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Götterfall

Götterfall

Titel: Götterfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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zu finden war. Zudem wusste Wencke, wie Ermittlungsakten auszusehen hatten. Schon wenn ein Ladendieb eine Energiesparlampe mitgehen ließ, war solch ein Ordner dicker als das hier. Doch hier ging es um Entführung und Mord am einzigen Sohn eines seinerzeit einflussreichen Politikers, die Ermittlung in einer Strafsache, die zur Verurteilung eines Menschen geführt hatte. Mit diesen lumpigen Schmierzetteln wäre es nie zur Anklage und noch weniger zur Verurteilung gekommen. Ungläubig suchte sie unter dem Aktendeckel, schaute sogar, ob ihr etwas unbemerkt zu Boden gefallenwar. »Würden Sie mir zuliebe noch einmal sichergehen, dass wir keine Unterlagen übersehen haben?«
    Der Archivar war nicht der Typ, der sich durch einen weiblichen Augenaufschlag überreden ließ. Erst als Wencke ihren LKA-Ausweis noch einmal in die optimale Position brachte, setzte er seufzend seine Last ab und begab sich vor den Monitor. Seine Finger flogen über die Tastatur. Dann ein Kopfschütteln. »Ich kann beim besten Willen nichts finden. Laut meinen Informationen gibt es nur diese eine Akte zum Fall Frank-Peter Götze. Sehen Sie selbst!« Er drehte den Bildschirm in Wenckes Richtung und erwartete eine Bestätigung.
    »Komisch.« Irgendwo mussten doch die Auswertungen der Spurensicherung zu finden sein, das rechtsmedizinische Gutachten, die Aussagen von Götze und Doro. Der Mord an Jan Hüffart war kein schlanker, eindeutiger Fall gewesen, im Gegenteil, eigentlich müssten die Akten ganze Regale füllen. Was sie hier in den Händen hielt, war zu wenig. »Schauen Sie doch mal unter dem Namen Dorothee Mahlmann, vielleicht wurde dort etwas abgeheftet.«
    Wieder machte er ein Geräusch, als habe sie ihn eben mit einem Fingerhut voll Wasser zur Durchkreuzung der Sahara aufgefordert. »Das kann aber etwas dauern.«
    »Macht nichts. Ich hab Zeit. Und noch ein paar Seiten zu lesen.«

    Protokoll vom 20. Januar 1994, Polizeidienststelle Bad Iburg
    SOKO Jan
    (ausgehend von Entführungsfall Jan Hüffart)
    19. Januar 1994, 21.30 Uhr:
    Zwei Polizeianwärterinnen haben auf dem Rückweg von der Suchaktion zur Akademie den vermißten Jan Hüffart tot aufgefunden.Die beiden Frauen werden unverzüglich im Schulungssaal des Schlosses befragt.
    Personalien der Zeuginnen:
    Wencke Tydmers, 21 Jahre, geboren in Worpswede
    Silvie Kramer, 23 Jahre, geboren in Hermannsburg beide derzeit wohnhaft in der Polizeischule Bad Iburg als Anwärterinnen im dritten Jahr
    Aussage Wencke Tydmers (zu Protokoll genommen von KHK Hans-Jörg Pichler am 20.1.1994 gegen 0.30 Uhr):
    Schon den ganzen Tag waren Suchtrupps in Bad Iburg unterwegs, meine Mitschülerin Silvie und ich waren zum Absuchen des Langenbergs hinter dem Schloßpark eingeteilt. Wir waren die meiste Zeit zusammen, nur in besonders unübersichtlichen Bereichen rund um die alten Kalksteinbrüche haben wir uns aufgeteilt. Wir haben bereits gegen 16 Uhr mit der Suche dort begonnen, ohne etwas Verdächtiges zu bemerken. Aber das Gelände ist groß, ich halte es für denkbar, daß sich der Entführer unbemerkt in der Nähe aufgehalten hat.
    Dann, nachdem der angebliche Aufenthaltsort des Jungen bekanntgegeben worden war, wurde unsere Gruppe aufgestockt. Ab 19 Uhr bestand unser Trupp aus schätzungsweise zwanzig Anwärtern und Polizisten.
    Als gegen 21.30 Uhr nachts über Funk die Suchtrupps wieder zusammengerufen wurden, hatten Silvie Kramer und ich uns gerade wieder bei den Klostersteinen getroffen und sind gleich los, eine Viertelstunde später waren wir am Charlottensee. Auf dem Hinweg sind wir da auch vorbeigekommen, aber da ist uns nichts Besonderes aufgefallen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß der Mörder zu diesem Zeitpunkt schon im Schloßpark gewesen ist, das hätten wir bestimmt bemerkt.
    Als wir gegen 21.45 Uhr den Charlottenburger Ring überquert hatten, hat Silvie Kramer etwas auf der Wasseroberfläche entdeckt.Wir haben erst an eine optische Täuschung geglaubt, eine Spiegelung auf dem See oder dergleichen. Je näher wir kamen, desto sicherer waren wir, daß es sich um ein Boot handelte, in dessen Mitte etwas lag, länglich und unbeweglich, ein menschlicher Körper. Durch das Flackern der Taschenlampe hatten Silvie und ich kurz den Eindruck, daß sich der Körper bewegt, deswegen haben wir nach Benachrichtigung der Zentrale versucht, erste Hilfe zu leisten. Ich war völlig fertig. Erstmal von der anstrengenden Suche nach dem Jungen, bei der wir uns teilweise durch dichtes Gestrüpp schlagen mußten. Wir

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