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Götterfall

Götterfall

Titel: Götterfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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Verlust ihres einzigen Kindes verkraften werden? Alles so Pseudobetroffenheitsscheiß.
    Im Grunde wollten die nur wissen, ob einer den mächtigen Parteibonzen hat heulen sehen. Karl Hüffarts rotgeweinte Augen – das wäre der Schnappschuß schlechthin. Es kotzt mich an. Der kleine Junge, den ich nur von den Fotos kenne, den ich doch selbst auch gesucht habe am ersten Abend, der Junge ist tot. Da gibt es nichts drüber zu berichten. Das ist einfach nur traurig. Und schrecklich.
    Aber F. war es nicht.
    Hab ich auch der Kollegin gesagt: F. kann es unmöglich gewesen sein, weil wir in der Zeit, als Jan gerade getötet wurde, bei ihm im Bett gelegen haben. Nur ihr zwei, hat sie allen Ernstes gefragt, und ich blöde Kuh bin noch drauf eingestiegen: Klar nur wir zwei, wer denn sonst, wir waren ein festes Paar, da nimmt man doch keine Fußballmannschaft mit auf die Matratze. Warum ich nicht mit den anderen bei der Suchaktion mitgemacht habe, wollte sie wissen. Als ich gesagt hab, da mussten nur die hin, die zu der Zeit in der Akademie waren, aber ich war eben nicht da, sondern bei F., da hat sie mich angeguckt, als sei ich selbst irgendwie verdächtig. Ab dem Moment fand ich sie natürlich nicht mehr so nett. Sie hat gefragt und getippt, ganz so, wie wir es in der Akademie lernen. Aber plötzlich kam ein Anruf, und die Sache wurde abgebrochen. Ich mußte in ein anderes Stockwerk. Dort saßen zwei Kollegen aus Osnabrück. Der Ton war gleich ganz anders.
    Haben Sie etwas mitbekommen von der Entführung? Ich sagte nein. Einer verriet, daß es Hinweise gäbe, daß F. den kleinen Jan in einem fensterlosen Raum in einer angemieteten Wohnung drei Straßen weiter festgehalten hat. Ich habe gesagt, daß ich nichts von einer anderen Wohnung wüßte. War ein bißchen gelogen. Denn ich habe mal, als F. und ich spätabends zu ihm nach Hause gekommen sind, seine Schlüssel verwechselt. Er hatte zwei Wohnungsschlüssel dabei. Ich habe gefragt, wofür der Schlüssel ist, der nicht in seine Wohnungstür paßt. Hat er mir aber nicht verraten.
    Dann fragten sie, ob ich bei F. mal eine Schreibmaschine gesehen hätte. DDR -Marke Erika. Ich bin da wieder nicht ganz bei derWahrheit geblieben, denn ich hab bei ihm mal Zehnfingersystem geübt, das muß ich für die Abschlußprüfung können. Also war mir schon klar, er hat so ein Ding in der Bude stehen. Aber mal ehrlich, macht ihn das schon verdächtig, wenn er eine Schreibmaschine hat? Auch als der Kommisar mir die »Erika« zeigte  – und ich wußte gleich, es war seine, weil die Buchstaben F, E und N komplett abgenutzt waren, daran konnte ich mich erinnern –, bin ich bei meiner Version geblieben. Sie sagten, sie hätten das Teil in dieser anderen Wohnung gefunden, F.s Fingerabdrücke inklusive, und das Schriftbild entspreche dem des Erpresserbriefes.
    Vielleicht wäre es schlauer gewesen, hätte ich da noch die Kurve gekriegt und mit dem Lügen aufgehört.
    Warum ich F. schützen wolle, fragten sie. Wo er doch ein Kidnapper, wenn nicht sogar ein Mörder sei! Weshalb eine junge Frau wie ich alles aufs Spiel setze für einen Typen wie den.
    Meinen Grund verschweige ich. Der geht niemanden etwas an. Lieber lüge ich. Tische den Kollegen Halbwahrheiten auf. Schlage mich auf F.s Seite.
    Und reite mich geradewegs in die Scheiße.
    Ich hab meinen Grund. Basta!
    Doch dann packten die Kollegen aus, knallhart. Ihre Fingerabdrücke, sagten sie nur. Ich muß die angestarrt haben wie eine hohle Nuß, denn einer zeigte wieder auf die Schreibmaschine. »Wir haben Ihre Fingerabdrücke darauf gefunden, Frau Mahlmann. Ebenso ein Fragment Ihres linken Daumenabdrucks auf dem zweiten Wohnungsschlüssel, nicht vollständig, aber doch groß genug für den positiven Abgleich mit unseren Akten. Und jetzt antworten Sie bitte wahrheitsgemäß: Haben Sie etwas mitbekommen von der Entführung?«
    Die meisten Polizisten lassen ihre Fingerabdrücke registrieren, damit sich das alles am Tatort zuordnen läßt und man nicht eine Spur verwechselt. Und so sind die auf mich gekommen. Ich hätte mir in den Arsch beißen können, warum ich daran nicht gedacht habe.Es lügt sich immer zu schnell. Ich war also dran. Die haben mir die Daumenschrauben angelegt: Entweder F. ans Messer liefern, oder ich hänge mit drin, Karriere futsch, Führungszeugnis mit so dunklen Flecken, daß ich keine Chance hätte, jemals wieder einen Fuß in die Amtsstube einer Behörde zu kriegen.
    Total übertrieben, finde ich. Gut, ich hab geahnt, daß

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