der Paragon Street hinter der North Mesa.
    Ich musste mal wieder richtig ins Schwitzen kommen.
    Ich stieg auf ein Laufband, wählte die »Rolling-Hill«-Option und legte los. Die Frau auf dem Stairmaster neben mir kannte ich. Ich freute mich, sie zu sehen.
    »Hey, J.P. Morgan«, sagte sie. »Du bist spät dran.«
    Dani Thrailkill war um die fünfunddreißig und arbeitete beim Notruf der Polizei. Seit Kurzem lebte sie getrennt. Wir hatten über unsere gescheiterten Ehen gesprochen, über die schlammigen Pfützen der Verzagtheit, die sich stets unerwartet im Familiären auftun, über die Momente des Glücks und die langen grauen Abschnitte dazwischen.
    Ich kannte ihren Ehemann, einen Polizisten namens Raymond Thrailkill. Er war in dem Jahr als Neuzugang aufgetaucht, das mein letztes bei der Polizei werden sollte. Ein beherzter, ehrgeiziger Bursche mit Gespür für die Straße und soliden Spanischkenntnissen. Ich war seinerzeit der Ansicht gewesen, dass er es weit bringen könnte, und ich sollte recht behalten. Mit gerade mal Mitte dreißig war er jetzt schon Detective Lieutenant.
    »Besser spät als gar nicht«, sagte ich lustlos.
    Während meiner Zeit bei der Polizei hatten Dani und ich uns ein- oder zweimal verabredet, waren uns jedoch nicht mehr über den Weg gelaufen, seit ich vor sieben Jahren den Dienst quittiert hatte — bis wir uns vor einigen Wochen im Gold’s begegneten. Wir trainierten stets Seite an Seite — anfangs eher zufällig, inzwischen hielten wir bewusst Ausschau nach freien Geräten, die nebeneinanderstanden. Die Anzahl unserer gemeinsam absolvierten Trainingseinheiten hatte inzwischen eine Größenordnung erreicht, die genügte, um Regungen in mir wachzurufen, von denen ich geglaubt hatte, sie mittlerweile unter Kontrolle zu haben. Ich mochte Dani, aber die Trennung von Raymond war gerade mal zwei Monate her. Noch war sie dabei, den Trümmerhaufen ihrer Gefühle nach Scherben von Bedeutung zu durchforsten. Grund genug, mich ein wenig in Zurückhaltung zu üben.
    Dem glänzenden Schweißfilm auf ihrer gebräunten Haut nach zu urteilen, musste Dani bereits etwa eine halbe Stunde trainiert haben. Sie atmete schwer und vernehmlich.
    Ich stellte das Laufband auf »Fitness Race« und es nahm Fahrt auf genau in dem Moment, als Danis in den »Cool-Down«-Modus ging.
    »Wir sollten uns nicht mehr hier treffen, J.P.«, flachste sie und stieg von dem Gerät.
    »Wenn du einen besseren Ort weißt«, sagte ich, ebenfalls im Scherz.
    »Und ob«, erwiderte sie.
    Ihr Tonfall sprach nicht von Scherzen. Genauso wenig der Blick ihrer ernsten braunen Augen.
    »Vergiss den Rest deiner Trainingseinheit, J.P. Morgan.«

14
    »Hast du heute keinen Dienst?«, fragte ich.
    »Ich habe mich krankgemeldet«, sagte sie.
    »Du bist aber nicht krank.«
    »Der Job macht mich krank. Die Cops machen mich krank. Die ganze menschliche Komödie macht mich krank. Ich höre auf. Ich habe einen neuen Job in Tempe, in der Nähe von Phoenix. Beim Campus-Sicherheitsdienst an der Arizona State.«
    »Wieder ein Job mit Cops.«
    »Campus-Cops. Ein großer Unterschied. Straftäter an einem College, das sind Exhibitionisten, Typen, die bei einer Verabredung übers Ziel hinausschießen, Pillenschlucker, Paint-Ball-Spieler und andere bedeutungslose Scheißer.«
    Dann sagte sie etwas, was mich aus den Schuhen holte: »Versteh mich nicht falsch, J.P., aber bist du sauber?«
    »Ob ich was bin?«
    »Sauber. Keine Geschlechtskrankheiten … Herpes? Tripper? Oder, Gott behüte, HIV?«
    »Ich bin sauber.«
    »Großes Pfadfinderehrenwort?«
    »Großes Pfadfinderehrenwort«, sagte ich.
    »Und Pfadfinder lügen nicht, oder?«
    »Nur in Bezug auf Masturbation.«
    »Dann lass uns keine Zeit verschwenden.«
    »Einverstanden.«
    Sie hatte ein Doppelbett — Bettwäsche aus rotem Satin, Kissen, groß wie Seesäcke. All das würde bald in der Nähe von

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