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Götterdämmerung

Götterdämmerung

Titel: Götterdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Böttcher
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verabschieden musste, die ihm lieb und teuer gewesen waren, bevor er diese Blume entdeckt hatte? Sollte er jetzt zu allem Überfluss mit der Gewissheit das Zeitliche segnen, dass seine besten Jahre unmittelbar vor ihm gelegen hatten, nein, hätten? Gwydiot spuckte angewidert aus.
    «Magier?», murmelte Gawain kleinlaut.
    «Was denn?»
    «Meint … Ihr wirklich, dass wir … dahin … müssen?»
    Gwydiot nickte. «Es sieht zweifellos aus, als würde jemand das von uns erwarten. Meint Ihr nicht, Ritter?»
    «Na ja, äh», druckste Gawain und kratzte sich ein bisschen Dreck aus dem Nacken, «es ist ziemlich still … aber vielleicht ist das auch nur so ’ne Art Warnung, dass wir besser
nicht
näher kommen sollen?»
    «Die Feigheit scheint Euch zu ungeahnten geistigen Leistungen anzuspornen, Gawain», fiel Gwydiot ihm spöttisch ins Wort. «Was sagt denn Euer Herz? Hält Euer Herz diese Stille für eine Warnung oder für die Ruhe vor dem Sturm?»
    «Ach, wisst Ihr, Magier.» Gawain winkte großzügig ab. «Lassen wir doch das Herz mal beiseite. Aber mein
Verstand
sagt mir …»
    Gwydiot zügelte Shynddmaar und drehte sich um. «Bitte, Gawain. Ihr
besitzt
keinen Verstand. Was zu Euch spricht, ist Euer gottverdammter Magen. Wenn Ihr umkehren wollt, geht. Ich werde nicht versuchen, Euch zurückzuhalten.»
    Gawain wägte schweigend ab. Er dachte darüber nach, wie seine Heimat aussehen mochte. Er fragte sich, ob dort noch jemand am Leben wäre, wenn urgewaltige Gestalten wie der Riese vom Vormittag das Land verwüsteten. Er dachte darüber nach, wie er vor seinem König dastünde, wenn der Magier mit der schmutzigen Kutte am Ende überraschenderweise doch zurückkehrte.
    Schließlich schüttelte er bedächtig den Kopf.
    «Nein», sagte er mit bebender Stimme. «Ich folge Euch, Magier.»
    Gwydiot nickte und wandte sich an Gwenddolau.
    «Das gilt natürlich auch für dich. Du musst uns nicht …»
    «Heee-ja!», rief Gwenddolau. Vornübergebeugt trieb sie ihr Pferd an und flog mit wehenden Haaren auf den Steinkreis zu. Der Magier strahlte über das ganze Gesicht. Gawain schoss an ihm vorbei, und mit einem lauten Schrei klammerte sich Gwydiot in Shynddmaars Mähne und sprengte den beiden hinterher.
    Der Steinkreis rückte näher.
    Und zwischen den galoppierenden Reitern und ihrem Ziel flossen sagenhaft schwarze Wolken unter sagenhaft rasch zunehmendem Grollen aus dem Nichts zusammen, um ihre endgültige Gestalt anzunehmen.
    Eine Gestalt, die weder schwarz war noch wolkig. Allerdings sagenhaft.

8
    Loki hatte sich für Cameron entschieden. Am liebsten hätte er natürlich auch die anderen Sterblichen eigenhändig umgebracht, aber durch seinen langen und gewaltigen Lachanfall hatte er viel Zeit verloren. Deshalb ging er auf Nummer sicher. Und das mit Begeisterung, denn diese
Nummer sicher
war ihm förmlich ein Familienfest.
    Drei Kinder hatte der Übelste unter den Asen im Lauf seiner langen Existenz in die Sphären gesetzt, allerdings nicht mit seiner Frau Sigyn. Wer Sigyn kannte und Lokis Sprösslinge sah, wäre auch nie im Leben auf diesen Gedanken gekommen. Da Loki nun allerdings ein großes Geheimnis daraus machte, mit wem er seine Brut gezeugt hatte, wusste niemand Genaueres, trotzdem kursierten in Götterkreisen zwei einander widersprechende Gerüchte, die beide einfach nicht totzukriegen waren, nämlich a) dass es sich bei den Müttern um mehrere grauslig verwachsene Höllenbewohnerinnen handelte oder dass b) Lokis sämtliche Nachkommen dem Schoß eines einzigen Weibes entsprungen waren, und zwar dem von Lokis leiblicher Mutter.
    Eines dieser Kinder war Sleipnir, Odins achtbeinig mutiertes Schlachtross. Die beiden anderen trugen die klangvollen Namen Midgardschlange und Fenriswolf. Die Sage dichtet beiden gewaltige Körpergrößen an, aber sooo groß sind sie nun auch wieder nicht. Der Fenriswolf ist bloß knappe fünfzehn Meter hoch und dreißig Meter lang, und seine Schwester kann beileibe nicht die ganze Erde umschließen, sondern höchstens zwei bis drei Fußballstadien.
    Cameron trat das Bremspedal fast auf den Asphalt durch. Vor ihm stand ein eigenartig verwachsener Riese mit glatten Haaren und bleckte diabolisch grinsend die Zähne.
    Der durchgeschwitzteste Privatdetektiv von L. A. schluckte die Windschutzscheibe an und stieß einen leisen, wackligen Pfiff aus.
     
    Erasmus quetschte Mund und Nase gegen die Windschutzscheibe des Rover wie ein sehr neugieriges Kleinkind. Zu seinem unangeschnallten Glück war

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