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Götterfall

Götterfall

Titel: Götterfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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sehr Lena sich über das Kompliment freute. Für einen viel zu kurzen Moment legte sie sogar ihre Hand auf seinen Unterarm. Das war schön und schmerzlich. Scheiße, wäre er damals nicht so verarscht worden, hätte er ein ganz anderes Verhältnis zu ihr haben können. Dann wäre sie als kleines Mädchen auf seinem Rücken geritten, sie wären Huckepack durch die Weltgeschichte, sie hätte ihm ihren ersten Liebeskummer anvertraut und bestimmt auch manchmal für Zoff gesorgt, wegen Schulnoten oder den falschen Freunden, weiß der Henker was. Das hatten die Schweine ihm alles vorenthalten. Deswegen musste er sich heute mit dieser flüchtigen Berührung begnügen.
    Sie wurden von einem Geräusch in der Höhle aufgeschreckt, ein dumpfer Schlag, danach ein Wimmern. Lena war sofort in der Senkrechten. »Ich glaube, er hat sich verletzt!«
    Tatsächlich, aus dem Wimmern wurde ein Heulen. Hoffentlich machte der jetzt keinen Alarm!
    Frankies Augen mussten sich an das Dunkel gewöhnen, dannerkannte er Hüffart, der sich wohl etwas zu ruckartig aufgesetzt und dadurch den Kopf an der Felswand angeschlagen hatte. Sein Gesicht war verzerrt und er drückte seine Hand auf die fast kahle Schädeldecke. Lena war schon bei ihm, sprach beruhigend, ja fast liebevoll auf den Alten ein und versuchte, seine Hände wegzuschieben, um den Schaden näher zu betrachten. Dass da schon mal kein Blut floss, war gleich zu erkennen. Bestimmt nur eine Beule. Aber Karl Hüffart flennte wie ein Grundschüler. »Wo bin ich?«, fragte er andauernd. Und: »Ich will sofort nach Hause!« Lena streichelte beruhigend seinen Handrücken.
    Das machte Frankie rasend. Manchmal war es von einer Sekunde auf die andere einfach zu viel. Dass dieser verlogene Greis Zärtlichkeiten ausgeteilt bekam  – und er selbst musste immer zugucken, alles ertragen und sich in den Arsch beißen, weil er nie so schlau war und einfach mal ein bisschen rumjammerte, um berührt zu werden.
    »Lass ihn doch verrecken!«, knurrte er und erntete einen empörten Blick. »Ist doch wahr! Der hat seinen Sohn geopfert für eine Handvoll Macht und Kohle. Und ich durfte dafür mein Leben in einem scheiß Knast verbummeln … So ein Typ hat echt kein Mitleid verdient!« Frankie lief auf die beiden zu und schlug Lenas Hand zur Seite. Sie schrie kurz auf und er fühlte sich elend, doch dieser Wutausbruch war unvermeidbar gewesen.
    »Du tust mir weh, Frankie!«
    »Wir sollten ihn töten. Hier auf der Stelle! Dann sind wir das Problem ein für alle Mal los, und ich bin mir sicher: Danach geht’s mir besser!« Ja, das war es! Hüffart war so schwach, so labil, bestimmt würde ein einziger gezielter Schlag gegen den Kehlkopf genügen! Und er  – Frankie  – wäre endlich zufrieden.
    Lena sprang auf, stellte sich vor den alten, verschrecktenMann und hob schützend die Arme. »Lass das doch! Was soll denn das?«
    »Geh zur Seite!«
    »Aber wenn du ihn wirklich töten willst, Frankie, warum hast du es nicht gestern schon getan, als du mit ihm allein über die Insel gefahren bist? Warum hier in dieser Höhle, warum muss ich dabei zusehen?« Ihre dunklen Augen waren weit aufgerissen. Ach du Scheiße, er entdeckte ihre Angst. Das wollte er nicht, nein, auf keinen Fall, er wollte nicht, dass seine Tochter ihn für einen Mörder hielt.
    Andererseits … »Wenn Hüffart die Sache hier überlebt, wird er uns beide verraten. Er wird dich auch ins Gefängnis bringen, Lena, nicht bloß mich! Und das werde ich auf jeden Fall verhindern.«
    »Der verrät doch nichts, Frankie! Merkst du nicht, wie durcheinander er ist?«
    »Wo bin ich?«, fragte Hüffart wie auf Kommando und seine Stimme hatte wieder etwas Substanz, das Jammern war vorbei. »Dürfte ich erfahren, was hier los ist?«
    »Du bist in meiner Gewalt!«, antwortete Frankie und schob Lena etwas zu grob zur Seite. »Hast du überhaupt einen blassen Schimmer, wer ich bin?«
    Zwei wässrige Augen musterten ihn von unten bis oben. »Es ist ziemlich dunkel hier«, beschwerte sich Hüffart. »Wie soll ich Sie erkennen, wenn man gar nichts sehen kann?«
    »Gut, dann helfe ich dir mal auf die Sprünge!« Frankie ging in die Hocke, sodass sie sich auf Augenhöhe begegneten. »Ich bin der Mann, der dich gestern entführt hat. Schon vergessen?«
    »Sie verwechseln mich mit meinem Sohn. Mit Jan. Der ist entführt worden!«
    Wie in Dreiteufelsnamen willst du mit einem Schwachmaten reden, bei dem sich Zeit und Raum völlig aufgelöst haben? Wiewillst du dich an ihm

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