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Götterdämmerung

Götterdämmerung

Titel: Götterdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Böttcher
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machte sich ebenfalls auf den Weg.
     
    Odin semmelte Zeus eine wuchtige Rechte auf den linken Wangenknochen, sah dem davonflatternden Griechen nach und brüllte ihm ein höhnisches «Arschgeige!» hinterher. Er rieb sich die Hände, drehte sich nach Athene und Thor um, die funkenstiebend aufeinander einprügelten, und riss entsetzt die Augen auf.
    Ares’ Faust schoss ihm auf die Nase. Odin taumelte zurück und klatschte lang hin. Der Grieche fand allerdings keine Zeit, sich am Anblick des Niedergeschmetterten zu weiden, weil er unvermittelt von Magni und Modi angesprungen und in einen granitharten, vierarmigen Schwitzkasten genommen wurde. Poseidon überrollte die Beine der beiden mit seinem Streitwagen und spuckte ihnen ein feuchtes «Flossen weg, Asenpack!» an die Köpfe. Da er so nicht nach vorn sehen konnte, gelang es Heimdall, die fliehende Stirn des griechischen Meergottes mit dem Schalltrichter seines Gjallerhorns bekannt zu machen. Poseidon flog rückwärts von seinem Streitwagen und überschlug sich mehrmals.
    Forseti würgte Apollon.
    Artemis würgte Forseti.
    Hermes klaute Thor den Hammer, wollte damit wegrennen, stolperte über Hermodurs ausgestreckten Fuß und rauschte mit dem Flügelhelm gegen Artemis, die Forseti daraufhin loslassen musste. Hephaistos rettete Apollon, indem er Forseti seinen Schmiedehammer energisch auf den Helm dotzen ließ. Odin kam wieder auf die Füße, entwand Hermes Mjölnir, schleuderte ihn zu seinem Sohn zurück und ging Hephaistos an den Hals. Zeus kehrte zurück und verpasste Baldur einen markerschütternden Tritt in den Hintern. Baldur taumelte und stolperte auf Hera zu, die sich gerade aus Hermodurs Umklammerung befreite, indem sie ihm ihr rechtes Knie zwischen die Beine rammte. Für einen Moment wusste Baldur nicht, was er machen sollte. Er hatte das dumme Gefühl, keine Frau schlagen zu dürfen. Hera nutzte seine vorübergehende Unsicherheit schamlos aus und verpasste ihm eine schallende Ohrfeige, die ihn kurz seitwärts Richtung Afrika trudeln ließ.
    Thor rang mit Athene.
    Odin rang mit Zeus.
    Apollon rang mit Baldur.
    Hermes rang mit Hermodur.
    Magni, Modi und Forseti rangen mit Ares, Poseidon und Hephaistos, Heimdall rang mit Artemis und Hera.
    Hödur boxte Löcher in die Luft.
    Das Aufeinanderprallen derart unvorstellbarer Energien hatte zweierlei zur Folge. Erstens, dass für Wetterbewegungen oder andere Kinkerlitzchen auf Erden nichts mehr übrig blieb, und zweitens, dass die gesamte Schlachtgesellschaft, ohne es zu bemerken, mit einem lauten Knall aus der Stratosphäre geschleudert wurde und sich urplötzlich in der endlos weiten Senke wiederfand, aus der sie gekommen war.
    Der Kampf tobte weiter.
    Aus dem Augenwinkel bemerkte Athene, dass sich aus weiter Ferne Zuschauer näherten. Götterscharen, die aus ihren Behausungen auf die Kämpfenden zustrebten.
    «He!», ächzte sie ins Ohr ihres Kontrahenten.
    «Wasn?», ächzte Thor zurück.
    «Wie wär’s, wenn wir miteinander reden …»
    «Niemals!», keuchte Thor entschlossen und zog ihr den Helm über die Augen.
    Athene biss ihm kraftvoll in den Mittelfinger und lauschte dem Jaulen des Hammerschwingers. Urplötzlich schoss ihr eine kristallklare Frage durch den Kopf.
    Wo steckte eigentlich die Ratte Loki?
    Thor bedankte sich für ihre kurze Unkonzentriertheit, indem er ihr mit voller Wucht auf den rechten Fuß trat. Athene schrie auf, vergaß die Frage und keilte umso heftiger zurück.

7
    «I get no kick from champagne. Mere alcohol doesn’t thrill me at all. So tell me why should it be true – that I get a kick out of you?»
    Cameron sang grundsätzlich nicht so gut wie Ethel Merman, aber so laut und so falsch wie in diesen Minuten hatte er noch nie krakeelt. Das Stück kannte er in- und auswendig. Wie so viele Stücke aus
Anything goes
. Im November 1934 war er extra nach New York gereist, um sich Porters Meisterstück am Broadway anzusehen. Daran dachte er. Daran, dass er rechtzeitig zur Vorstellung erschienen und hocherfreut gewesen war, dass der Komponist den größten Hit des gesamten Musicals an den Anfang gestellt hatte, um die eitlen, versnobten Angeber zu ärgern, die grundsätzlich eine Viertelstunde zu spät kamen.
    «Some get a kick from cocaine …»
, jaulte Cameron und zog die vorletzte Craven aus der Packung.
    Schweißperlen rannen über seine Stirn. Seit er über die Brücke gefahren war, hatte er keine Menschenseele mehr gesehen. Keine Autos, keine Züge, keine Fuhrwerke, keine

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