Götterdämmerung in El Paso (German Edition)
abverlangt, für das ich mich entschieden habe.«
Die Bedienung kam an den Tisch, servierte einen Teller mit Gorditas und die Getränke. Sie bedachte Luther mit einem langen Blick und zuckte die Achseln. Möglicherweise war ein Mann mit einem ramponierten Gesicht, der noch dazu nach Benzin stank, im Hollywood nichts Ungewöhnliches. Nach ihrem Mitgefühl heischend, nahm Luther eine eindrucksvolle Pose ein: die des Schwermütigen, an dem man nicht vorbeikam. Womöglich hätte das bei einer achtzehn Jahre alten Englischstudentin verfangen und für leuchtende Augen gesorgt, die Kellnerin jedoch, eine stämmige Mexikanerin um die vierzig, schüttelte nur den Kopf: Sie kannte all die Ärsche, die Gringos und anderen Kerle zur Genüge.
Ich bestellte noch eine Runde Drinks. Draußen wütete der Wind, vermutlich sah man des Sandes wegen kaum die Hand vor Augen. Die Autos krochen mit aufgeblendeten Scheinwerfern dahin. Irgendwo in der Nähe heulte eine Sirene.
»Ach, übrigens«, sagte ich. »Du hast dem Doc erzählt, dass die Schläger von außerhalb waren. Woher weißt du das?«
»Sie haben es mehr oder weniger selbst gesagt. Haben mich als west-texanische Pussy bezeichnet, so, als hätten sie ein Problem mit Leuten aus West-Texas.«
Er schien pikiert, aber auch niedergeschlagen. Eigentlich hätte ich ihn in Ruhe lassen müssen, andererseits lenkte es ihn ab, sowohl von der bezogenen Prügel als auch von Spekulationen darüber, dass sich so etwas wiederholen könnte, sollte die Suche nach Clara für seine sogenannten Kopfgeldjäger ein Misserfolg werden.
Aber da war noch etwas anderes im Busch. Er wich mir aus, mir und meinem Blick.
»Was ist los, Luther?«
»Da fragst du noch?«
»Möchtest du mir etwas sagen, was du nicht sagen möchtest?«
»Meine Güte, sprechen wir jetzt in Rätseln!? Ich möchte lediglich, dass du mir sagst, worin Carla verwickelt ist. Ich möchte wissen, warum sie nicht nach Hause kommen will.«
Ich zog meine Brieftasche hervor und legte das Geld auf den Tisch, die gesamte Summe abzüglich meiner Spesen.
Er schob es weg. »Behalt es«, sagte er. »Könnte sein, dass ich dich noch mal brauche.«
»Weshalb? Ich hab dir bereits erklärt, dass ich an keine Affäre glaube. Darum ging es dir doch, oder? Es handelt sich um einen ihrer edlen Kreuzzüge. Einiges spricht dafür, dass sie in eine Art Rettungsmission eingebunden ist. Wundere dich nicht, wenn la migra mit Haftbefehlen vor deiner Tür auftaucht.«
»Und diese Schläger? Warum sind die an meiner Tür aufgetaucht?«
»Keine Ahnung. Vielleicht wurde ein Preis auf Hector Martinez’ Kopf ausgesetzt.«
»Gottverdammt noch mal, weshalb lässt sie sich mit solchen Leuten ein? Was soll das bringen? Mexiko bleibt Mexiko, die Regierung ist korrupt, das Volk geliefert. Sie kann nicht jeden retten.«
»Sie ist eine Idealistin. Würde sie nicht versuchen, ihre Ideale durch Taten zu verwirklichen, wäre sie nichts als eine weitere scheinheilige Akademikerin mit großer Klappe. Noch eine Marxistin mit Festanstellung und üppigen Versorgungsansprüchen. Damit würde sie niemals klarkommen, das weißt du. Sie hat mehr Rückgrat, als ihr guttut.«
Luther stöhnte. »Warum habe ich keine Kellnerin heiraten können?«
»Du standest kurz davor«, sagte ich und erinnerte ihn an die Frau aus Las Cruces und ihren Bruder, Marky »Crippler« Monzón.
»Diese Frau hat versucht, mich zu entführen, J.P.«
»Die Ehe kennt viele Spielarten, Luther, und die wenigsten sind perfekt oder auch nur befriedigend.«
»Was weißt du schon davon«, sagte er.
Nicht viel, wie ich einräumen musste.
13
Auf der Fahrt nach Kern hielt ich in Sunset Heights. Luther blieb im Wagen, während ich hoch in mein Apartment ging. Ich besitze vier Waffen: einen alten .357er Smith & Wesson Combat Magnum, eine belgische Baby Browning, Kaliber .25, die nahezu in der Hand verschwindet, eine Colt M1911, Kaliber .45, meinerseits erstanden von einem befreundeten Desert-Storm-Veteranen, der sie einem Offizier der Republikanischen Garde abgenommen hatte, und eine Mossberg, Kaliber .12, mit einer nicht den Vorschriften entsprechenden Lauflänge von fünfunddreißig Zentimetern. Ich schnappte mir die Mossberg und eine Schachtel Schrotpatronen und ging zurück zum Wagen.
»Was steht an? Gehen wir auf Entenjagd?«, fragte Luther.
»Tauchen die Chaosbrüder noch mal auf, verteilst du ihr Hirn gleich im Eingangsbereich. Sorge nur dafür, dass sie deine Schwelle übertreten haben. Es ist
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