Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Götterfall

Götterfall

Titel: Götterfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
Vom Netzwerk:
verfielen. Alle außer Wencke und Götze.
    »Was war da zwischen dir und Doro?«, begann Wencke.
    Er schaute nach vorn, sie bogen auf einen Schotterweg, der entlang des Kamms einer Sanddüne verlief. »Du weißt, wie Doro war. Eine Powerfrau. So eine werde ich nie wieder treffen.«
    »War es Liebe?«
    »Wär vielleicht draus geworden. Aber dann … Scheiß Geschichte!«
    »Warum hat sie sich so für dich eingesetzt?«
    Er schaute verwundert. »Hat sie das? Wir hatten Sex, dann kam das SEK und hat uns voneinander getrennt. Das letzte Mal in meinem Leben, als ich Doro gesehen habe, trug sie nichts außer einem dunkelblauen Slip.«
    »Hat sie nicht versucht, dich zu besuchen?«
    »Kann sein. Aber ich saß in einer Einzelzelle, Kontakt nur zu meinem Anwalt und so weiter. Mit politisch motivierten Straftätern sind die erbarmungslos.«
    Einige Japaner wollten aufstehen und fotografieren, doch der Junge im Overall war eisern: »Just wait until we are in the water! Then you can go wherever you want.«
    »Was stand in dem Erpresserbrief, Frankie? Ich habe in Deutschland alle Hebel in Bewegung gesetzt, um das herauszufinden, aber die entscheidenden Unterlagen fehlten und niemand konnte mir Auskunft geben.«
    »Wundert mich nicht, wenn da nichts mehr zu finden ist. Die werden nicht so blöd gewesen sein, den ganzen Mist in den Akten zu lassen. Und die Möglichkeit zum gründlichen Aufräumen haben Politiker ja immer.«
    Jetzt rollten sie langsam ins Wasser, die Japaner klatschten und wenig später schwamm das Boot ganz ruhig auf dem spiegelglatten See. Die Passagiere sprangen auf und knipsten ihre Speicherkarten voll.
    »Ich wollte, dass Hüffart eine öffentliche Presseerklärung herausgibt, in der er die Machenschaften der Treuhand schildert, wie sie sind. Er sollte den Menschen die ganze Wahrheit sagen!«
    »Und was war deiner Meinung nach die Wahrheit?«
    »Die wussten genau: Wenn das Aluminiumwerk in Kreuma an die Amis verkauft wird, gibt es für den Standort keine Zukunft und alle werden entlassen. Das war Hüffart und Konsorten glasklar. Erzählt haben sie aber was anderes, weil sie für den Deal ordentlich Kohle kassiert haben.«
    »Wolltest du mit deiner Stunde der Wahrheit erreichen, dass der Verkauf in letzter Sekunde verhindert wird?«
    Er lachte. »Nein, so naiv war ich auch nicht. Das Todesurteil für die Fabrik war längst gefallen. Ich wollte doch nur, dass die Schweine zugeben, wie es läuft, und nicht noch die Nase bis sonst wo tragen und herumposaunen, ausgerechnet sie wären die Helden der deutschen Einheit! Das waren wir Ossis, die ’ne Menge riskiert haben und zu den Montagsdemos gelatscht sind.«
    Das deckte sich durchaus mit dem, was in Doros Notizen stand. Auch Jans Mutter hatte gesagt, dass es um nichts ging als die Wahrheit. Und trotzdem musste etwas furchtbar schiefgelaufen sein, sonst läge Jan Hüffart nicht auf dem Friedhof in Bad Iburg, sondern wäre inzwischen 32 Jahre alt, hätte einen guten Job, eine nette Frau, vielleicht ein oder zwei Kinder.
    »Was ich bis heute nicht in meinen Schädel kriege«, erzählte Götze weiter, »ist die Tatsache, dass alles eigentlich sauber lief. Ich hab die Erklärung gelesen, die Hüffart verfasst hat, mit Unterschrift und Siegel und allem Drum und Dran.«
    »Wie bist du denn daran gekommen?«
    »Das Manuskript hatte Hüffart in eine Osnabrücker Zeitung eingewickelt und am Bahnhofskiosk ganz unten unter den Stapel geschoben. Als zur Rushhour so richtig viel los war, hab ichmir das Exemplar ordentlich an der Kasse gekauft. Hätte nicht besser laufen können.«
    »Was stand drin?«
    »In der Hinsicht hat Hüffart fair gespielt, das muss man ihm lassen. Hätte er diese Rede tatsächlich in einer offiziellen Pressekonferenz verlesen, das wäre ein Knaller gewesen. Die ganzen Treuhandbetrüger wären hochkant aus ihren Jobs geflogen. Alf Urbich, der Drahtzieher im Hintergrund, als Allererster! Scheiße, das hätte ich zu gern erlebt!«
    »Und dann?«
    Ausgerechnet jetzt passierten sie einen besonders bizarren Eisbrocken und es wurde eng in ihrer Ecke, also standen Wencke und Frankie auf, gingen in den hinteren Teil des Bootes und lehnten sich an die Reling. Hier dröhnte der Motor sogar noch etwas lauter, für ihre Zwecke optimal.
    »Ich hab keine Ahnung, was genau schiefgegangen ist. Und glaub mir, Wencke, ich hatte die letzten Jahre mehr als genug Zeit, darüber nachzugrübeln.« Seine Hände legten sich fest um das weiß getünchte Geländer. »Wir hatten

Weitere Kostenlose Bücher