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Götterdämmerung

Götterdämmerung

Titel: Götterdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Böttcher
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trampelte noch ein bisschen auf den wehrlosen Blättern herum und stampfte dann auf den Magier zu.
    «Sollen wir sie töten?», fragte er hoffnungsvoll.
    «Nein.» Gwydiot schüttelte den Kopf. «Sperrt sie ein.»
    «Aber sie haben fünfzehn Männer getötet. Und den ganzen Wald verbrannt», protestierte Gawain schwertfuchtelnd.
    «Vielleicht brauchen wir sie noch, Ritter. Später.»
    «Wozu denn?»
    «Würdet Ihr die Güte besitzen, das Denken anderen zu überlassen, Gawain? Ginge das?»
    «Wem denn?»
    «Herr im Himmel», ächzte Gwydiot.
    «Ja», nickte Gawain zufrieden. «In Ordnung. Ich dachte schon, Ihr dachtet an Euch …»
    «Gawain», mischte sich Artus ein. «Schluss jetzt.»
    «Wir sagen nichts», sagte der Anführer der Getarnten mutig.
    «Ja. Das sagtet Ihr bereits», erwiderte Gwydiot gelangweilt, und während Gawain die zusammengebundenen Soldaten mürrisch abführte, wandte sich der Magier an den König, der von seinem hohen Ross auf ihn herabsah. Gwydiot breitete resigniert die Arme aus.
    «Herr, ich will aufrichtig sein. Mir ist bisher vollkommen schleierhaft, was all dies zu bedeuten hat. Ich werde die Bäume und Fische um Rat fragen und euch anschließend mitteilen, was zu tun ist.»
    «Auf deinen Schultern ruht große Verantwortung, Magier.»
    «Das weiß ich, Sire.»
    «Gut. Ich erwarte deine Antwort. Bald.»
    Und mit einem letzten majestätischen Nicken zerrte der König am Zaumzeug seines Schimmels. Als er das Pferd endlich gewendet hatte und gerade an der Spitze seiner Gefolgschaft davonsprengen wollte, näherte sich von Westen ein Reiter. Artus zügelte das Pferd und kniff die Augen zusammen. Auch Gwydiot sah in die Richtung der schnell näher kommenden Staubwolke.
    «Lancelot», sagte der König.
    Was sich wenige Sekunden später als völlig richtig erwies. Lancelot brachte sein Pferd atemlos zum Stehen, nachdem er an der Gruppe vorbeigeschossen war, wendete, und trabte auf den König zu.
    «Artus!», keuchte er. «Artus …!»
    «Was gibt es, Lancelot?»
    «Gwen…hwyfar. Die Königin …»
    «Was ist mit ihr?»
    «Weg», schnaufte Lancelot.
    Der König beugte sich weit über den Hals seines Pferdes und ging dem Erschöpften mit beiden Händen an den Kragen. «Weg? Weg? Was hat das zu bedeuten? Sprich schon.»
    «Na, weg», erwiderte Lancelot erstickt. «Verschwunden. Nicht mehr da. In Luft aufgelöst. Futsch. Weg eben.»
    «Wie ist das passiert?», fragte Gwydiot.
    «Sie hat gesponnen», keuchte Lancelot über Artus’ Hände in Gwydiots Richtung. «In ihrer Kammer. Mit ihrer Zofe. Und plötzlich … war sie weg.»
    «Einfach so?»
    «Ja … Nein. Dort, wo unsere Königin gesessen hatte, lagen zwei Dutzend bildschöne Äpfel, Magier …»
    «Äpfel?», fragte Arthur.
    «Äpfel?», fragte Gwydiot.
    «Äpfel», keuchte Lancelot. «Sire, ich bitte um Vergebung, aber wenn Ihr mich nicht bald loslasst, ersticke ich, und wenn es Euch nichts ausmacht …»
    Artus ließ sich nicht zweimal bitten. Während Lancelot sich die Abdrücke vom Hals massierte und die rauchige Luft tief einatmete, wandte sich der König der Briten mit zornig zusammengewachsenen Augenbrauen an den Magier.
    «Bald», zischte er, «bald, Gwydiot», und sprengte nach dieser Drohung davon, in Richtung Camelot. Seine Leute folgten, und Gwydiot stand plötzlich mutterseelenallein in der weiten Ebene vor dem niedergebrannten Wald von Camarogghyn – mal abgesehen davon, dass seine treue Stute Shynddmaar wenige Schritte von ihm entfernt an verkohlten Grassoden zupfte.
    Na toll
, dachte der Magier, während er der kleiner werdenden Staubwolke nachsah.
Bald, Gwydiot.
Pfff. Warum war er nicht in seinem ruhigen Wäldchen geblieben? Warum hatte er sich keinen vernünftigen Beruf ausgesucht? Warum war er nicht Ritter oder wenigstens Torfstecher geworden? Weshalb hatte er Merlins Ruf folgen und Magier werden müssen? Jetzt steckte er bis zu den Ohren im Schlamm, beziehungsweise Schlammassel, und hatte keinen blassen Schimmer, wie er wieder herauskommen sollte.
    Blitze. Und Äpfel. Zwei Dutzend Äpfel für Gwenhwyfar. Eigentlich kein schlechter Tausch für die verzogene Kuh. Wenigstens bändelten Äpfel nicht mit irgendwelchen milchgesichtigen Rittern an und sorgten so für böses Blut am Hofe.
    Gwydiot schüttelte den Kopf, verschränkte die Hände im Rücken und schlenderte verdrossen zu seinem Pferd.
Plagt dich Sehnsucht nach der ew’gen Finsternis, so suche die Afallenau.
Er kletterte in den Sattel. Das hatte zwar irgendwie

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