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Götterfall

Götterfall

Titel: Götterfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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rächen, wenn ihm abhandengekommen ist, womit er sich jemals schuldig gemacht hat? Gut, an Jan erinnerte er sich zumindest, an der Stelle konnte man weitermachen. »Erinnerst du dich an deinen Sohn?«
    »Ja!« Das faltige, etwas aufgeschwemmte Gesicht zeigte keine Regung, die verriet, ob diese Erinnerung schmerzhaft oder freudig war.
    »Und du weißt noch, dass er entführt wurde?«
    »Von Frank-Peter Götze.«
    Fast hätte Frankie sich auf den Arsch gesetzt. Das war mehr, als er seinem Gegenüber je zugetraut hätte. Wenn er nicht genau wüsste, dass Hüffart dement war … »Dieser Frank-Peter Götze bin ich. Nur ein paar Tage älter geworden, mit mehr Falten im Gesicht. Und Narben auf der Seele.«
    »Das tut mir leid«, sagte Hüffart. »Aber jetzt habe ich Hunger und Durst.«
    Lena reagierte schnell, servierte ihm zwei Sandwiches auf einer ausgebreiteten Serviette und zauberte auch einen anständigen Teepott aus ihrem Rucksack. So feudal hatte sie Frankie nicht verwöhnt und er musste erneut gegen eine rumorende Wut ankämpfen.
    »Wie schlau bist du denn, Hüffart? Was ist in deinem runzligen Kopf hängen geblieben und was hast du lieber vergessen von der Sache mit der Entführung?«
    Hüffart kaute umständlich und sprach erst wieder, nachdem er artig runtergeschluckt hatte. Den verdammten Knigge hatte er also auch noch parat. »Ich erinnere mich an alles.«
    »So? Was stand denn in dem Erpresserbrief?«
    »Ich sollte was über den Verkauf einer Firma erzählen. Da war was faul.«
    »Richtig! Und was noch?«
    Hüffart schien angestrengt nachzudenken. »Und ich sollte zugeben, dass da Geld gezahlt wurde für diese Firma … in …na so was, jetzt habe ich den Namen des Ortes vergessen.« Er kratze sich am Kopf und verteilte etwas Butter in seinen Haaren.
    »Kreuma!«, half Frankie ihm auf die Sprünge.
    »Stimmt, das Werk in Kreuma.«
    Frankie war wirklich platt. Da war er gestern mit diesem Menschen Hunderte von Kilometern gereist und sich absolut sicher gewesen, dass die Masse in seinem Kopf sich nur unwesentlich von einer mittleren Portion Linseneintopf unterschied, und nun palaverte Karl Hüffart nahezu glasklar über Dinge, die lange zurücklagen. Aber hatte er nicht mal irgendwo gelesen, dass Demenzkranke sich oftmals an ihre frühe Vergangenheit erinnerten, dafür aber keine Ahnung hatten, was in der Gegenwart vor sich ging … »Und wie steht es heute um dich, Hüffart?«
    Der hob nur seine Achseln, sodass sein graues Wollsakko ihm über die Schultern rutschte. »Ich weiß gar nicht, was das hier soll!« Dann biss er wieder in seine Stulle und kaute.
    Allmählich wurde Frankie dieses Getue zu blöd: »Du, ich red mit dir!«
    »Ich habe Hunger. Und wo bin ich hier eigentlich?«
    Man merkte Lena deutlich an, dass sie Mitleid hatte. Keine Ahnung, woher das kam. Diese beschissene Empathie war aber absolut fehl am Platz. Frankie packte seine Tochter am Oberarm und zog sie mit sich zum Höhleneingang. »Du weißt schon: Der Mann, der da gerade deine belegten Brote verschlingt, hat unser Leben auf dem Gewissen.«
    »Quatsch, Frankie. Das Ganze lief schon aus dem Ruder, als du auf die Idee gekommen bist, seinen Sohn zu entführen, um einen Skandal aufzudecken.«
    »Da wusste ich doch nicht, dass Doro schwanger war.«
    »Hätte das irgendetwas geändert? Deine Prioritäten waren doch schon immer klar gesteckt.«
    Er wusste, sie hatte recht. Trotzdem … »Es war ein guterPlan, der auch fast funktioniert hätte. Bis Hüffart entschieden hat, dass ihm die Geschäfte doch wichtiger sind als alles andere. Sonst hätte es geklappt und du wärst bei Doro und mir aufgewachsen. Vater, Mutter, Kind, verstehst du? Statt Knastbruder, Komapatientin und Kind.«
    Sie schüttelte ihn ab. »Ich glaube nicht, dass es so ist!«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Ich habe es gelesen.«
    »Gelesen? Und wo? Etwa in der Bild-Zeitung?« Eigentlich wollte Frankie seine Tochter nicht so hart angehen. Wie sollten sie jemals ein schönes Miteinander haben, wenn er immer so ausflippte?
    Aber Lena ließ sich ohnehin nicht einschüchtern. »Okay, wenn du den armen Mann in Ruhe lässt, dann erzähle ich dir, was ich weiß und was ich glaube.«
    Frankie nickte.
    »Aber unterbrich mich nicht ständig und atme zwischendurch mal ganz langsam ein und aus, bevor du immer so ausflippst, versprochen?«
    Er nickte wieder.
    »Also, ich habe dir nie genau erklärt, wie ich dich gefunden habe.« Lena lehnte sich gegen die raue Felswand und begann, ohne Punkt

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