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Goetterdaemmerung - Roman

Goetterdaemmerung - Roman

Titel: Goetterdaemmerung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: El mir Bourges
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Felsen und sprudelnden Quellen etwas abgewinnen kann? Zumal die lebenslustige Lyonnette schon seit dem ersten Abend, an dem sie etliche Male vorwurfsvoll gegähnt und sich die Nase zur Unterhaltung mit einem angekokelten Korken geschwärzt hatte, diese Marotte als ein wenig primitiv empfand: traute Zweisamkeit mit dem verliebten alten Bullen, der ungeduldig mit den Hufen scharrte, und den vor sich hin modernden steinernen Göttern im Garten; außerdem waren es gar keine richtigen Götter, sondern bloß Halbgötter, da sie erst oberhalb des Bauchs begannen: «Na, das sind mir ja schöne Liebhaber …!» Dies befeuert ihre Vorstellungskraft, sie erinnert sich ihrer guten Freundinnen, die sie nun schon drei Tage nicht mehr gesehen hat. Sie kann es kaum erwarten, ihnen ihren neuen Prunk und ihr Glück vorzuführen, und unverzüglich schreibt unsere Heldin an Anna Deslions und Julietta Barucci mit der Bitte, sie zu besuchen. Als die beiden Kokotten eingetroffen waren, schlich Lyonnette ein wenig um Seine Hoheit herum, um ihm die Angelegenheit beizubringen. «Gut, gut, meine Liebe, laden Sie ein, wen Sie wollen», lautete die schlichte Antwort des Herzogs. Woraufhin Billette dahinflogen und Depeschen aufeinanderfolgten, sodass sich La Roche-Brûlée innerhalb von vier Tagen mit dem Reichsten und Galantesten gefüllt hatte, was Paris an Dämchen von mittelmäßiger Tugend zu bieten hatte.
    Das schmucke Schloss, beflaggt, mit vorspringenden Balkonen verziert und im Sonnenlicht erstrahlend mit seinen roten Ziegeln, seinen rustikalen Säulen und seiner hufeisenförmigen Freitreppe, unter der sich ein alter Kaskadenbrunnen befand, war an der Rückseite von einem Hochwald umgeben, in dessen dichtem und buschigem, über mehrere Meilen ausgedehntem Gesträuch sich Damwild und Hirsche tummelten. Dorthin entflohen Lyonnette und ihre ausgelassenen Freundinnen und streunten den ganzen Tag umher, während sich der Herzog allein zwischen den mit Metallvasen geschmückten Beeten erging und die Gärtner, sobald er fort war, die Spuren seiner Schritte im roten Sand der Alleen mit ihren Harken beseitigten. Die Nymphen indes, gekleidet in bunt gemusterte Umhänge, Überwürfe mit grünem Kragen, in violett und weiß gestreifte Gewänder mit einer Fülle passender Federbüsche, liefen, schwatzten, balgten sich unter ihren fransengeschmückten Sonnenschirmen, bewarfen sich mit Blumen, erfanden tausend Spiele zur Zerstreuung, schlossen Wetten ab, wer am meisten Heidekraut oder Pilze sammeln würde, versteckten sich aus Übermut zwischen den safrangelben Farnbüschen, die riesengroß unter dem Hochwald wuchsen; und ihre Schreie inmitten der feuchten und stillen Alleen ließen unvermittelt irgendeinen schwarzen Raben auffliegen, der auf seinen schweren Schwingen durch die graue Luft schwebte und dann krächzend verschwand.
    «Sieh an! Flora singt wieder mal», sagten sie …
    Und diesen immer gleichen Scherz, der auf die Van Bloemen, ihre Freundin von der Opéra-Comique 134 , gemünzt war, begleitete lautes Gelächter, das durch den ruhigen Park schallte. Es war Herbst geworden, mit nassen Morgen, weißem Nebel und von den langen, rostroten Lichtstrahlen der Sonne erfüllten Nachmittagen. Die Luft war noch lau und weich, schwankte zwischen warm und kalt; der Kanal mit seinem durchsichtigen Wasser war übersät von welken Blättern. Und die Frische der mächtigen Bäume, die unendliche Ruhe des schönen, der übrigen Welt so fernen Ortes, an dem man nichts hörte als das Geräusch der Bächlein, das Gemurmel der Tannenwälder und manchmal den schnellen Galopp eines Hirschs, der im hintersten Dickicht davonsprang, ergriff für Augenblicke selbst diese armen Puppenköpfchen und ließ sie auf einer Wegkuppe innehalten, völlig verblüfft von den Durchblicken und bezaubernden Aussichten, die sich alle fünfzig Schritt veränderten – bis dann die Fougerette wieder ihr Rougedöschen aus der Tasche zog oder die launische Gabrielle Odry bedauerte, dass es hier keine Holzpferde zum Karussellfahren gab.
    Eines Nachmittags, als sie aus jenem Teil des Waldes zurückkamen, in dem man das «Epitaph für einen Hund», den Felsen «Wütender Stein» und das «Rondell der Junghirsche» bewundern konnte, kippte der leichte Weidenkorb, den Lyonnette trug, am Rand eines heidekrautbewachsenen, feuchten Sandwegs um, mit keiner schlimmeren Folge, als dass die Volants und der Zierrat beschmutzt wurden, mit denen die Schöne herausgeputzt war. Man kann sich das hübsche

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