Goetterdaemmerung - Roman
pestilenzialischer innerer Wallungen hatte er, um einen gewagten Begriff zu verwenden, eine Art roter Seele, die in seinen blutunterlaufenen Augen und seinem rostroten Haarschopf brannte, und glich Herrn von Oels zufolge jenen fahlen Schwefelflammen der Hölle, mit denen die Verdammten gequält werden.
«Ja, ein Dämon, ein richtiger kleiner Dämon!», sagte Seine Hoheit immer wieder selbstgefällig; so oft, dass eines Tages der Kammerherr ihm zu sagen wagte: «In der Tat, Monseigneur, wenn der Satan dem Teufel in den Leib führe, wäre er besessen und noch mehr Teufel, als er es schon ist …»
Ein Scherz, über den Karl von Este lange Zeit aus ganzem Herzen lachte, sobald er von Oels zu Gesicht bekam. Ein solcher Sohn verjüngte ihn. Man sah, wie er gerührte Blicke auf ihn richtete; er vergaß darüber sogar seinen Weinkeller, der gerade fertiggestellt und großartig wie ein Salon war, weil der Herzog über zweihunderttausend Écu in seinen Bau hineingesteckt hatte. Stuck, Vergoldungen und Marmor reflektierten mit unglaublichem Glanz den Schein der Gaskugeln, während die Diener ausschließlich damit beschäftigt waren, die Flaschen in deckenhohen Eichenregalen zu verstauen. Und so gab es dort, wie in einer Bibliothek, einen Keller für den Bordeaux, einen für den Burgunder – den besten ganz Europas, sagte der Herzog –, einen anderen für Champagner, einen vierten mit ausländischen Weinen und den seltensten Likören sowie einen letzten, der dem Bier vorbehalten war, das Karl von Este trank und eigens für ihn im böhmischen Pilsen gebraut wurde. Otto und sein Androgam 98 Saint-Amour fanden sich dort zu seltsamen Vergnügungen ein, ließen sich volllaufen, schlugen Flaschen die Hälse ab und tranken direkt aus ihnen; dann folgten Lieder, Geschrei, durch Schießpulver krepierte Kröten, Taufen von Hunden, die man anschließend sich paaren ließ, die unvorstellbarsten Unflätigkeiten. Schließlich waren sie so betrunken, dass sie den Boden mit scheußlichen Spuren beschmutzten und all das, was sie zu sich genommen hatten, wieder verteilten. Ein- oder zweimal ging es sogar so weit, dass sich Karl von Este sorgte und in Begleitung von Giulia kam, um den Nachmittag am Krankenbett seines geliebten Sohnes zu verbringen.
Eines Abends, als die Belcredi seit etwa einer halben Stunde von einem dieser langen Besuche zurück war und sich allein im Gemach des Herzog befand, staunte sie nicht wenig, als sie plötzlich eine äußerst seltsame, verkleidete Gestalt eintreten sah und darin Graf Otto erkannte. Sie schrie auf; doch er blieb zunächst eine Weile in der Tür stehen, bevor er Schwung nahm, ständig wiederholte: «Ach!, das gute Bett! Das gute Bett!», wie von Tollheit ergriffen daraufsprang und sich drei- oder viermal darin hin- und herwälzte; dann ging er wieder auf die verblüffte Sängerin zu und bat sie, ihm eine in Unordnung geratene Falte zu richten. Er trug einen langen grünen Kreppschleier, der ihn umschmeichelte und umflatterte, überragt von einem echten Hirschgeweih auf einer bizarren Frisur, die ihm das Aussehen eines Aktaion 99 verlieh.
«Ihr geht wohl zu Herrn Aguado?», fragte sie, denn dort fand tatsächlich ein Maskenball statt.
Darauf wandte der Graf sich um und legte ihr als einzige Antwort die Hand auf die Brust. Er zog sie heftig an sich, sie sank dahin; einen Augenblick lang sah man ihre zitronenfarbenen Seidenstrümpfe mit Silberspitzen. «Hört auf! Hört auf!», sagte sie, während sie sich seiner Küsse erwehrte … Das Schreckliche war, dass fünf Schritte entfernt eine Tür halb offen stand, hinter der ein paar Marmorstufen zu dem Kabinett führten, in dem Karl von Este sein Bad nahm; die Sängerin blickte immer wieder zu dieser Tür. Ihre Kräfte waren beinahe am Ende, als der Herzog zufällig rief: «Giulia!»
Und diese unerwartet erklingende Stimme schlug den rasenden Otto in die Flucht, ohne dass Seine Hoheit in der Badewanne irgendetwas bemerkt hätte.
Weiter passierte nichts, und der junge Mann konnte sich, so viel er wollte, mit Saint-Amour trösten. Doch ihr Umgang wurde gewöhnlich und alltäglich und begann ihn zu langweilen; Ottos wachsende Lasterhaftigkeit ließ diese schmutzige Freundschaft bald zugunsten neuer, noch schmutzigerer Liebschaften in die Brüche gehen. Ein Harem von Prostituierten nahm den Platz des Hermaphroditen ein; alles war dem jungen Grafen recht. In La Roche-Brûlée, einem Schloss seines Vaters, wo er sich einige Tage mit Mädchen und Knaben
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