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Goetterdaemmerung - Roman

Goetterdaemmerung - Roman

Titel: Goetterdaemmerung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: El mir Bourges
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geknüpft war. Er ließ sich Zeit, mimte den Entflammten; schließlich brachte er seinen Handel vor: vollständige Freiheit für die Schöne und keine Veränderung in ihrem Leben, außer dass sie nun in der feinen Gesellschaft etwas darstellte.
    Lyonnette hatte zunächst gelacht und dann nachgedacht. Von Oels mit seinen boshaften Augen und seiner finsteren Physiognomie hätte ihr im dunklen Wald Angst eingeflößt, zu Hause jedoch missfiel er ihr nicht. Wie sagte doch die alte Irma: «So sieht ein großer Herr aus, meine Liebe …» Und komisch wäre es schließlich auch. Alles in allem war er nicht hässlicher als Fürst Alexejew oder der Marquis ihrer Freundin Giovanina Flor. Er war schlecht bei Kasse, wohl wahr, doch sie war reich genug für sie beide; und so schluckte das Dämchen nach recht kurzer Zeit, denn der Adelstitel stand ihr immer glänzender vor Augen, den Antrag des Herrn von Oels, als verschlänge sie eine Erdbeere. Der Form halber zögerte sie noch zwei, drei Tage lang, während sie im Voraus die Vorstellung genoss, wie gut sich das machen und wie wütend Seine Hoheit sein würde; und schließlich stimmte sie zu, mit einer inneren Gier, die sie hinter einem Anschein von Liebenswürdigkeit versteckte. So viel also zur Liebschaft zwischen Graf von Oels und der hübschen Lyonnette.
    Karl von Este war in den letzten Novembertagen unsagbar verdrossen nach Paris zurückgekehrt. Küchenjungen, Pagen, Stallburschen, Kutscher ließen bei seiner Ankunft alles stehen und liegen, um den Landauer zu umringen und in laute Hochrufe auszubrechen. Es handelte sich um italienisches Gesindel, das Giovan während der Abwesenheit seines Meisters scharenweise ins Palais geholt hatte und das Seine Hoheit nicht kannte. Die Inszenierung entzückte ihn; doch bereits am nächsten Tag störte ihn dieser radebrechende Pöbel um sich herum, weshalb der Herzog mitteilen ließ, sie würden in seinem Haus nicht mehr verköstigt; nun erhielten die Diener täglich eine bestimmte Summe, damit sie im Wirtshaus zu Abend äßen.
    Er war von einem misanthropischen Dämon besessen, und er verbreitete nichts als Zorn, Bitterkeit und Schelte. Auch verdoppelte er vom ersten Tag seine Anstrengungen bezüglich der Eingaben und Beschwerden, denn zu den Streitigkeiten, die mit dem Bau seines Palais zusammenhingen, hatten sich noch allerhand andere hinzugesellt, und der Herzog hatte sich bei diesen beständigen Ärgernissen alsbald die Grundbegriffe dieser Juristensprache angeeignet. Alles gab Anlass zu Auseinandersetzungen – täglich drängten sich Gestalten mit langen Backenbärten im Vorzimmer. So reich der hohe Herr auch war, der eine Million oder mehr im Monat ausgab, so zeigte er sich unduldsamer als irgendein armer Teufel, wenn es sich um den Diebstahl von ein paar Écu handelte. Das ging so weit, dass er schließlich einen Prozess anstrengte wegen einer Rechnung von sieben Franc, die sein Heiducke einer Waschfrau schuldete, und sogar so weit, dass Seine Hoheit mehrere Male vor Gericht zu erscheinen geruhte und persönlich seine Aussage machte: zunächst gegen einen Hosenschneider wegen «Liefermängeln», dann gegen seinen Sattler, seinen Stellmacher und schließlich gegen einen armen Blinden, den seine Pferde halb totgetrampelt hatten.
    «Man möge den Preis für den Kutscher regeln», sagte Herzog Karl. «Ich bin erst nach meinem Lakaien an der Reihe und begleiche die Rechnung für ihn, falls er zahlungsunfähig ist.»
    Und da die Entschädigung auf fünfzehntausend Franc festgesetzt worden war, schrie der Herzog acht Tage lang herum, dass man ihn ruiniere, dass man seinen Status als Ausländer ausnutze, dass er bettelarm sterben werde und so weiter.
    Das war im Übrigen der Augenblick seines Lebens, in dem man fürchten musste, dass er nicht ganz richtig im Kopf war. Die Fülle von Extravaganzen jeder Art, die sich der Herzog seit Jahren gestattete, wenngleich nur bei günstigem Wind, wie man so schön sagt, waren nun der rote Faden in seinem Tagesablauf, und die absonderlichsten Grillen schienen bei ihm förmlich vom Himmel zu fallen. Nachdem er von seinem Bett aus dem Heer von Rechtsgelehrten Audienz gewährt hatte, manchmal auch Van Moppes oder Herrn Felix, stand er gegen vier Uhr auf, und nun begann die Toilette. Im kleinen Salon mit den Büsten ließ er sich dann viel Zeit, galt es doch, das am besten zur jeweiligen geistigen Gestimmtheit Seiner Hoheit, zu seinen Vorhaben, zu seiner Laune, zum trockenen oder nebligen Wetter

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